Wewelsfleth. Rumpf und Decks sind ausgebessert, die Masten gestellt. Im Mai 2020 kehrt der Frachtsegler nach Hamburg zurück. Was noch zu tun ist.
Die Arbeiten auf der „Peking“ sind leiser geworden. Als wir im Dezember auf der Peters Werft waren, herrschte an Bord der 1911 erbauten Viermastbark infernalischer Lärm. Mittlerweile sind Rumpf und Decks ausgebessert, nachträglich eingeschnittene Bullaugen wieder zugeschweißt. Die „heißen“ Arbeiten sind vorbei, Winkelschleifer und Hammer werden nur noch selten zur Hand genommen. Jetzt sind die Takler am Zuge, die Takelage und Rigg anfertigen, und Schiffsmaler, die viele Farbschichten auftragen und das Aufbringen des Namenszüge vorbereiten.
Obwohl noch teilweise eingerüstet, bietet die „Peking“ schon jetzt den imposanten Anblick eines „Veermasters“. Hoch ragt ihr elegant geschwungener Rumpf über uns empor. Wie Ameisen wirken wir neben ihr, hier unten im Trockendock. Über schmale Leitern schrauben wir uns im Gerüst von einer Plattform zur nächsten. Rund zehn Meter hoch sind die Bordwände, die in drei Farben gestrichen sind: Rostrot das Unterwasserschiff, strahlend weiß der Wasserpass, glänzend schwarz der Rumpf darüber.
Oben angekommen erstreckt sich das Hauptdeck des 115 Meter langen und 14 Meter breiten Frachtseglers vor uns. Vorne ragt der Bugspriet, eine in Länge und Umfang beeindruckende Spiere, weit über den Bug heraus. Darunter wird später die Krulle befestigt – ein eher bescheidenes schneckenförmiges Ornament aus Holz, das man anstelle einer pompösen Galionsfigur angebracht hatte und das nach altem Vorbild neu angefertigt wird.
Armdicke Wanten halten die Maste
Von Fock-, Groß- und Kreuzmast stehen schon die Untermasten, der Besanmast wird in wenigen Stunden im Ganzen an Bord gehoben; die dafür erforderlichen Kräne stehen schon außerhalb des Trockendocks in Position. In der kommenden Woche, wenn auch Groß-, Besan- und Kreuzstenge montiert sind, werden sich die vier Masten der „Peking“ wieder in ihrer vollen Höhe (51 Meter über Deck) erheben.
Dick wie Kinderarme sind die Wanten, mit denen die Masten an den Schiffsseiten verspannt werden. Fast fünf Zentimeter misst der Draht, der ihr Innenleben bildet. „Die Drahtstärke gibt es in dieser Machart heute nicht mehr“, sagt Joachim Kaiser von der Stiftung Hamburg Maritim, der die Restaurierung der „Peking“ leitet. Die Takler haben daher bereits im vergangenen Jahr die Originalwanten aufgearbeitet, Doch auch an Bord setzen sich die Takelarbeiten fort.
Maßangefertigte Korkschicht
Gerade ist ein junger Mann damit beschäftigt, ein mit Segeltuch ummanteltes Drahtseil mit dickem Garn, dem „Schiermannsgarn“, zu umwickeln, das er anschließend mit Holzteer bestreicht. Eine alte Handwerkskunst, die heute nur noch auf traditionellen Seglern ausgeführt wird. Für die Restaurierung der Takelage habe man sich daher „die Creme de la Creme der europäischen Takler“ geholt, sagt Kaiser. Dass sie auch schwindelfrei sind, zeigt ein Blick in die Höhe: Am Kreuzuntermast montieren gerade zwei Takler die Salinge, durch die später die Perdunen (Oberwanten) geführt werden.
Wir gehen über das Hauptdeck. Noch ist unter unseren Füßen nackter Stahl. Am 21. Juni kommt die „Peking“ aus dem Trockendock wieder an die Ausrüstungspier. Danach sollen auf den Decks 1500 Quadratmeter Holzdeck aus Oregon- Pine mit Leibhölzern aus Tropenholz verlegt werden. Unter das Holz kommt eine maßangefertigte Korkschicht. Die vorbereitenden Maßnahmen laufen schon: Wir gehen aufs Brückenhaus zu, in dem ein Bootsbauer das Stahldeck und insbesondere seine Unebenheiten mit einem 3-D-Scanner vermisst.
Brückenhaus wird nur halb wieder hergestellt
Außen an dem Aufbau sind Farbproben in Gelb- und Brauntönen aufgetragen. „Die Mannschaften der Rahsegler wetteiferten darin, den Masten, Spieren und Aufbauten eine Holzoptik zu geben“, sagt Kaiser. Das werde man aufgreifen, sich die auf der „Peking“ nachgewiesene „Holzmaserung“, die mit einem Kamm aufgetragen wurde, aber erstmal sparen.
Auch bei der Wiederherstellung im Inneren des Brückenhauses muss man Kompromisse eingehen. Kapitäns-Salon, Steuermannskammern, Badezimmer, Messe und die Mannschafts-Logis werden nur in der einen Hälfte wieder hergestellt. Die andere wird als barrierefreier Durchgang für gehandicapte Museumsbesucher gebraucht.
Die „museale Ertüchtigung“ des restaurierten Segelschiffes erfolgt im Auftrag der Kulturbehörde. In ihrer Hand liegen endgültige Entscheidungen zur Ausstattung, wie beispielsweise dem Fahrstuhl, aber auch über den künftigen Liegeplatz an der Elbe. Bis Mai 2020 blickt man noch über den Stör auf die „Peking“. Majestätisch sieht sie aus, mit ihren leicht nach achtern getrimmten Masten.
Bald wird auch ihr Name wieder in goldenen Lettern vorne und achtern am Schiffsrumpf prangen. Durch aufwendige Recherche konnten Kaiser und sein Team die originale Form und Größe der Buchstaben ermitteln. Derzeit werden die Schablonen dafür ausgeschnitten. Auch ein Beispiel für die leisen Arbeiten, die gerade an der stählernen Legende ausgeführt werden.