Eppendorf. Nur einmal am Tag Süßes – und immer die Zwischenräume putzen: Prof. Thomas Beikler vom UKE gibt Tipps.
Was muss ich tun, damit ich auch im Alter noch kräftig zubeißen und mit eigenen Zähnen strahlen kann? Das hat der Human- und Dentalmediziner Thomas Beikler in einem einstündigen Vortrag am Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) beantwortet. Er erklärte zwei gängige Zahnkrankheiten und gab wichtige Tipps, wie man Zahnproblemen vorbeugen kann.
Die bekannteste Erkrankung ist Karies. Laut Beikler ist aber nur ein kleiner Teil der Bevölkerung davon betroffen. 80 Prozent der Zwölfjährigen seien heute „kariesfrei“, und nur noch wenige Erwachsenen entwickelten die schmerzenden Löcher im Zahn. Jeder Mensch beherbergt mehr als 800 unterschiedliche Keime in seiner Mundhöhle. Bei diesem sogenannten oralen Mikrobiom müssen die nützlichen und krank machenden Bakterien in ausgeglichener Anzahl vorhanden sein, damit der Mundinnenraum gesund bleibt. Durch schlechte Hygiene und zu viel zuckerhaltige Nahrung kann dieses Gleichgewicht durcheinandergeraten – und es bildet sich ein Belag mit überproportional vielen krank machenden Keimen auf den Zähnen. Solche Bakterien verspeisen mit Vorliebe Zucker und stellen zugleich Säuren her. Die Säuren wiederum entziehen dem Zahnschmelz, dem härtesten Material, das unser Körper bilden kann, Mineralien.
Durch diese Demineralisation graben sich nach und nach Löcher in die Zähne. Diese Stellen sind schmerzempfindlich und reagieren besonders auf kalte oder süße Speisen. Um Karies zu behandeln, müssen die Löcher ausgebohrt und mit einer Füllung versehen werden.
Beginnende Parodontitis ist heute häufiger als Karies
Damit es gar nicht erst dazu kommt, rät der Arzt, sich mindestens zweimal täglich die Zähne zu putzen und für die engen Zahnzwischenräume Zahnseide oder Interdentalbürsten zu benutzen. Die Zahncreme sollte 0,1 Prozent Fluorid enthalten, um den Zahnschmelz zu stärken sowie Arginin, das Säure bildende Bakterien im Mund reduziert. Außerdem solle auf den Zuckergehalt in der Nahrung geachtet und lieber einmal richtig genascht werden, anstatt andauernd ein bisschen. Nimmt man über den ganzen Tag verteilt zuckerhaltige Nahrung auf, werden auch über den ganzen Tag verteilt immer wieder Säuren, die es auf den Zahnschmelz abgesehen haben, produziert. Zur ersten Neutralisation werden Wasser und kalte Milch empfohlen. Geeignet sei auch zuckerfreies Kaugummi, da es den Speichelfluss anregt.
Viel häufiger kämen die Patienten aber mit anderen Beschwerden zum Zahnarzt, sagt Beikler. Ihr Zahnfleisch ist gerötet, blutet und hat sich zurückgezogen, sodass die Zahnhälse sichtbar sind. Durch das Einführen einer stumpfen Sonde zwischen die Zähne könne der Spezialist die Krankheit leicht identifizieren. Es handelt sich um die Gingivitis.
Durch eine Entzündung löst sich das Zahnfleisch vom Zahnhals ab, sodass sich tiefe Taschen um die frei liegenden Hälse bilden und guten Nährboden für weitere pathogene (krank machende) Keime bieten. Werden tief eingedrungenen Keime nicht fachmännisch entfernt, kann es passieren, dass der Kieferknochen sich im Gebiet der Entzündung abbaut, was eine Art Selbstschutz ist: So können die Keime hier nicht auch noch ihr Unwesen treiben. Von da an wird das Krankheitsbild als Parodontitis bezeichnet. Bei dieser chronischen Erkrankung sei ein jährlicher Knochenverlust von etwa 0,3 Millimetern möglich, so Beikler. Bundesweit seien etwa 20 Millionen Menschen parodontal behandlungsbedürftig und zwei Drittel der Senioren schwer bis mittelschwer betroffen.
Auch Stress und Sport können die Zähne beeinflussen
Um den Knochenabbau zu stoppen, könne laut Beikler nur eine professionelle Zahnreinigung oder eine lichtchirurgische Therapie helfen. Die Bakterien in den tiefen Zahnfleischtaschen seien nämlich auch mit Zahnseide oder Zahnzwischenraumbürsten nicht zu erreichen. In seltenen Fällen müsse zu ihrer Bekämpfung sogar auf Antibiotika zurückgegriffen werden. Eine Behandlung sei in jedem Fall notwendig, um zu verhindern, dass Zähne ausfallen. Außerdem sei nachgewiesen, dass die parodontalen Entzündungen nicht nur dem Gebiss schaden. Über die Blutbahn würden sich die Bakterien im Körper ausbreiten und könnten das Auftreten anderer Erkrankungen begünstigen. Dazu würden Herzinfarkt, Schlaganfall und Alzheimer zählen, so Beikler. Wer unter Diabetes mellitus leidet, dem erschwere die Parodontitis das Einstellen des Blutzuckers.
Das Wichtigste sei, dass jeder Behandelte regelmäßig zur Nachsorge kommt und professionelle Zahnreinigungen vornehmen lässt. Zur Zahngesundheit trage bei, eine hohe emotionale Belastung zu vermeiden, sich gesund und ausgewogen zu ernähren sowie regelmäßig, aber moderat Sport zu treiben.
Mit der Veranstaltung „Bis(s) ins hohe Alter“ endete die zweite Staffel der Gesundheitsakademie „Medizin für Menschen mit Neugier“. Das Programm für die Winteredition, die am 21. Oktober mit dem Thema Demenz startet, ist bald unter www.gesundheitsakademie-uke.de online einsehbar.