Hamburg. Die CDU kritisiert das rot-grüne Konzept des Fahrens auf der Straße. Der ADFC fordert für die Radler mehr Platz.
Der erneute Anstieg bei der Zahl der Fahrradunfälle hat in Hamburg eine Debatte über die Sicherheit des Radverkehrs ausgelöst. Während die CDU von der Straße abgetrennte Radwege fordert, betonen ADAC und ADFC, dass Radfahrer auf der Straße besser gesehen würden. So seien sie auch sicherer. Hintergrund der Diskussion ist die Zunahme bei den Fahrradunfälle um neun Prozent im ersten Halbjahr 2019 gegenüber den ersten sechs Monaten des vergangenen Jahres. Mit Abstand am stärksten fiel der prozentuale Anstieg im Bezirk Bergedorf mit rund 33 Prozent aus (von 61 auf 81 Unfälle).
Es folgen Eimsbüttel mit rund 19 Prozent (254 auf 302 Unfälle) und Mitte mit rund 14 Prozent (297 auf 337 Unfälle). Am besten war die Entwicklung in Altona, wo die Zahl der Fahrradunfälle um fast drei Prozent zurückging (von 274 auf 267). In Harburg blieb die Zahl der Unfälle mit 71 konstant. In Wandsbek gab es einen Anstieg um rund neun Prozent (274 auf 298) und in Hamburg-Nord um etwas mehr als vier Prozent (von 296 auf 309 Unfälle). Ausgewertet nach Stadtteilen gab es die meisten Radfahrunfälle im ersten Halbjahr 2019 in Winterhude (62), gefolgt von St. Pauli (59), Rahlstedt (57), Eimsbüttel (55) und Neustadt (53).
CDU plädiert für Ausbau bestehender Radwege
Dadurch, dass der Anstieg der Unfälle auf Fahrradstreifen auf Straßen mit 43 Prozent deutlich höher ausfiel als der auf abgetrennten Radwegen, fühlt sich die CDU in ihrer Einschätzung bestärkt. Sie plädiert für von der Fahrbahn abgetrennte Radstreifen („protected bike lanes“) oder Sanierung und Ausbau bestehender Radwege abseits der Straße.
CDU-Verkehrspolitiker Dennis Thering nannte den „Anstieg bei den Fahrradunfällen besorgniserregend“. Dieser zeige, „dass es sowohl bei der Herstellung sicherer Radinfrastruktur als auch bei der Kontrolle von Verkehrsverstößen noch erheblichen Handlungsbedarf gibt“, so Thering. „Aus Sicht der CDU muss die Verkehrssicherheit bei allen Planungen oberste Priorität haben, und zumindest scheinen nicht alle Neubauten der neuesten Zeit dieses Ziel konsequent zu verfolgen.“ Die CDU wolle „bei jeder Straßenbaumaßnahme vorgeschaltete Sicherheitsüberprüfungen einführen“. Alle Lkw müssten umgehend mit modernen Abbiegeassistenten ausgestattet werden, „damit die weiterhin hohe Zahl an Abbiegeunfällen endlich reduziert werden kann“, so Thering. „Hier ist neben Hamburg vor allem auch die Bundesregierung in der Pflicht.“
Radfahrer bräuchten „deutlich mehr Platz“
Der Fahrradclub ADFC teilt die Sicht der CDU nicht, dass der Radverkehr besser außerhalb der Straßen aufgehoben wäre. „Die Ursachen für den Anstieg der Radunfälle bei den bislang auf der Fahrbahn gebauten Radfahrstreifen zu suchen, ist Spekulation“, sagte ADFC-Sprecher Dirk Lau. „Fakt ist, dass die Führung des Radverkehrs im Sichtfeld der Autofahrer die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer erhöht.“
Allerdings bräuchten Radfahrer „deutlich mehr Platz, damit alle Menschen gleich welchen Alters sicher und komfortabel mit dem Rad mobil sein können“, so Lau. „Dazu muss der Straßenraum in Hamburg neu und gerecht aufgeteilt, der Platz für klimafreundlichen Fuß-, Rad- und öffentlichen Nahverkehr dem Autoverkehr weggenommen – und nicht auf die Nebenflächen abgeschoben werden, wie es die CDU fordert.“ Auf den stark belasteten Hauptverkehrsstraßen „braucht es deutlich breitere und auch baulich geschützte Radwege, solange der Autoverkehr dort so massiv und ungebremst stattfindet“, so Lau. „Eine kurzfristige und einfache Lösung wäre es, auf mehrspurigen Straßen eine Fahrspur nur für den Radverkehr abzutrennen. Auf allen anderen Straßen kann die Stadt schnell und unkompliziert Tempo 30 zur Verkehrsberuhigung und Erhöhung der Verkehrssicherheit anordnen.“
ADAC: Fahren auf Straße für Radfahrer sicherer
ADAC-Sprecher Christian Hieff sagte, die Anzahl der Unfälle auf der Straße steige schon dadurch, dass in Hamburg „immer mehr handtuchbreite Hochbordradwege durch moderne Radstreifen ersetzt“ würden. Das Fahren auf der Straße sei für Radfahrer laut Studien sicherer. „Um die Unfallzahlen zu senken, müssen wir – neben der Optimierung der Infrastruktur – aber auch die Verkehrsmoral der Verkehrsteilnehmer verbessern“, so Hieff.
„Der Blick in die Unfallstatistik zeigt, dass auch eine räumliche Trennung des Rad- und Autoverkehrs nicht alle Probleme lösen würde: Jeder vierte getötete und jeder dritte schwer verletzte Radfahrer ist auf einen Alleinunfall zurückzuführen. Zwei Drittel der getöteten und schwer verletzten Radfahrer gehen auf Unfälle zurück, die Radfahrer verursachen.“