Eppendorf. Impfung, Händewaschen und die richtige Ernährung: Allgemeinmediziner Prof. Martin Scherer erklärt, was wirklich hilft.

Nach der Grippe ist vor der Grippe – die Hochsaison für Infektionen mit Influenza-Viren ist zwar vorbei, doch in der nächsten kalten Jahreszeit werden wieder viele Menschen mit den Erregern zu kämpfen haben. Wer davon insbesondere betroffen ist, welche Symptome auftreten und was man zur Vorbeugung tun kann, erklärte Prof. Martin Scherer, Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin am Uniklinikum Eppendorf (UKE), an der Gesundheitsakademie.

Fast 330.000 Erkrankungsfälle wurden dem Robert-Koch-Institut in Berlin in der Saison 2017/18 gemeldet, 1615 Menschen starben in diesem Zeitraum infolge einer Grippe-Infektion, wie Scherer sagte. Etwa die Hälfte aller Todesfälle treten bei über 80-Jährigen auf, bei Menschen also, deren Immunsystem weniger leistungsfähig ist als normal. Am zweithäufigsten von Grippe-Todesfällen betroffen ist die Gruppe der 60- bis 79-Jährigen.

Das Immunsystem jüngerer Menschen wird mit einer Grippe in der Regel leichter fertig, trotzdem fühlt sich die Infektion sehr unangenehm an. Scherer sagte, dass sich eine echte Influenza relativ leicht von einem unkomplizierten Atemwegsinfekt abgrenzen lässt. Bei einer Grippe fühlen sich die Betroffenen von jetzt auf gleich sehr krank, im Gegensatz zu einer Erkältung, die sich eher schleichend bemerkbar macht und unter anderem von Rhino- und Coronaviren hervorgerufen wird.

Woran man merkt, ob man Grippe oder Erkältung hat

Bei einer Grippe ist das Fieber meist hoch (über 38,5 Grad), und es dauert drei bis vier Tage – bei einer Erkältung ist es meist mäßig; Kopfschmerzen sind bei einer Grippe häufig und stark ausgeprägt, während sie bei einer Erkältung nur teilweise auftreten und leichter ausgeprägt sind; auch Gliederschmerzen und Abgeschlagenheit treten bei einer Influenza-Infektion stärker auf als bei einer Erkältung.

Ein bewährtes Mittel zur Vorbeugung sei die Grippe-Impfung, sagte Scherer und verwies auf die Ständige Impfkommission (STIKO). Sie empfiehlt den Vierfachimpfstoff für alle Personen ab 60 Jahren, für Schwangere im zweiten Schwangerschaftsdrittel, für Menschen mit vorbestehenden Erkrankungen, die ein hohes Risiko für Komplikationen oder eine Verschlechterung ihrer Grunderkrankung haben, und für gefährdete Berufsgruppen wie medizinisches Personal. Die Grippeimpfung bietet allerdings keinen vollständigen Schutz für alle Menschen und Altersgruppen. So reduzierte in der Saison 2017/18 die verfügbare Impfung das Risiko, an dem Virustyp H1N1 zu erkranken, laut RKI um durchschnittlich 48 Prozent.

Es gibt zwar spezielle Grippemedikamente wie Relenza und Tamiflu, die ein Virusenzym blockieren und dadurch die Ausbreitung der Erreger im Körper verhindern sollen. Wenn diese Arzneien überhaupt wirken sollen, müssen sie aber spätestens 36 Stunden nach den ersten Symptomen eingenommen werden, wie Scherer sagte. Diese Arzneien wirkten nicht gegen unspezifische grippale Infekte, haben nur geringe Effekte auf die Vorbeugung einer Grippe, und sie könnten Nebenwirkungen haben, etwa Übelkeit und Erbrechen. Scherers Fazit: „Im Regelfall kann man auf eine Behandlung mit speziellen Grippemedikamenten verzichten.“

Wirksamkeit von Vitamin D und Zink nicht nachgewiesen

Was kann man außer der Influenza-Impfung tun, um eine Grippe zu vermeiden? Schützen kann insbesondere regelmäßiges Händewaschen, wie Scherer sagte. Eine ausgewogene Ernährung – vor allem mit Vollkornprodukten, Gemüse und Obst – stärke das Immunsystem. Für Probiotika, Zink, Vitamin-D-Präparate, Knoblauch-Tabletten und Ginseng gebe es keine Nachweise, dass solche Nahrungsergänzungsmittel vor Grippe schützen könnten. Einen wichtigen Beitrag für ein wehrhaftes Immunsystem könne dagegen regelmäßige Bewegung leisten, sagte Scherer.