Hamburg. Deutsches Gesetz sei nicht mit EU-Recht vereinbar und daher nichtig, urteilt das Bundesverwaltungsgericht.

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat das erst 2017 beschlossene sogenannte Videoüberwachungsverbesserungsgesetz gestoppt. Mit dem Gesetz war es für Privatleute leichter, öffentlich zugängliche Anlagen – Einkaufszentren, Diskotheken oder Sportstätten – mit Videokameras überwachen zu lassen. Geregelt ist die Vorschrift in Paragraf 4 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG). Das Gesetz war insbesondere eine Reaktion auf den Amoklauf im Juni 2016 in einem Münchner Einkaufszentrum mit neun Toten. Die Sicherheit öffentlicher Plätze, so das Hauptargument damals, sei höher anzusiedeln als die datenschutzrechtlichen Interessen der Betroffenen.

Die Datenschutzbehörden der Länder sollten in der Folge in ihren Genehmigungsverfahren für öffentlich angebrachte Videokameras den „Schutz von Leben, Gesundheit oder Freiheit“ von Menschen besonders berücksichtigen. Konkret hatte das Bundesverwaltungsgericht über eine Anordnung zur datenschutzkonformen Ausrichtung der Videoüberwachung in einer brandenburgischen Zahnarztpraxis zu entscheiden.

Lob von Hamburgs Datenschützer

Die Videoüberwachung durch private Stellen sei ausschließlich am europäischen Datenschutzrecht zu messen, urteilte hingegen das Bundesverwaltungsgericht. Das nationale „Verbesserungsgesetz“ sei europarechtswidrig und damit nicht anwendbar. Kameras dürften nur auf Grundlage von Artikel 6, Absatz 1 (f) der Europäischen Datenschutzverordnung (DGSVO) betrieben werden. Die Datenschutzkonferenz hatte damals zudem kritisiert, dass das Innenministerium offen lasse, wie der Ausbau der Videoüberwachung in privaten Einrichtungen die öffentliche Sicherheit erhöhe. Auch sei es nicht die Aufgabe privater Einrichtungen, die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten. Dies sei allein Aufgabe des Staates.

Der Hamburgische Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar begrüßt die Entscheidung. „Die Aufgabe der Videoüberwachung zum Schutz der öffentlichen Sicherheit kann nicht auf private Betreiber übertragen werden, sondern bleibt eine Aufgabe der zur Ausübung öffentlicher Gewalt befugten staatlichen Behörden“, so Caspar. „Der gesamte Vorgang zeigt einmal mehr: Die rechtspolitische Verfolgung von Sicherheitsinteressen muss stets mit Augenmaß erfolgen und darf die rechtsstaatlichen Vorgaben nicht außer Acht lassen.“