Hamburg. Zwei Stunden lang gaaanz langsam bewegen: nicht einfach, findet unsere Autorin. Dabei hat sie auch überraschende Erfahrungen gemacht.

Zur Ruhe kommen, ein- und lange ausatmen und rumliegen. Lockerlassen, loslassen sogar und sich der Schwerkraft hingeben. Das ist häufig nichts für ungeduldige Menschen – Menschen, die Spannung besser finden als Entspannung, die gern joggen und dabei Musik hören und sich freuen, wenn sie im Anschluss ihre Muskeln spüren, weil sich das dann so anfühlt, als sei man unheimlich sportlich unterwegs. Für Menschen wie mich. Zwei Stunden lang gaaaanz langsames Yoga zu machen und sich dabei nur auf sich zu konzentrieren: keine schöne Vorstellung.

Also rein ins Abenteuer, das intuitives Yoga heißt und in einer Einzelstunde bei Deutschlands einziger ausgebildeter Lehrerin für diese Yogapraxis stattfindet – bei Alke von Kruszynski im heimischen Wohnzimmer. Die hauptberufliche Journalistin und PR-Expertin will das weitergeben, was ihr guttut.

Es ist ein bisschen wie beim Arzt

Ich sitze auf einer hellblauen Yogamatte im Schneidersitz, umgeben von Teelichtern. Weil meine Wirbelsäule wie immer nicht lang (also krumm) ist, schiebt mir Alke ein Kissen unter den Po, genauer unter die beiden Sitzbeinhöcker. Sie sieht und spürt die Schwächen sofort. Das ist nicht schlimm, denn dafür ist sie ja da. Es ist ein bisschen wie beim Arzt: Mir wird geholfen. „Mach mal die Augen zu und nimm die Hände ganz locker so, dass deine Schultern wirklich sinken können.“

Klingt so einfach, ist es aber nicht. „Ich sehe schon, da bildet sich was bei dir im Nacken.“ Ja, ich weiß, so ein Hubbel. Was ist das? „Das ist eine Fehlstellung“, sagt Alke, die aber auch sofort hinzufügt: „Dir kann geholfen werden.“ Wie lange das dauern wird, sagt sie nicht.

Überraschenderweise kommt keine Langeweile auf

Ich soll mir eine Verbindung zwischen Schambein und Brustbein vorstellen. Ich versuche es und bilde mir ein, dass es gelingt. Intuitiv eben. Ganz entspannt im eigenen Atmen. „Stell dir vor, wie dein ganzes Gewicht durch Ausatmung in den Boden sinkt.“

So geht es eine ganze Weile, überraschenderweise ohne langweilig zu werden. Das liegt auch an der Eins-zu-eins-Betreuung, die mir das Gefühl gibt, in diesem Moment der wichtigste Mensch in Alkes Leben zu sein. Ich soll mir vorstellen, wie sich das Gewebe bei der Ausatmung weitet. „Merkst du den Unterschied?“, fragt sie. Nein, noch nicht. Nur dass sie schöne warme Hände hat. Das, sagt sie, habe man, wenn man geerdet ist. Meine Hände und Füße sind kalt.

Ziel ist Achtsamkeit

Wer Probleme mit Körperkontakt und Nähe hat, ist hier falsch. Und was mir noch sehr gut gefällt: Ich muss hier keine Positionen einnehmen oder mich verrenken. „Biegen und drehen und ruckeln gibt es bei mir nicht“, sagt sie. Intuitives Yoga ist anders. Ziel ist nicht die ideale Pose, sondern die intensive, individuelle Achtsamkeit. Yoga soll Freude machen und inneres Wachstum ermöglichen – solange man nur Geduld, Hingabe und Kontinuität mitbringt.

Es ist angenehm, sich in Alke Kru­szynskis professionelle Hände zu geben. Sie spricht und erklärt viel. Das muss sie beim intuitiven Yoga auch. „Diese Yogaform ist so erklärungsintensiv, dass es eigentlich nur gute Rhetoriker als Lehrer machen können.“ Man brauche ein kleines Achtsamkeitsregelwerk.

Spannung in den Muskeln loslassen

Ach Gott, Achtsamkeit. Dieser inflationäre Modebegriff, denke ich. Will ich nicht, brauche ich nicht. Gut tut es trotzdem, wenn da jemand ist, der einem ins Ohr säuselt, das hat etwas von Hypnose. Es geht vor allem darum, dass ich meinen Körper wahrnehme. Also nichts mit Kriegerposition oder herabschauendem Hund. Davon, das lerne ich in diesen zwei Stunden, bin ich noch weit entfernt. Wir fangen mit den Basics an – ein Gefühl für den Körper zu entwickeln.

„Jetzt ist dein Sitz schon mal ein anderer“, sagt sie und mahnt: „Da musst du was tun! Wie alt bist du?“ Zu alt vermutlich, um meine schlechte Haltung jemals korrigieren zu können, denke ich. „Jede Ausatmung ist eine Einladung, Gewicht abzugeben und Spannung in den Muskeln loszulassen.“ Das sei die Idee des Ganzen. „Ist das schwer sich zu entspannen“, sage ich und Alke gibt mir recht: „Dein Körper ist verbunden mit jedem Gefühl. Emotionen und alles Erlebte spiegeln sich im Gew­ebe.“

Die Muskeln umprogrammieren

Seit 19 Jahren betreibt die 59-Jährige Yoga, das intuitive Yoga seit zehn Jahren. Um jedem gerecht werden zu können, hat Alke nie mehr als acht bis zehn Teilnehmer. Nach zwei Stunden kann ich mir gut vorstellen, dass es ein langer Weg sein wird, weniger verspannt durch die Welt zu laufen. Aber für Yoga, sagt Alke von Kruszynski, entscheide man sich. Das macht man nicht nebenbei.

Im Grunde geht es darum, Verspannungen und Blockaden zu lösen und die Muskeln quasi umzuprogrammieren, aus alten Verhaltensmustern auszubrechen. Und das braucht Zeit. Zu mir sagt sie: „Dir würde es guttun, dich zu entscheiden, was für dich gut ist. Loslassen ist so ein Punkt.“ Das klingt sehr spirituell. Danke Alke, ich überlege noch.


Das Programm der Yogawoche

  • Montag: Gelassenheit und Stärke finden. Wir üben Standstellungen, die für Erdung, innere Stärke und Verbundenheit stehen. Eine wunderbare Möglichkeit, in die Woche zu starten.
  • Dienstag: Pranayama. Atmen und entspannen für die Herausforderungen im Alltag. In dieser kurzen Atemachtsamkeitsübung lernst du, tief zu atmen. Des Weiteren nimmst du die Atemrichtung wahr. Damit entspannst du dich in kurzer Zeit, gleichzeitig wird dein Körper mit sehr viel mehr Sauerstoff versorgt als bei der normalen, flachen Alltagsatmung.
  • Mittwoch: Core und Beckenboden. Die tiefen Bauchmuskeln und der Beckenboden sind unser Kraftzentrum und für alle Bewegungen des Alltags elementar, auch um Rückenschmerzen vorzubeugen. Der Beckenboden hat zudem einen großen Einfluss auf ein erfülltes Sexualleben.
  • Donnerstag: Yoga im Büro. Bewegliche Hüftgelenke und eine freie Wirbelsäule sorgen für einen gelösten Nacken und einen aufrechten Sitz am Schreibtisch.
  • Freitag: Glücklich-Macher. Eine aktivierende Sequenz, die dich munter macht und für jedes Level geeignet ist. Ausfallschritte, Kräftigungsübungen und Herzöffnungen ersetzen dir hier den Espresso am Morgen.
  • Sonnabend: Partneryoga. Yoga ist Verbindung, und in dieser Partner-Yogaeinheit verbinden wir uns miteinander. Gleichzeitig wird die seitliche Muskulatur gedehnt, wir lernen, Balance zu halten, indem uns andere unterstützen und praktizieren „Hug-Asana“.
  • Sonntag: Verwöhnprogramm. Es ist immer wichtig zu tun, aber wir brauchen auch das Geschehenlassen. In dieser Einheit lockert eine wohltuende Fußmassage das fasziale Gewebe des Fußes. Sehr sanfte Twists mit Unterstützung einer Decke oder eines Bolsters lassen dich entspannen und in dir ruhen.

Infos über Kurse und Workshops unter www.intuitives-yoga-hamburg.de