Eppendorf. Hepatitis E, Malaria und Herzinfarkt – das waren die Themen der Arbeiten, die mit dem Martini-Preis 2019 ausgezeichnet wurden.

Mitten im Gewusel klopft ein Arztkollege Sven Pischke anerkennend auf die Schulter und sagt: „Das war mal echt eine game-changing Studie, herzlichen Glückwunsch.“ Dass die Studie tatsächlich „game-changing“, also bahnbrechend, ist, weil sie eine bisher gängige Praxis deutschlandweit verändert hat, haben auch die Kuratoren erkannt und Sven Pischke mit dem ehrwürdigen Dr.-Martini-Preis ausgezeichnet. Der Preis wurde Dienstag in einem Festsaal des Universitätsklinikums Eppendorf (UKE) verliehen.

Außer Sven Pischke wurden die Nachwuchswissenschaftler Dr. Johannes Mischlinger und Dr. Benedikt Schrage ausgezeichnet. Darüber hinaus hat Prof. Dr. Franz Rinninger (UKE) eine Martini-Medaille für sein wissenschaftliches Lebenswerk im Bereich der Stoffwechselforschung erhalten. Die renommierte Auszeichnung ist der älteste Medizinpreis Deutschlands und geht zurück auf den Chirurgen Dr. Erich Martini, der am 12. Februar 1880 im Alter von 36 Jahren an einer Blutvergiftung starb.

Gemeinsam haben alle ausgezeichneten Arbeiten, dass „es sich um exzellente klinische Arbeiten handelt, die sehr unmittelbar den Patientinnen und Patienten zugutekommen“, betonte Eva Gümbel, Staatsrätin der Wissenschaftsbehörde, in ihrer Laudatio. Auch von der Arbeit von Sven Pischke (Medizinische Klinik und Poliklinik) konnten bisher schon etliche Patienten profitieren. Der Internist und gebürtige Hamburger hat sich mit der möglichen Übertragung von Hepatitis E bei Bluttransfusionen beschäftigt.

Hepatitis-E-Screening wird deutschlandweit Standard

Der 42-Jährige erklärt: „Früher wurden Blutprodukte ausschließlich auf Hepatitis B und C sowie auf HIV untersucht. Auf etwa 35.000 Proben wird im Schnitt eine positiv getestet. Bei Hepatitis E galt immer die Annahme, dass das in der Regel ungefährlich ist und symptomlos verheilt.“ Eine Annahme, die Pischke nicht teilte. „Bei Menschen mit geschwächter Immunabwehr kann das Virus verheerende Folgen haben. Dann kommt es häufig zu einem chronischen Verlauf, der innerhalb weniger Jahre zu lebensbedrohlichen Komplikationen führen kann. Und Menschen, die auf Bluttransfusionen angewiesen sind, sind eben häufig ohnehin schon geschwächt, das Risiko für sie daher besonders groß.“ In seiner Arbeit wollte Pischke zunächst herausfinden, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass Blutproben den Hepatitis-E-Erreger tragen.

Das Ergebnis erstaunte auch ihn: „Hochgerechnet ist eine von 800 Blutproben betroffen. Das ist eine sehr hohe Zahl.“ Woran das liegt? Pischke sieht den Grund dafür unter anderem in der Beliebtheit von Schweinemett, über das Hepatitis E übertragen werden kann. „Gerade in Norddeutschland essen das ja viele Menschen gerne. Wenn Menschen kurz vor der Blutspende ein Mettbrötchen gegessen haben, können sie das Virus schon in sich tragen und weitergeben.“ Das Ergebnis seiner Studie hat dazu geführt, dass am UKE seit 2016 und ab Ende des Jahres bundesweit standardmäßig auf Hepatitis E getestet wird. Erste Bilanz: „Bisher konnten schon mehr als 100 Bluttransfusionen mit dem Erreger verhindert werden“, so Pischke weiter.

Ergebnisse können Malaria-Diagnostik verbessern

Neben Pischke (UKE) wurden auch Dr. Johannes Mischlinger und (Bernhard-Nocht-Institut/UKE) und Dr. Benedikt Schrage (UKE) mit dem Preis ausgezeichnet. Mischlinger hat sich in seiner Arbeit mit der Malaria-Diagnostik beschäftigt. Der 31-Jährige hat dabei herausgefunden, dass die gängige Methode, venöses Blut (etwa aus der Armbeuge) dafür zu verwenden, nicht ideal ist. Laut seiner Studie ist kapillares Blut – wie es etwa bei einem Nadelstich in die Fingerkuppe entsteht – deutlich besser geeignet, weil sich Malaria-Parasiten dort um acht Prozent häufiger ansiedeln. Das sei in der Praxis nicht nur einfacher, sondern in der Diagnostik auch genauer.

Dr. Benedikt Schrage hat in seiner Studie ein häufig verwendetes Medizinprodukt auf seinen Nutzwert überprüft. Dabei geht es um moderne Herzpumpen, die Herzinfarktpatienten eingesetzt werden, die einen kardiologischen Schock erlitten haben. Diese Pumpen sind dafür da, das Herz-Kreislauf-System mechanisch zu unterstützen und die Erholung des Herzens zu fördern. Der 31-Jährige konnte in seiner Studie allerdings herausfinden, dass der Einsatz solcher Herzpumpen zu keinem signifikanten Überlebensvorteil führt. In einer Folgestudie sollen nun Patientengruppen identifiziert werden, die von der Therapie profitieren.

Die ausgezeichneten Mediziner können sich über ein Preisgeld von jeweils 3000 Euro freuen. Dotiert wird der Preis von der Hannelore und Helmut Greve Stiftung für Wissenschaften, Entwicklung und Kultur.