Hamburg. 125 Millionen Euro bekommt Hamburg aus der Bundeskasse – jetzt muss das Geld sinnvoll investiert werden.

In fast allen Bundesländern dürften am Mittwochabend die Sektkorken geknallt haben – denn die Einigung auf Bundesebene auf den „Digitalpakt“ ermöglicht es ihnen, insgesamt fünf Milliarden Euro aus Bundesmitteln innerhalb von fünf Jahren in die Digitalisierung ihrer Schulen zu investieren. Auf Hamburg entfallen davon 125 Millionen Euro. Dennoch konnte man in den vergangenen Monaten mitunter den Eindruck gewinnen, dass die Stadt den Digitalpakt gar nicht braucht, weil sie bei dem Thema aus eigener Kraft schon sehr weit gekommen ist.

So hatte der Senat mehrfach betont – unter anderem vor zwei Monaten auf eine Kleine Anfrage der CDU –, dass es an Hamburgs Schulen bereits 30.000 Computer für die Schülerinnen und Schüler gebe. Rechnerisch würden sich 5,4 Schüler ein Gerät teilen, das sei deutlich besser als im Bundesdurchschnitt, der bei 11,5 Schülern pro Computer liege. Sogar bundesweit einzigartig sei es, dass in Hamburg alle staatlichen Schulen an das schnelle Glasfasernetz angebunden seien und jeder Klassenraum einen eigenen Netzwerkanschluss besitze. Die Aufzählung umfasste noch etliche weitere Punkte und erweckte den Eindruck: In Hamburg ist schon alles auf einem guten Weg.

Für CDU-Bildungsexpertin Birgit Stöver stellte sich die Sachlage jedoch anders dar: Demnach gab es seinerzeit an gerade einmal sechs der 409 Hamburger Schulen schnelles Internet, während die große Mehrheit der Schulen so langsame Anschlüsse habe, dass es nicht einmal für gängige Anwendungen reiche. Auch die Aussage des Senats, jede Schule verfüge über mindestens einen WLAN-Zugangspunkt, fand Stöver „lächerlich“, denn dieser sei meist im Lehrerzimmer angesiedelt und daher für Schüler nicht nutzbar. Und bei den 30.000 Computern sei offenbar jedes noch so alte Gerät mitgezählt worden. Mit anderen Worten: Hamburg hat noch viel zu tun.

CDU: Der Senat ist in der Pflicht

Tatsächlich liegt die Wahrheit irgendwo in der Mitte. Die Stadt ist in einigen Bereichen offenbar weiter als andere Länder, hat aber gleichwohl noch viel Luft nach oben. Und daher waren auch in der Hansestadt der rot-grüne Senat und die Opposition gleichermaßen froh über den Durchbruch beim Digitalpakt.

„Wir können das Lernen und Unterrichten in den Schulen jetzt besser auf die Anforderungen der digitalen Zukunft einstellen“, sagte Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD). Die vereinbarte Grundgesetzänderung ermögliche es dem Bund, die Länder zu unterstützen, ohne deren Selbstständigkeit beim Thema Bildung infrage zu stellen. Bildungssenator Ties Rabe (SPD) betonte, dass Hamburg bei einigen Zielen des Digitalpakts, wie der WLAN-Ausstattung und der Ausrüstung der Schulen mit Hardware, schon relativ weit sei. Daher habe man eine Sonderregelung durchsetzen können, nach der die Stadt bis zu 25 der 125 Millionen Euro in den Erwerb mobiler Endgeräte (etwa Tablets) für die Schüler investieren darf. Ob Bundesmittel dafür verwendet werden dürfen, war wegen der Kultushoheit der Länder lange umstritten.

Hamburg hat in Erwartung des Digitalpakts auch bereits mit der Aus- und Fortbildung der Lehrer begonnen. Am Donnerstag haben sich rund 400 Vertreter der Schulen für den Digitalbereich am Landesinstitut für Lehrerbildung zu einer Auftaktveranstaltung getroffen. „Der Senat ist in der Pflicht, die nun durch den Digitalpakt ermöglichten In­frastrukturinvestitionen durch mehr qualitative Maßnahmen zur Steigerung der Digitalkompetenzen bei Schülern und Lehrern zu flankieren“, sagte CDU-Bildungspolitikerin Birgit Stöver. Zuerst müsse zwar in flächendeckendes, leistungsfähiges WLAN und digitale Endgeräte investiert werden.

Einigung auf Bundesebene

Doch die Schulung aller Lehrer und die Etablierung von interaktiven Lernplattformen gehörten ebenso dazu: „Nur durch ein optimales Zusammenspiel von Infrastruktur und kompetentem Unterricht können wir die Schüler fit für den Arbeitsmarkt von morgen machen“, so Stöver. „Selbst das schönste Tablet hilft nur dann weiter, wenn man damit mehr anfangen kann, als Videos zu gucken.“

Auch die FDP-Fraktionsvorsitzende Anna von Treuenfels-Frowein begrüßte die Einigung auf Bundesebene, zu der auch ihre Partei beigetragen habe: „Endlich kommen die Mittel aus dem Digitalpakt, und es kann nicht nur in Kabel, sondern auch in kluge Köpfe investiert werden.“ Weil Digitalkompetenz nur vermitteln könne, wer auch selbst digital kompetent ist, müsse dieses Thema ein wichtiger Bestandteil der Lehreraus- und -weiterbildung werden. Im Übrigen nehme sie Senator Rabe beim Wort: „Wir fordern schnelles WLAN in sämtlichen Klassenzimmern, professionelle Wartung der Technik durch Systemadminis­tratoren und eine Selbstverpflichtung des Senats, das Thema Digitale Bildung nicht weiter zu verschleppen.“

Die Einigung auf Bundesebene umfasst zudem zwei geplante Grundgesetzänderungen, die es ermöglichen sollen, dass der Bund die Länder auch beim Wohnungsbau und bei Verkehrsprojekten stärker unterstützt. Hier ist aber noch unklar, inwiefern Hamburg davon profitieren kann oder wird.