Hamburg. Vorsitzende der Elternkammer Hamburg, Antje Müller, soll auf Platz zwei der Landesliste antreten – hinter Spitzenkandidat Weinberg.
Diese Personalie ist eine Überraschung: Die Hamburger CDU will zur Bürgerschaftswahl 2020 im Februar mit der Vorsitzenden der Elternkammer Hamburg, Antje Müller, auf Platz zwei der Landesliste antreten. Das schlägt der Landesvorstand den Parteitagsdelegierten vor, die die Liste am 21. September verabschieden sollen.
„Die politische Arbeit reizt mich“, sagte Antje Müller am Sonntag dem Abendblatt. Die zweifache Mutter ist zwar CDU-Mitglied, parteipolitisch aber bislang nicht Erscheinung getreten. Seit sie Anfang 2018 zur Vorsitzenden der Elternkammer gewählt wurde, hat sich die 50-Jährige aber mehrfach zur Schulpolitik geäußert. Unter anderem hatte sie sich gegen die in der CDU diskutierte Rückkehr der Gymnasien zum Abitur nach 13 Jahren (kurz G9 – wegen der neunjährigen Gymnasialzeit) ausgesprochen.
„Ich kann den Wunsch nach einem Jahr mehr Zeit für die Schüler gut nachvollziehen“, sagte sie. Das könne aber kein Grund sein, die gesamte Schulstruktur erneut einer aufwendigen Reform zu unterziehen.
CDU spricht sich doch für Turbo-Abi G8 aus
Nachdem die CDU unter dem designierten Spitzenkandidaten Marcus Weinberg die Rückkehr von G8 zu G9 wieder verworfen und zusammen mit SPD, Grünen und FDP einen neuen Schulfrieden ausgehandelt hat, sei der Kurs der Partei für sie „anschlussfähig“, sagte Müller. Die Vereinbarung sieht vor, die Schulstruktur bis 2025 nicht zu verändern, die Klassen an Gymnasien leicht zu verkleinern und die Bezahlung von Lehrern an Grund- und Stadtteilschulen zu erhöhen. Diesen Schulfrieden hat der CDU-Landesvorstand einstimmig abgesegnet, er muss nun noch von der Bürgerschaft beschlossen werden.
„Jünger, weiblicher, frischer“, sei die Landesliste, sagte Landesparteichef Roland Heintze am Sonntag. Der Bundestagsabgeordnete Weinberg soll wie erwartet auf Platz eins stehen und die Partei in den Wahlkampf führen. Hinter Antje Müller will Heintze selbst auf Platz drei kandidieren – nachdem er 2015 den Wiedereinzug ins Parlament verpasst hatte. Auf Platz vier folgt die Wandsbeker Bezirksabgeordnete Nathalie Hochheim: Auch dieses Comeback ist eine kleine Überraschung, nachdem die 44-Jährige bereits von 2004 bis 2011 in der Bürgerschaft saß.
Von 20 Kandidaten sind zehn Frauen
Dahinter folgen Sören Niehaus, Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion, auf Platz fünf und Dietrich Wersich, ehemaliger Sozialsenator, Fraktionschef und Spitzenkandidat bei der Wahl 2015, auf Platz sechs.
Insgesamt sind unter den ersten zehn Kandidaten vier Frauen, unter den ersten 20 sogar zehn – das ist auch eine Reaktion auf die harsche Kritik an dem geringen Frauenanteil der CDU in Parlament und Führungsfunktionen. So sind derzeit unter den 20 Abgeordneten der Bürgerschaftsfraktion nur zwei Frauen.
Ob und inwieweit sich das ändert, ist aber noch offen. Denn bei der Wahl 2015, als die CDU auf 15,9 Prozent abgestürzt war, kam die Landesliste der Partei kaum zum Tragen. Von den 20 Mandaten wurden 18 von Direktkandidaten in den Wahlkreisen errungen. Außer Spitzenkandidat Wersich hatte es nur der Landesvorsitzende der Polizeigewerkschaft DPolG, Joachim Lenders, der aufgrund seiner Bekanntheit extrem viele Persönlichkeitsstimmen erhielt, in die Bürgerschaft geschafft. In den 17 Wahlkreisen hat die CDU für die Wahl 2020 aber nur erneut nur drei weibliche Spitzenkandidatinnen nominiert.
Ein neuer Baum pro neuer Wohnung
Inhaltlich wolle er im Wahlkampf auf die fünf Themenfelder Stadtentwicklung, Mobilität, Wachstum/Wohlstand, Bildung und Sicherheit/Freiheit setzen, sagte Weinberg. „Das Gesicht der Stadt verändert sich“, sagte der Spitzenkandidat. Angesichts des Wachstums und der jüngsten Hitzewellen sei häufig der Wunsch nach mehr Grün an ihn herangetragen worden. Daraus hat er eine Forderung abgeleitet: „10.000 neue Wohnungen pro Jahr zu bauen, wie die SPD es will, ist gut. Aber dann müssen auch 10.000 neue Bäume gepflanzt werden.“
Konkret solle für jede neue Wohnung mindestens ein neuer Baum gepflanzt werden – entweder direkt vom Bauherr oder indem dieser die Stadt dafür bezahlt. „Wenn wir mehr Grau schaffen, brauchen wir auch mehr Grün, also mehr Bäume“, so Weinberg.
Im Bereich Mobilität will die CDU mit ihrem Vorschlag für ein 365-Euro-Ticket für den HVV punkten. Wie Weinberg sagte, würde er diese sehr günstige Jahreskarte zunächst schnell für Schüler, Studenten und Senioren einführen und in einem weiteren Schritt dann im Laufe der nächsten Legislaturperiode für alle Nutzer der öffentlichen Verkehrsmittel. „Das 365-Euro-Ticket motiviert zum Umsteigen“, sagte Weinberg. Der Vorschlag von Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD), künftig alle Schüler umsonst fahren zu lassen, sei ja „ok“, aber er bezweifle den verkehrlichen Nutzen, so der CDU-Spitzenkandidat mit leicht spöttischem Unterton: „Ich freue mich natürlich über jeden Grundschüler, der sein Auto stehen lässt...“
Kritisch äußerte sich der 52-Jährige auch zum Konzept der Grünen für eine weitgehend autofreie Innenstadt: „Die Grünen sind sehr dogmatisch und schießen übers Ziel hinaus“, sagte Weinberg. Bestimmte Berufsgruppen wie Handwerker müssten die Innenstadt erreichen und ihr Auto dort abstellen können.