Hamburg. Hamburg startet Kampagne, um für Pflegekräfte zu werben. Initiative gegen Personalnotstand kritisiert das Konzept.
Eine dreiköpfige Band spielte zur Begrüßung, ein Moderationswürfel, ein in Schaumstoff verpacktes Mikrofon, flog für Zwischenfragen quer über die Sitzreihen im UKE-Hörsaal, auf Leinwänden flimmerten Videos und Einträge aus den sozialen Netzwerken.
Viel aufwendiger lässt sich der Start einer lokalen Kampagne kaum inszenieren. Mit „Das ist Pflege“ will der Senat mit Projektpartnern aus der Branche das Image des Pflegeberufs aufwerten, um mehr junge Menschen für eine Ausbildung zu begeistern. „Gute Pflege braucht viele pflegende Hände“, sagte Senatorin Cornelia Prüfer-Storcks bei der Vorstellung der Kampagne am Dienstag.
Bereits jetzt ist die Personalsituation in vielen Krankenhäusern und noch stärker in Pflegeheimen bedrohlich. Zahlreiche Arbeitgeber zahlen ihren Beschäftigten Prämien, wenn sie Kolleginnen oder Kollegen von der Konkurrenz abwerben. Die Bertelsmann-Stiftung prognostiziert, dass bis 2030 bis zu 500.000 Vollzeitstellen in der Pflege unbesetzt bleiben könnten.
Erbitterte Auseinandersetzungen
Diese Not schweißt offenbar zusammen. Sonst wäre kaum erklärbar, warum so unterschiedliche Partner diese Kampagne finanziell und organisatorisch unterstützen. An Bord sind neben UKE und Senat gemeinnützige, kirchliche und private Träger aus dem Krankenhaus- und Altenpflegebereich. Dabei hatte es in den vergangenen Monaten erbitterte Auseinandersetzungen um die völlig neue Ausbildung in der Pflege gegeben.
Ab Beginn des nächsten Jahres werden in Deutschland die bislang getrennten Ausbildungen in der Kranken-, Kinderkranken- und Altenpflege zu einem Berufsbild zusammengeführt. Viele Kliniken und Pflegeheim-Betreiber hatten die Befürchtung geäußert, dass ihr Bereich künftig nicht mehr ausreichend gelehrt werde. Die Bundesregierung verspricht sich von dem neuen Konzept gesteigerte Attraktivität für den Pflegeberuf, da es für mehr Flexibilität und Durchlässigkeit sorge.
Filme sollen Vielfältigkeit des Berufs spiegeln
Voraussetzung für die Ausbildung ist der erweiterte Hauptschulabschluss, den in Hamburg jeder Schüler nach der zehnten Klasse erwirbt. „Dies ist eine sehr gute Regelung“, sagte Bildungssenator Ties Rabe, dessen Behörde die neue Initiative ebenfalls unterstützt.
Bewusst hat die betreuende Agentur auf die sonst üblichen Profis aus dem Schauspielbereich verzichtet. Gedreht wurden die Spots in Krankenhäusern und Pflegeheimen mit Pflegekräften. Die kurzen Filme erinnern mit den schnellen Schnitten an Serien wie „Emergency Room“, unterlegt mit einem Sprecher, der mit Botschaften wie „Du brauchst Herz, Humor und Handschuhe“ für den Pflegeberuf wirbt. Die Szenen sollen authentisch die Vielfältigkeit des Berufs spiegeln – vom Reanimieren über das Trösten bis zur Wundversorgung.
Die Gefühlslagen reichen vom Lachen bis zur Verzweiflung, alles verbunden mit dem Teamgedanken. Die Kampagne wird auf Buslinien, auf Plakatwänden, in Kinos und vor allem in den sozialen Netzwerken gezeigt, wo man direkt seine Bewerbung für einen Ausbildungsplatz einreichen kann.
Bündnis fordert Ende der Gewinnorientierung
Das Hamburger Bündnis für mehr Personal im Krankenhaus, in dem Organisationen wie Ver.di, Die Linke oder der Asta Hamburg gegen den Pflegenotstand kämpfen, kritisiert diese Kampagne als reine „Augenwischerei“. „Anstatt die Arbeitsbedingungen real zu verbessern, wird die Situation in den Einrichtungen schöngezeichnet“, heißt es in einer Pressemitteilung. Gefordert wird „ein Schluss mit der Gewinnorientierung von Krankenhäusern und ein Ende der unerträglichen Zustände, die zulasten der Patientinnen und Patienten ebenso wie der Beschäftigten gehen“.
Cornelia Prüfer-Storcks hält dagegen, dass sich der Senat für bessere Arbeitsbedingungen in der Pflege engagiere. Die Belastung müsse sinken, um zu verhindern, dass Pflegende kündigen oder ihre Arbeitszeit reduzieren.
Mehr Infos: www.dasistpflege.de