Hamburg. Zwar geht die Zahl der Fälle zurück, doch bestimmte Hotspots bleiben. Höchste Aufklärungsquote in Hamburgs Süden.

Fahrraddiebe haben leichtes Spiel in Hamburg. Zwar geht die Zahl der Diebstähle seit Jahren zurück. Sie sank von 17.485 im Jahr 2016 auf 13.718 im Vorjahr. Doch die Quote der aufgeklärten Fälle liegt nach wie vor bei mageren 3,3 Prozent.

„Fahrraddiebstahl scheint für die Diebe in Hamburg leider eine sichere Sache zu sein“, sagt Dennis Thering, verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion. „Eine Aufklärungsquote von nur 3,3 Prozent ist ein Armutszeugnis für den Senat.“

Eimsbüttel hat Spitzenposition bei Rad-Diebstählen

In welchen zehn Stadtteilen im Vorjahr die meisten Räder gestohlen wurden, hat die CDU-Fraktion jetzt mit einer Kleinen Anfrage an den Senat herausgefunden. Die traurige Spitzenposition hat demnach Eimsbüttel mit 754 erfassten Fällen, von denen ganze 19 aufgeklärt worden sind. Es folgen St. Pauli (633), Altona-Altstadt (584), Ottensen (515), Winterhude (500), St. Georg (496), Altona-Nord (454), Rahlstedt (392), Neustadt (391) und Altstadt (386).

Auf Bezirksebene führt Altona mit 3061 Fällen die Klau-Statistik an, dann kommen die Bezirke Mitte (2794), Hamburg-Nord (2638), Eimsbüttel (2101) und Wandsbek (2098). Weit dahinter liegen Harburg (524) und Bergedorf (452). Im Verhältnis zu den Anzeigen hat die Polizei im Süden der Stadt die meisten Fälle aufgeklärt – die Quote liegt bei fünf Prozent. Oder 26 Fällen.

Stadtstaaten belegen vordere Plätze

Deutschlandweit rangiert Hamburg auf Platz 3 der Diebstahlstatistik, wie der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) errechnet hat. Nur in Bremen und Berlin wurden 2017 pro 100.000 Einwohner geringfügig mehr Fälle erfasst.

In diesem Ranking belegen die drei deutschen Stadtstaaten stets die vorderen Plätze. Die Besitzer sind laut GDV mit 90 Millionen Euro entschädigt worden – immerhin fiel die Schadenssumme damit zehn Prozent geringer aus als im Jahr zuvor.

Nicht bekannt ist, welche Modelle abhanden kommen, denn die Anzeigen werden bei der Polizei nicht nach dem Wert des Diebesgutes differenziert. So geht ein semi-elektronisch betriebenes Pedelec für ein paar Tausend Euro genauso in die Kriminalitätsstatistik ein wie jedes x-beliebige Schrottrad.

Alte Räder sind oft nicht codiert

Hinzu kommt eine Vielzahl mutmaßlich gestohlener Fahrräder, die irgendwo in der Stadt aufgefunden, aber keinem Eigentümer zugeordnet werden können. Gerade ältere Räder sind meist nicht codiert.

Ein echtes Dilemma, wie sich Ende April 2017 zeigte, als die Polizei in einem Lager an der Billstraße 1500 klapprige, offenbar gestohlene Fahrräder sicherstellte. 15 Polizei-Lkw transportierten die Velos ab und brachten sie ein Jahr später zurück: Weil die Polizei trotz intensivster Bemühungen nicht feststellen konnte, wem die Räder gehören und ob sie aus Straftaten stammen, mussten sie dem letzten „Gewahrsamsinhaber“, den beiden Chefs der Firma an der Billstraße, wieder ausgehändigt werden.

Nur 20 der 1500 Räder sollen die Brüder „in Kenntnis der deliktischen Herkunft“ erworben und zum Weiterverkauf aufbewahrt haben. Gegen sie hat die Staatsanwaltschaft Anklage wegen gewerbsmäßiger Hehlerei erhoben. Zuletzt hat die Polizei im Oktober 2018 bei einer Großrazzia – ebenfalls an der Billstraße – 100 hochwertige Fahrräder beschlagnahmt. Immerhin tauchte rund ein Drittel davon in der Fahndungskartei der Polizei als gestohlen auf.

Räder werden nach Osteuropa und Afrika verkauft

Als Hauptabsatzmärkte für geklaute Räder gelten Osteuropa und Afrika, hierzulande werden sie häufig auf Flohmärkten oder Internet-Anzeigeportalen versetzt. Ein gutes Rad mit einem Neuwert von mehr als 1000 Euro wird ab 200 Euro gehandelt. Zuständig für die „herausragenden Fälle“ ist indes die Arbeitsrate Fahrrad (LKA 13).

Eine kleine Abteilung, besetzt mit nur vier Beamten, die mit viel Engagement organisierte Diebes- und Hehlerbanden jagt. Fahrraddiebstahl ist und bleibt aber vor allem ein Massendelikt, bei dem die Täter gewöhnlich kaum Spuren am Tatort hinterlassen. Wird ein Dieb nicht auf frischer Tat ertappt, ist die Chance gering, ihn zu fassen.

Angesichts der miesen Aufklärungsquote fordert Thering vom Senat mehr Einsatz. „Wir wollen mit einem umfangreichen Maßnahmenpaket den Fahrraddieben das Handwerk legen.“ Dazu gehören mehr Personal im LKA, die Einführung von Videoschutz an Fahrradabstellanlagen und eine Ausweitung der Fahrradregistrierung.

Polizei setzt auf Prävention

Ob die Polizei für das Phänomen zusätzliches Personal abstellen kann, ist unwahrscheinlich. Ihre Ressourcen sind knapp, weil sie zähe Schlachten auf anderen, wichtigen Kriminalitätsfeldern (Drogen, Einbruch, Betrug) schlagen muss. Sie setzt daher auf Prävention.

Bei jeder Gelegenheit werben Beamte für eine Codierung der Räder und eine Sicherung, die den Namen verdient. Als verlässlich gelten teure Schlösser mit dem VdS-Siegel. Um den Dieben die Arbeit zu erschweren, fordert der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club in Hamburg (ADFC) außerdem den Bau weiterer Fahrradabstellanlagen, die einen hohen Schutz gegen Kriminelle bieten.

13 Anlagen neueren Typs gibt es aktuell an den Hamburger Schnellbahn-Haltestellen, zehn sind im Bau, 36 weitere in Planung. Wie die Verkehrsbehörde auf Anfrage mitteilte, stünden zudem „Fahrradboxen- und Sammelschließanlagen“ an 102 Standorten bereit.

Die Zahl der Bike-and-ride-Plätze in Hamburg soll von heute rund 16.000 auf circa 28.000 im Jahr 2025 steigen. Hinzu kommen stadtweit zahlreiche Fahrradbügel – allein seit 2011 haben die Hamburger Bezirke insgesamt 3000 zusätzliche Bügel aufgestellt, die 6000 Fahrrädern Platz und Sicherheit bieten.