Hamburg. Für Migranten wichtiger als die Würde des Menschen oder die Meinungsfreiheit: Der Literat und Künstler trägt Artikel 16 vor.
Warum das Grundgesetz so wichtig ist? Es ist das Grundgesetz! Der Name sagt es schon. Punkt! Da gibt es weder etwas zu interpretieren noch nachzudenken. Es gibt keine zwei Meinungen dazu. Wenn man es nicht akzeptiert, ist man nicht Teil unserer Gesellschaft.
Dass das Grundgesetz eine Renaissance erlebt, ist mir schleierhaft. Denn dass wir über etwas, das seit 70 Jahren existiert, so ein Trara machen müssen, ist erstaunlich. Da gibt es nichts zu bekennen. Es ist die essenzielle Ordnung unseres Staates, bei der es in den essenziellen Grundsätzen auch praktisch keine Möglichkeit zur Änderung gibt beziehungsweise die Hürde dafür extrem hochgesetzt wurde. Es wurde von den Gründern aus gutem Grund so erdacht, dass jede Änderung schwierig ist. Der Artikel 16 ist ein Artikel, mit dem ich mich früher gar nicht befasst habe. Bis vor zehn Jahren hatte ich die iranische Staatsbürgerschaft, seitdem habe ich die deutsche. Mit der Einbürgerung wird der Artikel erst greifbar. Pflichten habe ich vorher schon gehabt, zum Beispiel das Zahlen von Steuern.
Ich hatte Pflichten, aber keine Rechte, das ist kein gutes Gefühl. Als ich die Rechte bekommen habe, habe ich überlegt, was ich damit mache, wie ich das Land präge. Mich betrifft dieser Artikel. Obwohl ich hier groß geworden bin, habe ich nach wie vor das Gefühl, Migranten sind Deutsche zweiter Klasse -- wenn die falschen Leute an die Macht kommen, erst recht. Das ist eine gruselige Vorstellung. Der Artikel 16 ist der wichtigste für Migranten, wichtiger zum Beispiel als die Würde des Menschen, die Meinungsfreiheit oder die Gleichheit von Mann und Frau. Denn das nützt alles nichts, wenn man jemandem die Staatsbürgerschaft wegnimmt oder ihn trotz Staatsbürgerschaft zum Menschen zweiter Klasse macht.