Hamburg. Weil die tropischen Insekten gefährliche Krankheiten übertragen, schützt sich die Stadt mit einem breitflächigen Monitoring.
Tim Layer, Mitarbeiter des Instituts für Hygiene und Umwelt, öffnet die Mückenfalle, um in das schwarze Fangnetz zu schauen. Jedes Mal ist er gespannt darauf, ob er sie diesmal vielleicht findet – die nicht einmal einen Zentimeter große Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus). Ein Kerbtier mit auffällig schwarz-weißer Färbung, das für den Menschen gefährliche Krankheiten übertragen kann, vor allem die Dengue-, Zika- und Chikungunya-Viren.
Hamburg rüstet sich gegen eine Gefahr, die noch nicht real ist, aber real werden könnte: Begünstigt durch den Klimawandel und dem globalen Handel breiten sich ursprünglich tropische Stechmückenarten immer weiter Richtung Norden aus. Die Tigermücke hat sogar schon in Süddeutschland überwintert. In der Schweiz, so die Nachrichten der vergangenen Tage, ist sie längst dabei, die Stadt Zürich zu erobern.
Tim Layer ist gelernter Schädlingsbekämpfer. Der 44-Jährige arbeitet im Team von Anita Plenge-Bönig am Hamburger Institut für Hygiene und Umwelt.
Die Mückenfallen sind über die ganze Stadt verteilt
Um sich rechtzeitig vor dem exotischen Insekt zu schützen und Präventionsmaßnahmen zu ergreifen, betreibt das Institut seit 2010 ein Frühwarnsystem – Mückenfallen aus Kunststoff. Das Produkt einer Regensburger Firma arbeitet mit Strom, der die Lüftung so steuert, dass die Mücke nicht mehr aus dem Behälter fliegen kann. Herzstück sind freilich die Pheromone, mit denen Vertreter dieser mobilen Spezies angelockt werden sollen.
„Die Lockstoffe riechen wie in der S-Bahn um 17 Uhr“, sagt Layer und schmunzelt. Der Einsatz von Gas ist Teil seines täglichen Kampfs gegen mögliche Schädlinge im internationalen Warenverkehr. Einmal im Monat begutachtet der Mitarbeiter im Mücken-Monitoring die im Stadtgebiet aufgestellten Mückenfallen. Und das zu jeder Jahreszeit.
„Weil Bundesländer mit Seehafen und intensivem Personen- und Warenverkehr aus aller Welt ein höheres Risiko als andere deutsche Bundesländer haben, ein Eintrittsort für potenzielle Vektoren und fremde Krankheitserreger zu werden, ist Wachsamkeit geboten“, heißt es in einem Bericht des Instituts für Hygiene und Umwelt in Hamburg. Deshalb beobachten das Hamburg Port Health Center und das Infektionsepidemiologische Landeszentrum des Instituts für Hygiene und Umwelt die Population der Stechmücken.
Kontrollen am Hafen und Flughafen
Layer hat extra ein Okular mit zehnfacher Vergrößerung dabei, um das Exemplar besser zu erkennen. „Die Tigermücke nun auch in Hamburg zu finden wäre für mich eine Sensation“, sagt Layer. Doch diesmal findet er erneut nur einige heimische Schmetterlingsmücken und Trauerfliegen. Die Tigermücke ist wieder nicht dabei.
Seit neun Jahren geht das nun schon so. Die Kontrollen werden vornehmlich an Orten durchgeführt, wo Waren ankommen, beispielsweise im Bereich des Hamburger Hafens und in den Lagerhallen des Hamburger Airports. Tim Layer betreut Mückenfallen auf dem Blumengroßmarkt und bei zwei privaten Unternehmen. Die Kunststoffbehälter sind dort in Innenräumen postiert. Außerdem sind stadtweit Dutzende von kleinen Behältern im Einsatz, die mit Wasser gefüllt sind. Damit sollen die exotischen Stechmücken mit ihren Eiern entdeckt werden.
Tigermücken können das Denguefieber übertragen
Die Kerbtiere sind deshalb für den Menschen so gefährlich, weil sie unter anderem das Denguefieber übertragen können. Die Krankheit tritt in zwei Formen auf: Das klassische Denguefieber ähnelt den Symptomen einer Grippe, während die schwerere Verlaufsform als Dengue Hämorrhagisches Fieber Blut und Blutgefäße erheblich schädigt. Unbehandelt endet diese Form meist tödlich.
Beim Bundesumweltamt heißt es dazu: „In Deutschland wird das Risiko einer Übertragung von Viren durch die Tigermücke derzeit als gering erachtet, da die Anzahl von Virusträgern gering und das Vorkommen der Stechmücken begrenzt ist. Allerdings weisen die zunehmenden Nachweise der Asiatischen Tigermücke in Deutschland darauf hin, dass sich die Stechmücke auch hierzulande etablieren und ausbreiten kann.“
Exemplare auch an Raststätten
Um die Invasion der Tigermücke im ganzen Land frühzeitig zu entdecken, führt das Hamburger Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin bundesweit zusammen mit Kooperationspartnern seit April 2012 Überwachungsmaßnahmen durch – auch an den Autobahnraststätten, wo bereits Dutzende Exemplare gefunden wurden. Offenbar stammten sie aus Italien und kamen als blinde Passagiere mit dem Güterverkehr über die Schweiz und Österreich nach Deutschland.
Für den Fall, dass Mücken-Jäger Tim Layer eines Tages tatsächlich im Fangnetz eine Tigermücke entdeckt, wird er zur Sicherheit wohl mehrfach durch das Okular schauen und danach seine Vorgesetzte informieren. Das Institut würde dann mit verschiedenen in Hamburg ansässigen Behörden und Institutionen in Kontakt treten, um nach einer Bewertung aller Fakten weitere Schritte zu veranlassen. Dazu gehört die Information der wissenschaftlichen Fachkollegen, der Ärzteschaft und natürlich auch der Öffentlichkeit, heißt es im Institut für Hygiene und Umwelt.