Hamburg. Justizsenator Till Steffen (Grüne) in der Kritik. SPD und Opposition fordern: Justizausschuss muss Vorwürfe prüfen.
Der Vorwurf des Hamburger Generalstaatsanwalts Jörg Fröhlich, die Staatsanwaltschaften würden in zunehmendem Maße von der Politik „missbraucht“, hat bundesweit für Schlagzeilen gesorgt – die Oppositionsparteien in Hamburg sehen in seinen Äußerungen gar einen Beleg für die „Aushebelung der Gewaltenteilung“ durch den Senat. Selbst die mit den Grünen regierende SPD sieht Klärungsbedarf.
Fröhlich hatte im Hamburger Abendblatt (Mittwochausgabe), ohne explizit seinen Dienstherrn, Justizsenator Till Steffen (Grüne), oder den Hamburger Senat zu nennen, über „Vereinnahmungstendenzen der Justizverwaltung“ geklagt und wörtlich gesagt: „Wir als Staatsanwälte haben das Gefühl, dass man uns zunehmend in unserer originären Rolle entmündigt und für justizfremde Zwecke missbraucht.“
Kritik an Justizsenator Till Steffen
Zudem plädierte er für die Abschaffung oder Einschränkung der Berichtspflicht gegenüber dem Dienstherrn – in Hamburg ist dies Justizsenator Steffen. Schließlich verfügten die Anklagebehörden durch ihre Ermittlungsarbeit über „politisch hochbrisante Erkenntnisse“ und seien damit „ein sehr wichtiges Institut zum Machterhalt“.
Nach einem rund 40 Minuten langen Treffen zwischen Fröhlich und seinem Vorgesetzten Till Steffen am Mittwoch klang der „General“ indes viel konzilianter. In einer gemeinsamen Mitteilung heißt es nun: .„Ich möchte klarstellen, dass es in Hamburg keine Einflussnahme seitens der Politik auf die Ermittlungsarbeit der Staatsanwaltschaften gegeben hat“, so Fröhlich. „Auch einen Missbrauch der Berichtspflicht gibt es in der Hamburger Praxis nicht.“
Hamburgs Generalstaatsanwalt Fröhlich rechtfertigt sich
Er habe im Abendblatt nur in „allgemeiner Form auf die mit der Anbindung der Staatsanwaltschaften an die Exekutive verbundenen Gefahren“ hinweisen und für eine größere Nähe der Behörde zur Judikative werben wollen. Steffen wiederum betonte: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus, das heißt, die Staatsanwaltschaften brauchen eine Kontrolle durch gewählte Institutionen, sonst fehlt ihnen die demokratische Legitimation. Die hierbei erlangten Informationen werden selbstverständlich nur zu diesem Zwecke genutzt“, so Steffen. Er sei aber offen dafür, „die Diskussion über eine stärkere Unabhängigkeit wieder aufzunehmen“.
Ganz anders waren Fröhlichs Äußerungen hingegen bei der Opposition und der mitregierenden SPD angekommen,. „Die bisher sehr vagen und grundsätzlichen Vorhaltungen von Generalstaatsanwalt Fröhlich bedürfen der Konkretisierung und Aufklärung. Der Justizausschuss der Bürgerschaft muss sich mit diesem Thema befassen“, so SPD-Justizsprecher Urs Tabbert.
Wollten Teile des Senats die Unabhängigkeit der Justiz hintertreiben?
Eine Befassung des Justizausschusses fordern auch die AfD- und die CDU-Fraktion. CDU-Justizsprecher Richard Seelmaecker interpretierte Fröhlichs Aussagen dahingehend, dass „Teile des rot-grünen Senats offenbar versuchten, die Unabhängigkeit der Justiz zu hintertreiben und Einfluss auf die Arbeit der Staatsanwaltschaft zu politischen Zwecken zu nehmen“. Sollte Fröhlichs Vorwurf zutreffen, habe der Senat „die Gewaltenteilung ausgehebelt“ und sei „rechtsstaatswidrig vorgegangen“, sagte FDP-Justizsprecherin Anna von Treuenfels-Frowein. Ein derartiges Handeln rüttele an den „Grundfesten unseren gesellschaftlichen Zusammenlebens“.
Auch Staranwalt Gerhard Strate äußerte sich: „Das Grundgesetz sieht nur eine Unabhängigkeit der Richter vor. Auf der anderen Seite stellen die Gesetze sicher, dass die Staatsanwaltschaft einer parlamentarischen Kontrolle unterliegt. Daran sollte nicht gerüttelt werden.“