Hamburg. S-Bahn-Chef Kay Uwe Arnecke fordert eine radikalere Denkweise. Der HVV will mehr Busspuren – zulasten des Individualverkehrs.

Vertreter der großen Hamburger Verkehrsunternehmen haben mehr „Radikalität“ bei der Verkehrswende gefordert. „Wenn wir die Klimaziele erreichen wollen, müssen wir deutlich konsequenter sein: den Fokus auf die Schiene legen und uns auch mal all die neuen Straßenprojekte ansehen und uns fragen, ob wir die wirklich brauchen“, sagte Hamburgs S-Bahn-Chef Kay Uwe Arnecke beim Mobilitätsgipfel des Abendblatts.

Daran nahmen auch die Chefs von Hochbahn, HVV, VHH, Moia und der Sprecher des Verbands deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) teil. „Wir müssen radikaler denken, möglicherweise auch in der Frage, welche Verkehrsform wir priorisieren“, sagte Arnecke. „Im neuen Bundesverkehrswegeplan gibt es immer noch mehr Geld für die Straße als für die Schiene. Die Schweiz hat im vorigen Jahr 365 Euro pro Kopf für den Schienenverkehr ausgegeben. Bei uns waren es 77 Euro.“ E-Scooter, Fahrräder oder Moia seien allein sicher keine Lösung, sagte Arnecke, für den Massentransport brauche man die Schiene.

Hochbahn-Chef Falk forderte „vielleicht mehr Radikalität“

Auch Hochbahn-Chef Henrik Falk forderte „mehr Sportlichkeit, vielleicht mehr Radikalität“ bei dem Treffen. „Wir können nicht so weitermachen wie in den letzten zehn, 15 Jahren.“ Dabei könnte es auch darum gehen, den Vorrang des Autofahrens einzuschränken.

„Allein mit Konsens werden wir die Klimaziele nicht erreichen“, sagte VDV-Sprecher Wagner. „Dann drohen Milliarden-Strafzahlungen an die EU.“ Alle bei der Mobilitätswende erfolgreichen Städte hätten „immer mit attraktiven Angeboten einerseits und Einschränkungen für den Individualverkehr andererseits“ gearbeitet. Man könne zum Beispiel das Parken teurer machen oder die Anzahl der Stellplätze in der Stadt verringern.

HVV-Chef Lutz Aigner wies darauf hin, dass ein Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs künftig auch zulasten des Autoverkehrs gehen müsse. „Wir werden ja auch beim Ausbau etwa des Bussystems irgendwann zwingend in Konflikt mit dem Autoverkehr kommen“, so Aigner, „weil wir Busspuren auf Kosten des Autoverkehrs brauchen werden, damit die Busse nicht im Stau stehen“. Moia-Chef Robert Henrich forderte eine Lockerung des Personenbeförderungsgesetzes. Anders sei echte Innovation im Verkehrsbereich nicht möglich.