Hamburg. Teil 5: Kriminelle schlagen alle 36 Minuten in der Stadt zu – und nutzen fast jede Gelegenheit aus. Welche Schlösser sinnvoll sind.

Es gibt sie durchaus, die plötzlichen Volltreffer: Polizisten kontrollieren einen Lastwagen, öffnen das Heck – und sehen Dutzende Fahrräder. Alle gestohlen. „Wir nehmen die professionellen Täter und Hehler ins Visier“, sagt Frank Fürst, Chef der Soko „Fahrrad“. In solchen Momenten deutet sich an, wo viele der Tausenden Fahrräder bleiben, die in Hamburg verschwinden. Aus Hauseingängen, Kellern, von Dach­böden, Bahnhöfen. Selbst mitten von belebten Bürgersteigen, während der Besitzer nur kurz im Drogeriemarkt ist.

Ein ganz genaues Bild hat auch die Polizei nicht, dafür ist die Aufklärungsquote mit 3,3 Prozent zu gering. Mehr als 14.000 Fahrräder wurden im vergangenen Jahr in Hamburg gestohlen – die Zahlen sanken im Jahr 2017 deutlich, stiegen in diesem Sommer aber zeitweise wieder sprunghaft an. „Je mehr Fahrräder draußen unterwegs sind, desto mehr ist es für die Täter wie auf einem Marktplatz, wo man sich etwas Schönes aussuchen kann.“ Statistisch schlagen die Täter alle 36 Minuten zu.

Zahlreiche Gelegenheiten für Diebe

Worauf es die Kriminellen abgesehen haben? „Die ganze Bandbreite“, sagt Fürst. „Meist sind die gestohlenen Räder zwischen 300 und 1000 Euro wert, aber auch das alte Hollandrad für 50 Euro wird mitgenommen.“ Bei der Soko unterscheiden sie grob drei Tätertypen: die Banden, die Fahrräder oft binnen weniger Tage ins Ausland bringen; die Gelegenheitstäter, die schlecht gesicherte Fahrräder stehlen – und Menschen, die sich mit Fahrradklau ihre Drogen- oder Spielsucht finanzieren.

Die Gelegenheiten sind in Hamburg so zahlreich, dass es fast eine Illusion ist, sein Fahrrad diebstahlsicher zu machen. „Auffällig ist, dass die Häufigkeit der Taten jeweils in Richtung der Innenstadt zunimmt“, sagt Fürst. An zahlreichen möglichen Zeugen scheinen sich die Täter nicht zu stören. Die Soko appelliert an Hamburger, unbedingt zu melden, wenn sie etwas Verdächtiges beobachten. „Nach unserer Wahrnehmung steigt die Achtsamkeit in diesem Bereich an“, so Fürst.

Für die Besitzer gibt es mehrere wichtige Regeln, um das Risiko zu verringern. Sein Fahrradschloss etwa nur um einen Reifen zu schließen, ist eine schlechte Idee. „Wir haben Fälle, in denen die Diebe mitten am Tag einfach mit dem Transporter vorbeifahren und das Rad einladen.“

Es kommt auch auf die Höhe des Schlosses an

Der Soko-Chef betont, dass es auch einen gewaltigen Unterschied machen kann, in welcher Höhe das Fahrrad gesichert ist. „Je tiefer das Schloss, desto mehr können die Diebe noch den Boden als Hebelfläche benutzen. Je höher allerdings, desto mehr werden sie zu auffälligen, unnatürlichen Bewegungen gezwungen. Und das mögen sie ganz und gar nicht“, sagt Frank Fürst.

Bei der Frage, welche Art von Fahrradschloss überhaupt gekauft werden sollte, ist die Empfehlung der Polizei klar: „Wir raten zu Bügel- und Faltschlössern“, sagt Fürst. Kettenschlösser seien meist einfach mit dem Bolzenschneider aufzuknacken. „Man sollte sich auch nicht vom Markenschriftzug blenden lassen. Die Hersteller stellen sehr gute, aber eben auch unzureichende Schlösser her“, sagt Frank Fürst.

Jeder Fahrradbesitzer sollte sich laut Polizei beim Kauf an Testberichte halten, etwa von ADFC und Stiftung Warentest. „Es gibt unterschiedliche Skalen für die Sicherheit der Fahrräder auf den Verpackungen, sinnvoll ist nur die höchste Stufe“, so Fürst – also etwa ein Schloss mit der Angabe 15/15. Achten Sie auf das sogenannte VdS-Siegel auf der Verpackung – Schlösser mit dieser Auszeichnung seien verlässlich. Die schlechte Nachricht: „Qualität hat ihren Preis. Wir empfehlen, lieber mehr Geld zu investieren als zu wenig.“

Drei Minuten brauchen die Täter

Drei Minuten, so eine Faustregel, bringen die Täter maximal auf, um ein Fahrrad zu knacken. „Die beste Sicherheit gibt es mit zwei Schlössern, am besten von zwei unterschiedlichen Bau­arten“, sagt Frank Fürst. Diebe seien häufig nur auf eine Art von Fahrradschlössern spezialisiert. Neben der Sicherung rät die Polizei dringend dazu, möglichst alle Details zum eigenen Fahrrad festzuhalten – heute geht das per Handy-App („Fahrradpass“). Auf der Website polizei.hamburg.de/fahrradcodierung bietet die Polizei eine Übersicht von Händlern und Terminen, um das Rad kennzeichnen zu lassen.

„Die Vorteile einer Codierung sind nicht zu unterschätzen“, sagt Frank Fürst. „Selbst wenn Diebe die Nummer abschleifen, können wir sie in einigen Fällen mit Kriminaltechnik wieder sichtbar machen.“ Vor allem erhöht eine Codierung rapide die Chance, ein gestohlenes Fahrrad zurückzuerhalten – wenn eine Bande ertappt wurde oder ein Gelegenheitstäter das Fahrrad wieder am Straßenrand zurückgelassen hat.

Das Abendblatt, die Polizei und der Weiße Ring veranstalten am Sonntag im Museum der Arbeit (Wiesendamm 3) von 11 bis 17 Uhr das „Sicherheitsforum für Hamburg“ mit vielen Experten. Tickets sind für 9 Euro (zzgl. Gebühren) im Internet unter abendblatt.de/leserservice, Tel. 30 30 98 98 und in der Geschäftsstelle (Großer Burstah 18–32) erhältlich.

Die Serie

  • Teil 1: Wie sicher ist Hamburg?
  • Teil 2: Wie schütze ich mich vor Einbrüchen?
  • Teil 3: Wie schütze ich meine Kinder?
  • Teil 4: Wie schütze ich mich vor Taschendiebstahl?
  • Teil 5: Wie schütze ich mein Fahrrad und mein Auto?
  • Wie schütze ich mich vor Betrug?