Hamburg. Der Höhenweg am Rissener Elbufer ist seit drei Jahren gesperrt. Wie es hier weitergeht, ist unklar. Jetzt sollen die Bürger mitreden.

Die Sonne strahlt und glitzert auf der Elbe. Das macht den Ausblick noch schöner, den man vom Otto-Schokoll-Höhenweg am Rissener Ufer aus hat. Doch der Spaziergang an der Elbe endet abrupt. Seit mittlerweile drei Jahren ist die Wanderstrecke östlich der Straße Am Leuchtturm über mehrere Hundert Meter gesperrt, weil der Hang weggerutscht ist und sich am Weg Risse und Löcher gebildet haben. Viele Betonelemente, die den Höhenweg seitlich stützen, sind gerissen. Sie hatten dem Druck nicht standgehalten, der durch Erdbewegungen nach starken Regenfällen permanent auf dem Hang lag.

Wie geht es dort jetzt weiter? Das wollte das Abendblatt bei einem Ortstermin von drei Involvierten aus der Kommunalpolitik wissen: Anke Frieling, der Vorsitzenden des CDU-Ortsverbands Rissen, Eva Botzenhart, der Sprecherin der Grünen in Altona für Grün und Naturschutz, und Benjamin Harders, ebenfalls bei den Grünen und außerdem Sprecher der Fachgruppe Amphibien- und Reptilienschutz beim Naturschutzbund Nabu.

Harders hat die lebensechte Nachbildung einer Zauneidechse mitgebracht, denn die spielt sozusagen in der ganzen Angelegenheit eine der Hauptrollen: Mehrere Exemplare der naturgeschützten Gattung besiedeln den Elbhang am Rissener Ufer. „Hang- und Südlage sind für sie perfekte Bedingungen“, erklärt er.

Arten- und Naturschutz erschwert die Hangsicherung

Auch andere unter Naturschutz stehende Tiere fühlen sich dort wohl – etwa die Große Goldschrecke, eine Heuschreckenart, oder gefährdete Wildbienen, von denen hier 50 Arten gezählt wurden. „Die Gelbbindige Furchenbiene etwa wurde hier erstmalig in Hamburg nachgewiesen“, so Harders. Der Arten- und Naturschutz ist der Grund, warum man den Otto-Schokoll-Weg nicht so einfach sichern kann: Eine rückverankerte Gitterkonstruktion, wie man sie entlang von Straßen als Schutz vor Steinschlag kennt, kommt hier wegen der damit verbundenen großflächigen Abdeckung von Vegetation und Lebensräumen nicht infrage.

Auch zwei weitere Möglichkeiten zur Hangsicherung fallen weg: eine Böschungsabflachung, weil der Böschungsfuß nicht vor Hochwasser sicher wäre, und eine Stützwand, weil dann auf dem dafür ungeeigneten Höhenweg eine Baustelle eingerichtet werden müsste.

Bleibt die „Null-Lösung“, die beispielsweise für Eva Botzenhart eine Option wäre. „Es ist doch eigentlich sehr gut, dass der Hang weggerutscht ist und hier Habitate für seltene Tiere entstanden sind“, sagt sie. Als nachhaltige Lösung könnte sie sich auch vorstellen, Bäume anzupflanzen, deren Wurzeln den Hang sichern. „Man müsste sie natürlich regelmäßig beschneiden, um Sichtachsen zu erhalten.“ Allerdings, räumt sie selber ein, würde das bedeuten, dass dann statt des Höhenwegs der weniger attraktive Weg am Ufer genutzt werden müsse, der zudem nicht barrierefrei zu erreichen sei.

5,9 Millionen Euro-Variante

Zweite Möglichkeit: die „Steglösung“ – eine Stahlkonstruktion, die auf Höhe des jetzigen Wegs über dem Geesthang schwebt. Diese Lösung hält das Bezirksamt für die wahrscheinlichste, erfuhr Anke Frieling aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage. Nachteil: Diese Variante würde nach ersten Schätzungen 5,9 Millionen Euro kosten. Die Umweltbehörde habe bereits signalisiert, dass „dafür Töpfe gefunden werden würden“, sagt Eva Botzenhart. Der Hang müsste aber trotzdem gesichert werden, findet Anke Frieling. „Oberhalb gibt es Wohnhäuser, die durch ein weiteres Abrutschen nicht gefährdet werden dürfen.“

Warum der Hang überhaupt ins Rutschen gekommen ist, kann nur vermutet werden: Während in der Umgebung viele Bäume wachsen, gibt es an der betroffenen Stelle überwiegend Gestrüpp und Brombeersträucher. Das Bezirksamt Altona räumt ein, dass der Bau des Höhenwegs Anfang der 80er-Jahre nur möglich war, weil Eigentümer Teile ihrer Grundstücke abgetreten haben. Im Gegenzug ließen sie sich das Recht auf ungehinderte Elbsicht im Grundbuch eintragen. Das habe dazu geführt, dass am Hang immer wieder Bäume entfernt wurden.

Lösung nur mit Bürgerbeteiligung?

Also ein Steg und Bäume zur Hangsicherung? Für die Politikerinnen ist klar, dass eine Lösung nur mit Bürgerbeteiligung gefunden werden kann. Da aber droht die nächste Hürde: Wer soll befragt werden? Die unmittelbaren Anwohner? Oder die Nutzer des Höhenwegs, also Spaziergänger, die auch aus anderen Stadtteilen kommen können?

„Das muss schnell entschieden werden, damit die Befragung durchgeführt und die Planungen fortgesetzt werden können“, so Anke Frieling. Zu befürchten sei aber, dass allein die Abstimmung über das Format der Bürgerbefragung sehr lange dauern würde. „Das Problem ist oft, dass bei solchen Projekten die Abstände zwischen den einzelnen Schritten sehr lang sind.“ Eva Botzenhart bringt das Nutzen von digitalen Möglichkeiten ins Spiel. „Damit könnte man Bürgerbefragungen deutlich beschleunigen“, sagt sie. Leider gäbe es noch keine entsprechenden Programme.