Hamburg. Töchter von Ian Karan haben eigenes Schmucklabel gegründet. Zusammenhalt wird bei ihnen großgeschrieben.
Es ist wahrscheinlich das kleinste Büro, das es mit Alsterblick in dieser Stadt gibt. Aber für die beiden Karan-Töchter ist es genau richtig. Jessica Karan und ihre ältere Schwester Navina Kracke strahlen, als sie die Tür im Souterrain des herrschaftlichen Bürohauses öffnen, von dem aus ihr Vater, der Unternehmer, Ex-Senator und Mäzen Ian Kiru Karan, seit Jahrzehnten seine Containerschiffgeschäfte leitet. „Wir sind so froh, dass unser Vater uns dieses Büro zur Verfügung stellt, es reicht ja momentan völlig aus“, sagt Navina und blickt zu den Wänden, an denen pinkfarbene Drucke und Fotocollagen hängen.
Label für Ringe und Ketten
Der Raum ist gefüllt mit zwei Computern, einem Fototisch mit Leuchten, einer Decke, auf der sanft glänzender Goldschmuck ruht. Und um diese kleinen Kostbarkeiten geht es den beiden, denn vor drei Monaten haben sie von hier aus ihr Unternehmen gestartet: OH OK Studio. Ein Label für Ohrschmuck, Fingerringe, Armreifen und Halsketten.
„Entstanden ist die Idee tatsächlich, als ich während meiner Studienzeit in Australien in Byron Bay am Stand saß“, sagt die 28-jährige Jessica, die gerade ihr Diplom in Film und Fotografie abgeschlossen hat. „Immer schon habe ich nach modischem Echtschmuck gesucht, den ich mir hätte leisten können. Aber nie etwas richtig Schönes und Hochwertiges gefunden. Deshalb habe ich mir schon immer Schmuck mit Perlen selbst gebastelt und sogar mit einer Goldschmiedelehre geliebäugelt.“
Faire Arbeitsbedingungen
Eine immer wieder auftretende Sehnenscheidenentzündung machte diese kreativen Pläne zunichte, doch der Wunsch, etwas selbst zu entwerfen, blieb. Jessica zeichnete drauflos, erste Schmuckentwürfe entstanden auf dem iPad. Diese zeigte sie ihrer Schwester und fragte, ob sie Lust auf ein gemeinsames Kleinunternehmen hätte. „Klar habe ich sofort Ja gesagt“, erinnert sich die Betriebswirtin und Zweifachmutter, die seit vielen Jahren eine Firma ihres Vaters in Teilzeit leitet.
Während sie von fairen Arbeitsbedingungen in der Schmuckbranche spricht, davon, wie auf Bali ihre vergoldeten Stücke entstehen, wie sie mit der Retoure von Probestücken umgehen, spielt sie an ihrem ziselierten Kettenanhänger aus Gold. Dazu trägt sie ein paar schlichte Creolen aus ihrer ersten Kollektion. Schwester Jessica mag es lieber üppig. Sie lacht und sagt: „Ich finde es toll, wenn es überall glitzert, ich trage gern viel Schmuck, gleich mehrere Ringe und Ketten auf einmal.“
Gemeinsames Curry-Essen mit dem Vater
Jessica ist die Kreative, sie hat Ideen, macht die Entwürfe, fotografiert die Schmuckstücke dann selbst, bestückt die Homepage. Navina ist ein Zahlenmensch, sie rechnet liebend gern mit Excel-Tabellen, denkt alles durch. „Wir ergänzen uns da einfach perfekt“, sagt sie. Die beiden Frauen seien die perfekte Mischung aus den Talenten des Vaters, sagen sie: Ian Karan, auf der einen Seite der kalkulierende Unternehmer mit Geschäftssinn. Auf der anderen Seite liebt er das Musische, besucht mit Vorliebe das Hamburg Ballett und Theaterstücke. „Dazu hat unser Vater früher auch Logos selbst entworfen und gezeichnet. Das weiß kaum jemand, aber er hat wirklich ein Gespür dafür“, sagt Navina.
Und Vater Karan muss auch einen Sinn dafür haben, seine große Familie zu einen. Denn trotz der Trennung von seiner ersten Ehefrau, mit der er die Kinder Navina und Sohn Oliver hat, kocht er an gemeinsamen Familiensonntagen traditionelles Curry für alle. Es gibt Familienurlaube in Portugal; die Familientreffen zu Geburtstagen mit Ehefrau Barbara und den jüngeren Kindern Niclas und Jessica sind harmonisch – es wird viel gelacht. „Wir sind dann immer eine richtig große Gruppe, das genießen wir“, sagt Jessica. „Aber wir sind sicher auch keine Friede-Freude-Eierkuchen-Familie, wir setzen uns miteinander auseinander und diskutieren es aus, wenn wir uns auf die Nerven gehen.“
Die Schwestern Navina und Jessica haben allerdings schon immer ein besonders inniges Verhältnis zueinander gehabt: Der Altersunterschied von 14 Jahren, die Tatsache, dass sie unterschiedliche Mütter haben, nie unter einem Dach lebten – all das scheint nicht zu zählen. „Ich habe es geliebt, früher mit meiner älteren Schwester zusammen zu sein. Mit ihr Serien zu schauen, die Fingernägel zu lackieren oder einfach zu erzählen“, sagt Jessica, die in Wellingsbüttel aufgewachsen ist und ihre Schwester oft im nahe gelegenen Bergstedt besucht hat.
Ein Teil der Erlöse geht an einen guten Zweck
Der Zusammenhalt ist groß: In einer Familien-WhatsApp-Gruppe werden Daten für Treffen verabredet – auch wenn es vor allem die Frauen sind, die hier Informationen einstellen. Für Navina und Jessica bedeute familiäre und emotionale Nähe jedoch nicht, dass jeden Tag telefoniert werden muss, vielmehr gehe es um das Gefühl, was alle füreinander hätten. „Ich denke, man sieht es auch daran, dass sich unsere Eltern am allermeisten gefreut haben, als wir ihnen gesagt haben, dass wir diese Firma zusammen machen werden“, sagt Jessica. „Das ist schon ein tolles Gefühl zu wissen, dass wir ihre Unterstützung und ihr Vertrauen haben.“
Die Karans haben ein Herz aus Gold
Und nicht nur das unternehmerische Denken scheint in der Familie zu liegen -- auch der karitative Anspruch ist den Karan-Töchtern wichtig: „Zehn Prozent aus dem Verkauf unserer Stücke, die ein Herzmotiv haben, gehen an den Förderverein des Universitären Herzzentrums“, sagt Navina. Hier ist Barbara Karan die Vorsitzende.
Ein bisschen haben sie es wohl alle, diese Karans: das Herz aus Gold.