Hamburg. Osteuropäische Uni eröffnet Campus mit 150 Studienplätzen in Bahrenfeld. Kein Numerus Clausus, günstig ist das Studium aber nicht.
Strenger Numerus Clausus, lange Wartezeiten, harte Auswahlprozedur: Angesichts der hohen Hürden für ein Medizinstudium in Deutschland zieht es immer mehr angehende Ärzte ins Ausland. Statt in Hamburg oder München studieren sie lieber in Bukarest oder Prag.
Nun dreht eine Uni aus dem rumänischen Siebenbürgen den Spieß offenbar um. Die staatliche medizinische Universität Neumarkt am Mieresch (rumänisch: Târgu Mureș) will nach eigenen Angaben zum diesjährigen Wintersemester 2019/20 einen eigenen Campus in Hamburg mit 150 Studienplätzen errichten. Abiturienten sollen an der UMCH genannten Einrichtung ohne Numerus Clausus und Wartesemester ein Studium aufnehmen können.
"Persönlichkeit wichtiger als Numerus Clausus"
Die Unterrichtssprache auf dem neuen Campus ganz in der Nähe der Bahrenfelder Trabrennbahn ist Englisch, der Abschluss soll europaweit anerkannt sein. In Juni sollen die ersten Auswahlgespräche beginnen. Rund 250 Interessenten hätten sich bislang beworben, so eine Sprecherin.
„Auch mit einer hervorragenden Abiturnote müssen junge Menschen in Deutschland derzeit lange warten, bis sie zum Studium zugelassen werden", sagt Professor Jobst Nitsch, Medizinischer Direktor am UMCH. "Bei uns können sie ohne Zeitverlust sofort durchstarten." Beim Hamburger Ableger der rumänischen Uni zähle Persönlichkeit mehr als der Numerus Clausus. „Unsere Erfahrungen haben gezeigt, dass kognitive Fähigkeiten, psychosoziale Kompetenz und eine hohe Motivation die wichtigsten Voraussetzungen sind, um das Medizinstudium erfolgreich zu absolvieren.“
Bis zu 14.000 Euro Studiengebühren pro Semester
Konkret wird für das Medizinstudium am UMCH eine Hochschulzugangsberechtigung mit einer Abiturnote bis 3,0 benötigt – und eine Menge Geld. In Rumänien ist die Universität Neumarkt am Mieresch zwar eine staatliche Einrichtung, der Hamburger Campus wird aber im Rahmen eines EU-Niederlassungsmodells als privater Ableger betrieben.
Die Studiengebühren, die die neue Uni nur auf Nachfrage verrät, liegen nach Angaben einer Sprecherin bei 12.500 Euro pro Semester für die ersten beiden Studienjahre (vorklinische Phase). Für die darauffolgenden vier Jahre werden sogar 14.000 Euro pro Semester fällig, wenn die Studierenden weiter in Deutschland bleiben und an Lehrkrankenhäusern in der Bundesrepublik ausgebildet werden wollen. Derzeit gibt es Kooperationen mit dem Evangelischen Krankenhaus Mettmann und dem Diakonissen-Stiftungs-Krankenhaus in Speyer, nicht aber mit einer Hamburger Klinik.
Zusammen kostet ein Komplettstudium in Deutschland 162.000 Euro – plus eine Immatrikulationsgebühr von einmalig 3500 Euro, sowie eine Bewerbungsgebühr von 350 Euro. Alternativ dazu gibt es auch die Möglichkeit, für die zweite Studienphase nach Rumänien zu wechseln. Dort liegen die Studiengebühren dann "nur" noch bei 3000 Euro pro Semester, was sich über die Jahre dann auf 74.000 Euro summiert. Auch hier kommen aber noch Immatrikulations- und Bewerbungsgebühr obendrauf.
Angeblich neueste Medizintechnik
Für das Geld sollen die angehenden Ärztinnen und Ärzte dann aber auch eine zeitgemäße und europaweit anerkannte Ausbildung erhalten. Der Hamburger Campus stelle den Studierenden neueste Medizintechnik zur Verfügung, unter anderem auch einen 3-D-Anatomie- und Seziertisch. In Laboratorien könnten sich die Studierenden anspruchsvollste medizinische Fertigkeiten aneignen sowie forschungsbasierte Experimente durchführen.
Hightech-Hörsäle, sowie -Seminarräume und mit modernster Technik ausgestattete EDV-Arbeitsplätze rundeten das Angebot ab, heißt es beim UMCH. Das Studium führt nach Angaben des neuen Anbieters zu einer rumänischen Approbation, die aber europaweit gelte.
Europaweit anerkannter Abschluss
Ein Sprecher der Gesundheitsbehörde bestätigte dem Abendblatt zunächst nur, dass die rumänische Universität die Errichtung einer Niederlassung in Hamburg gemäß Paragraf 117a des Hamburger Hochschulgesetzes angezeigt hat. Soweit das Studium am UMCH zu einem Abschluss in Rumänien führe, werde dieser laut einer EU-Richtlinie aus dem Jahr 2005 automatisch in der Europäischen Union anerkannt. Eine inhaltliche Überprüfung der Gleichwertigkeit der Ausbildung mit der deutschen Ausbildung finde nicht statt, so der Sprecher weiter.
Die Universität für Medizin, Pharmazie, Naturwissenschaften und Technik Neumarkt am Mieresch ist mit über 11.000 Studierenden die größte medizinische Universität Rumäniens.