Hamburg. Es gebe Zweifel an der Schuldfähigkeit von Mado Bido M. Seine Tat sei im Affekt passiert – und Opfer Sandra P. nicht arglos gewesen.
Ganz zum Schluss macht der Mann, der zwei Menschen getötet hat, seinem Unverständnis Luft. Warum er überhaupt in Hamburg bleiben müsse, fragt Mado Bido M. Warum er nicht in sein Heimatland Niger zurück kehren dürfe. Die Taten, die er begangen hat, seien „eine Sünde. Ich bitte um Vergebung“. Aber, betont der 34-Jährige: „Ich will kein Urteil in diesem Land!“
Der Mann wird sich einer Verurteilung in Deutschland gleichwohl stellen müssen. Dass er seine frühere Lebensgefährtin und seine kleine, 21 Monate alte Tochter Mariam vor knapp zehn Monaten am Bahnhof Jungfernstieg mit Messerstichen umgebracht hat, mitten im Herzen der Stadt, fordert eine Bestrafung.
Sein Verteidiger plädiert für eine zeitlich begrenzte Freiheitsstrafe wegen Totschlags in zwei Fällen. Im Gegensatz zur Staatsanwältin, die von einer vollständigen Schuldfähigkeit des Angeklagten überzeugt ist, meint der Verteidiger, sein Mandant sei „jedenfalls nicht ausschließbar nur eingeschränkt schuldfähig“ gewesen. Die Staatsanwaltschaft hatte lebenslange Haft wegen Mordes in zwei Fällen sowie die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld gefordert. Die Verbrechen seien in der Art einer „hinrichtungsartigen Bestrafung“ sowie heimtückisch und aus niedrigen Beweggründen erfolgt. Mado Bido M. habe die Tochter „zum Werkzeug seiner Rache“ an der Mutter gemacht, so die Anklägerin.
Verbrechen sei eine Affekttat gewesen
Wie die Staatsanwaltschaft auch hält der Anwalt den Sorgenrechtsstreit um Mariam als das Motiv dafür, dass Mado Bido M. am 12. April vergangenen Jahres seine Ex-Partnerin und die Tochter getötet hat. Die Taten hatte der 34-Jährige bereits am ersten Verhandlungstag eingeräumt. Die Wahrnehmung seines Mandanten sei es gewesen, dass er um die Vaterschaft habe kämpfen müssen, sagt Verteidiger Tim Burkert. Er habe gemeint, dass alle anderen gegen ihn agieren. Zudem habe Mado Bido M. geglaubt, dass der neue Lebensgefährte von Sandra P. die Vaterrolle bei Mariam einnehme und zudem einen Voodoo-Zauber einsetze, um einen Keil zwischen den 34-Jährigen und Sandra P. sowie die gemeinsame Tochter zu treiben.
Nach einer Verhandlung beim Familiengericht am 11. April vergangenen Jahres, bei der ihm erklärt wurde, dass er keine Chance habe, das gemeinsame Sorgerecht für Mariam zu bekommen, habe Mado Bido M. den Eindruck gehabt, „seine Rechte würden mit Füßen getreten“, so Burkert. Nicht das Wohl der Tochter habe im Zentrum von M.s Denken gestanden, „sondern seine eigenen Rechte an Mariam“. Am 12. April schließlich habe der 34-Jährige das spätere Tatmesser eingepackt und den „vagen Gedanken“ gehabt, den neuen Partner von Sandra P. zu töten, wenn er ihm begegnet.
Vater ersticht Kind und Mutter am Jungfernstieg
Als er später bei einem Treffen in der S-Bahn eine Bemerkung seiner Ex-Freundin so verstanden hat, als dürfe er seine Tochter nicht wiedersehen und als wolle sie die Polizei rufen, sei in diesem Moment „ein vager Tatentschluss zu einem konkreten geworden“. Die Wahrnehmung des Angeklagten sei gewesen, „dass alles feindselig auf ihn gerichtet ist“. Deshalb habe er erst seine Tochter und dann Sandra P. „aus einem spontanen Entschluss getötet“, das Verbrechen sei eine Affekttat, argumentiert der Verteidiger.
Außerdem gebe es Hinweise für eine „psychiatrisch relevante, erhebliche Erkrankung“. Darüber hinaus habe Heimtücke nicht vorgelegen. Sandra P. habe schon zuvor Bekannten berichtet, dass ihr früherer Partner Todesdrohungen gegen sie ausgesprochen habe. Auch habe sie laut Zeugen während des heftigen Streits im Zug und kurz vor der Tat gesagt, sie werde die Polizei rufen. „Das alles spricht dafür, dass sie nicht arglos war.“
Am 15. Februar soll das Urteil verkündet werden.