Hamburg. Statt Bargeld hatte der Mann bei seiner Shopping-Tour einen extra umgerüsteten Gürtel zum Transport von Diebesgut dabei.
Für ihn bitte nur das Beste. Das schien das Motto von Bogdan M. (alle Namen geändert) zu sein. Exklusive Mode, Designer-Koffer, Handtaschen von Luxusherstellern: Gezielt pflegt der 65-Jährige auf alles zuzusteuern, was edel und teuer ist. Und als er das Alsterhaus betrat, wurde der Mann gleich als alter Bekannter identifiziert – aber keiner, auf dessen Besuch man sich freut. „Der ist schon x-mal bei uns aufgetreten“, erinnert sich eine Kaufhausdetektivin an den grauhaarigen zierlichen Mann.
Wieder pendelte der unerwünschte Gast zwischen Valentino, Yves Saint Laurent und Chanel. Statt Bargeld oder Kreditkarte hatte der Mann einen Seitenschneider und einen extra umgerüsteten Gürtel zum Transport von Diebesgut dabei. Sylt, Hannover, Hamburg. Bogdan M., der aus Serbien stammt, scheint öfter auf Beutezug zu gehen und in Deutschland ganz gut herumzukommen. Seit kurz vor Weihnachten hat der Mann einen unfreiwillig sehr festen Wohnsitz: in einer Zelle des Untersuchungsgefängnisses.
Und wie es aussieht, könnte der gelernte Kaufmann auf längere Zeit im Knast einziehen, denn laut Anklage, die den vorbestraften 65-Jährigen vor das Schöffengericht gebracht hat, hat er bei seinem Diebstahl Gewalt angewendet. Bogdan M. soll im Alsterhaus eine Designerhandtasche im Wert von 1520 Euro gestohlen haben. Als ein Detektiv ihn stellte, so die Staatsanwaltschaft, habe der Täter dem Sicherheitsmann mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Würde sich dieser Vorwurf bestätigen, wäre das ein sogenannter räuberischer Diebstahl, der mit einer Mindeststrafe von einem Jahr bedroht ist.
„Er hat eine andere Erinnerung“
Monate zuvor soll er in einem anderen Kaufhaus mit einem Seitenschneider die Sicherung von zwei kleinen Koffern entfernt und die Gepäckstücke im Wert von fast 800 Euro mitgehen lassen haben. Bei ihm wurde auch ein sogenannter GPS-Jammer gefunden, ein Gerät, das einen elektronischen Diebstahlsalarm stören soll. Sein Mandant räume die Diebstähle ein, „mit größtem Bedauern“, sagt der Verteidiger von Bogdan M. „Aber an die angebliche Gewalt hat er eine andere Erinnerung.“ Er habe „eine kleine Tasche genommen“, erzählt der 65-Jährige, und das Diebesgut an seinem breiten, mit Haken ausgestatteten Gürtel befestigt.
Als er aus dem Geschäft flüchten wollte, habe ihn ein junger Mann „ganz stark festgehalten“, erzählt der Angeklagte. Dann sei er heruntergedrückt und am Arm verletzt worden. Der Detektiv sei auf ihn raufgefallen. „In dem Moment sah ich, dass er eine blutende Nase hat.“ Aber woher der Detektiv die Wunde habe, wisse er nicht. „Ich wollte nur verhindern, dass er mich zu Boden bringt. Bei einem Diebstahl ist es normal, dass ich in Stress gerate“, lautet die ungewöhnliche Rechtfertigung des Angeklagten.
„Und ich habe noch nie jemanden bei einem Diebstahl geschlagen“, betont er aufgebracht. Doch gerade zwei Monate vor der jüngsten Tat war der Serbe wegen eines vergleichbaren Vorfalls verurteilt worden. Und ein weiterer Prozess wegen Diebstahls steht ihm bevor, weil er im Verdacht steht, eine Verkäuferin geschubst zu haben, als sie ihn mit seiner Beute stellen wollte.
Polizisten sprachen von einem Faustschlag
Nervös beäugt Bogdan M. den Kaufhausdetektiv, den er verletzt haben soll. Schließlich hängt von dessen Aussage viel ab. Seine Chefin habe angerufen und ihn alarmiert, dass gleich ein Dieb an ihm vorbeikommen werde, erzählt der 29-Jährige. „Ich sprach den Mann an, der mich sofort zu attackieren versuchte. Ich brachte ihn zu Boden.“ Auch er selbst sei im Rahmen der Rangelei in die Waagerechte geraten. „Er hat mich so seitlich im Gesicht gedrückt. Dabei ist mein Kopf auf den Boden gekommen. Meine Nase fing heftig an zu bluten“, erinnert sich der Zeuge.
„Sie war gebrochen.“ Bis heute habe er mit den Folgen zu kämpfen, weil er nach wie vor schlecht Luft bekomme. Seine Chefin erinnert sich, dass ihr Kollege ihr „blutüberströmt entgegen gekommen“ sei. „Und er sagte: ,Der Mann hat zugeschlagen.‘“ Polizisten, die als Erste am Tatort waren, hatten notiert, das Opfer habe von einem Faustschlag gesprochen, der ihn zu Boden gebracht habe. „Der Mann sprach aber auch von einer Drehbewegung.“
Von einem Faustschlag könne nicht mehr ausgegangen werden, eine eher milde Strafe sei angebracht, sagte der Verteidiger. Der Staatsanwalt indes betont, dass einiges an körperlicher Gewalt eingesetzt worden sei. Zudem zeige Bogdan M. „eine erschreckende Rückfallgeschwindigkeit“. Am Ende verhängt das Schöffengericht genau die zwei Jahre und drei Monate Freiheitsstrafe, die die Staatsanwaltschaft gefordert hat. Bogdan M. lebe von Straftaten. „Er stiehlt vor allem hochwertige Güter“, sagt der Richter. „Und es ist unerheblich“, ob mit der Faust zugehauen oder ein anderer Schlag ins Gesicht versetzt wurde. „Es bleibt Gewalt.“