Hamburg. Bundesgerichtshof-Urteil könnte Folgen für viele Mieter haben – wenn zur Wohnung ein Balkon gehört. Wie sich die Miete ändern würde.

Ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Berechnung von Wohnflächen könnte auch für viele Hamburger Mieter Vorteile bringen – jedenfalls wenn zu ihren Mietwohnungen auch ein Balkon gehört. Der BGH hat nämlich klargestellt, dass Balkone in den allermeisten Fällen nur mit einem Viertel ihrer Fläche zur Wohnfläche gezählt werden dürfen und nicht mit der Hälfte, wie es wohl auch in Hamburg noch häufig geschieht. Die Wohnfläche ist nicht nur für die Höhe der Miete, sondern auch für die Aufteilung der Betriebskosten entscheidend.

In der seit 2004 geltenden Wohnflächenverordnung hatte der Bund festgelegt, dass „Balkone, Loggien, Dachgärten und Terrassen … in der Regel zu einem Viertel, höchstens jedoch zur Hälfte“ zur Wohnfläche gezählt werden dürfen. Die Hälfte darf nur angerechnet werden, wenn der Balkon (oder die Terrasse) ungewöhnlich aufwendig gestaltet ist oder einen ganz besonderen Blick ermöglicht. Gleichwohl gab es bundesweit viele Gerichte und Vermieter, die weiter von einer 50-prozentigen Anrechnung bei Balkonen im Regelfall ausgegangen sind. Der Bundesgerichtshof hat jetzt klargestellt, dass dies falsch ist.

Viele Mieter in Hamburg von Balkon-Urteil betroffen

„Die Rechtsprechung ist für die Mieter sehr erfreulich“, sagte der CDU-Stadtentwicklungspolitiker und Rechtsanwalt Jörg Hamann. Nach Einschätzung Hamanns könnten in Hamburg um die 100.000 Mietverhältnisse betroffen sein – sehr viele davon seien Mieter von Privatwohnungen. Bisher sei die Wohnflächenverordnung auch in Hamburg von vielen Vermietern entweder nicht verstanden oder schlicht ignoriert worden, so Hamann. Hamann weiter: „Der Senat ist jetzt gehalten, bei seinen eigenen Wohnungsbeständen wie Saga GWG zu prüfen, ob Balkone tatsächlich nur zu einem Viertel berücksichtigt werden. Wenn das nicht der Fall ist, muss schnell eine Änderung erfolgen. Die Mieten sind dann sofort anzupassen.“

CDU-Politiker Jörg Hamann fordert die
Stadt zum Handeln auf.
CDU-Politiker Jörg Hamann fordert die Stadt zum Handeln auf. © Mark Sandten

„Der BGH stellt klar, dass bei Mietverträgen, die nach dem 1.1.2004 abgeschlossen wurden, die Balkone nur zu einem Viertel bei der Berechnung der Wohnfläche zu berücksichtigen sind“, sagt auch Siegmund Chychla vom Mieterverein zu Hamburg. „Leider ist zu befürchten, dass viele Vermieter sich daran nicht gehalten haben. Aus diesem Grunde sollten die allein in Hamburg schätzungsweise 500.000 Mieterhaushalte, die seit 2004 einen neuen Mietvertrag haben, ihre Wohnungen nachmessen.“

Mieter sollten ihre Wohnungen neu vermessen – samt Balkon

Ein Rechenbeispiel zur Verdeutlichung: Gehört zu einer Wohnung ein Balkon von acht Quadratmetern, so wurden bisher oft vier Quadratmeter zur Wohnfläche gezählt – es dürfen aber lediglich zwei Quadratmeter sein. Betroffene Mieter sollten im eigenen Interesse noch vor dem Erscheinen des neuen Mietenspiegels in den nächsten Wochen ihre Wohnungen neu vermessen, „um überhöhte Mieten abzuwehren“, so Chychla.

„Wichtig ist, dass eine Zustimmung zu einer Mieterhöhung im Nachhinein nur sehr schwer zurückgenommen werden kann.“ Mithin: Wer jetzt schon zu viel Miete zahlt, habe schlechte Karten, dies im Nachhinein korrigieren zu lassen. „Aber auch bei jährlichen Betriebskostenabrechnungen können Mieter Nachteile erleiden, wenn sie aufgrund einer falschen Wohnfläche mit überhöhten Betriebskosten belastet werden“, so der Chef des Mietervereins.

Der BGH hatte sein bundesweit bindendes Urteil (Aktenzeichen: VIII ZR 33/18) aufgrund eines Berliner Streitfalls gefällt. Der Mieterverein zu Hamburg gibt unter mieterverein-hamburg.de Tipps zur Überprüfung der Wohnfläche (Info-Blatt Nr. 29). Auch am Mietertelefon 040/87979345 können Mieter allgemeine Informationen zur Berechnung der Wohnfläche kostenlos erhalten.