Hamburg. Den Eltern des unterernährten Säuglings drohen höhere Strafen. Statt fahrlässiger Tötung wird ihnen nun Totschlag vorgeworfen.
Der grauenhafte Vorfall hatte für große Bestürzung gesorgt: Im Juni war bekannt geworden, dass das Baby Mohamed am 13. November 2017 im Alter von nur zehn Wochen in Hamburg gestorben war – bei seinem Tod wog der ausgemergelte Säugling nur noch 2823 Gramm und damit sogar weniger als bei seiner Geburt, bei der ein Gewicht von 2850 Gramm dokumentiert wurde. Bisher waren die Eltern des Kindes, Marina P. und ihr Mann Said Z., lediglich wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen angeklagt. Doch ab Montag muss sich das Paar, das sechs weitere Kinder hat, wegen Totschlag durch Unterlassen vorm Landgericht verantworten. Das Hamburger Schöffengericht hatte den Fall Mitte Juli zum Schwurgericht verwiesen.
Weil ein Amtsgericht nur Freiheitsstrafen von bis zu vier Jahren verhängen darf und die Zuständigkeit allgemein bei schweren Verbrechen wie Totschlag beim Landgericht liegt, wird der Fall nun dort neu aufgerollt. Der 33-jährigen Mutter und dem 34-jährigen Vater werden vorgeworfen, den kleinen Mohamed nach seiner Geburt im August 2017 bis zu seinem Tod keinem Kinderarzt vorgestellt zu haben. "Obwohl er chronisch mangelernährt und stark untergewichtig war", teilte die Hamburger Staatsanwaltschaft mit. Im Alter von zweieinhalb Monaten wog der Junge nur noch 2823 Gramm. Eigentlich hätte er laut Experten etwa 4,7 Kilogramm schwer sein müssen.
Auch für Laien offensichtlich, dass Mohamed in Lebensgefahr war
Laut Staatsanwaltschaft war Mohamed vor seinem Tod zudem an einer Dickdarmentzündung erkrankt und hatte unter Durchfall und Bauchschmerzen gelitten. Am 13. November verstarb das Baby an Kreislaufversagen. Zum Zeitpunkt seines Todes hatte er ein greisenhaftes Gesicht, seine Ärmchen und Beinchen waren entsetztlich dünn. Gegen die Eltern besteht der Verdacht, schon etwa eine Woche vor Mohameds Tod erkannt zu haben, dass ihr Sohn sterben könnte – und sich damit abgefunden zu haben.
Die Eltern hatten am ersten Prozesstag vor dem Schöffengericht angegeben, sie hätten nicht bemerkt, dass es ihrem Sohn so schlecht ging. Die Mutter bekundete, sie habe Mohamed regelmäßig gestillt. Zwei Sachverständige hatten im Prozess jedoch den dramatisch schlechten Zustand von Mohamed beschrieben. Demnach war spätestens eine Woche vor dem Tod des Säuglings auch für medizinische Laien offensichtlich, dass der Junge extrem unterernährt und in Lebensgefahr war. Dies sei unter anderem wegen seines „greisenhaften Gesichts“ und den durchscheinenden Rippen erkennbar.
Wie der neue Prozess nun endet, ob die Eltern wegen Totschlags oder doch wegen fahrlässiger Tötung verurteilt werden, bleibt abzuwarten. Sie könnten beide für lange Zeit im Gefängnis landen: Bei Totschlag sieht das Gesetz eine Haftstrafe zwischen fünf und 15 Jahren vor.