Hamburg . Angeklagter weigerte sich zunächst, den Gerichtssaal zu betreten. Ihm wurden Handschellen und Fußfesseln angelegt.

Erst sträubte sich Mado Bido M., überhaupt bei der Hauptverhandlung dabei zu sein. Dann setzte er sich kurzzeitig mit dem Rücken zum Gericht hin, störte mehrfach durch Dazwischenreden. Doch ob der 34-Jährige wollte oder nicht: Den Antrag der Staatsanwaltschaft, wie die Tötung einer Mutter und ihrer kleinen Tochter Mariam am Bahnhof Jungfernstieg zu bestrafen sei, musste der Angeklagte mit anhören. Lebenslange Freiheitsstrafe wegen Mordes in zwei Fällen forderte die Vertreterin der Anklage für das Verbrechen, das am 12. April auf einem Bahnsteig vor den Augen zahlreicher entsetzter Passanten begangen wurde.

Die Tat sei eine „hinrichtungsartige Bestrafung“ gewesen, so die Anklägerin. Als Mordmerkmale nannte die Staatsanwältin niedrige Beweggründe und Heimtücke. Zusätzlich zu der lebenslangen Haft sei die besondere Schwere der Schuld festzustellen. Damit wäre eine Entlassung des 34-Jährigen nach Verbüßung von 15 Jahren praktisch ausgeschlossen. Der Angeklagte sei bei Begehung der Taten „voll schuldfähig“ gewesen, ist die Staatsanwältin überzeugt. Mado Bido M. habe seine frühere Lebensgefährtin bestrafen wollen und bei seinen Verbrechen das Kind „zum Werkzeug seiner Rache“ an der in der Nähe stehenden Mutter gemacht. „Mariam war besonders hilflos“, so die Anklägerin. Der 34-Jährige, der eigentlich der Beschützer für das Leben seiner Tochter sein sollte, habe Mariam „zu einem bloßen Objekt seines Handelns degradiert und sie als Werkzeug seiner Rache an ihrer Mutter instrumentalisiert“.

Mado Bido M. hatte bereits zum Prozessauftakt im Oktober eingeräumt, seine frühere Lebensgefährtin Sandra P. und die gemeinsame 21 Monate alte Tochter Mariam getötet zu haben. Sandra P. war durch einen Stich in den Oberkörper gestorben, ihre Tochter durch eine schwerste Messerverletzung am Hals. Mado Bido M. war vor dem Angriff in der S-Bahn seiner früheren Lebensgefährtin, deren neuem Partner sowie der kleinen Mariam und deren drei Jahre altem Bruder begegnet. Zwischen den Erwachsenen hatte sich ein Streit entwickelt.

Anklägerin muss Plädoyer unterbrechen

Die Staatsanwältin ist überzeugt, dass der Angeklagte den Entschluss für seine Tat bereits beim Aussteigen aus der Bahn gefasst hat. Hintergrund des Verbrechens sei ein Sorgerechtsstreit mit der Frau gewesen. „Das ist mein Kind. Das nimmt man mir nicht weg“, hatte Mado Bido M. über Mariam gesagt und bei einer Vernehmung bei der Polizei sinngemäß Folgendes geäußert: „Meine Ex-Freundin hat mich und mein Kind getrennt. Sie hat ein schönes Leben, und ich muss leiden? Das mache ich nicht mit.“ Zu Beginn des Prozesses hatte sein Verteidiger in seinem Namen gesagt, die Verbrechen seien „bei Gott eine Sünde“.

Über Wochen hatte der Angeklagte die Hauptverhandlung relativ still und gefasst verfolgt. Doch zunehmend schien er nicht mehr zuhören zu wollen. Schon am vergangenen Montag hatte der 34-Jährige sich nicht in den Saal bringen lassen wollen. Weil er sich am Freitag erneut sträubte, ordnete das Gericht an, dass ihm neben Handschellen auch Fußfesseln angelegt werden müssten. Vier Justizbeamte brachten den lauthals protestierenden Mann aus Niger in den Gerichtssaal. Auch als die Verhandlung begann, störte der Angeklagte wiederholt durch Dazwischenreden und Kramen in einer mitgebrachten Plastiktüte, ebenso während die Staatsanwältin ihr Plädoyer hielt. Deshalb musste die Anklägerin ihren Schlussvortrag einmal unterbrechen.

Verteidiger hält M. für vermindert schuldfähig

Mado Bido M. fordert, mit dem nigrischen Botschafter sprechen zu können. Offenbar weil dies bisher nicht passiert ist, wollte der 34-Jährige nicht weiter an der Verhandlung teilnehmen. Sein Verteidiger hatte angeregt zu untersuchen, ob sein Mandant überhaupt verhandlungsfähig sei. Dies ist nach Auskunft einer Ärztin zumindest bis auf Weiteres der Fall.

Zudem hatte das Gericht einen weiteren Antrag des Verteidigers abgelehnt, den psychiatrischen Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen und ein neues Gutachten einzuholen. Es bestünden keinerlei Anzeichen für eine Voreingenommenheit des Sachverständigen, begründete die Kammer ihre Entscheidung. Der Verteidiger geht davon aus, dass Mado Bido M. bei der Tat vermindert schuldfähig war.

Laut dem Gutachter ist jedoch eine Affekttat auszuschließen, auch gebe es keine Hinweise auf eine wahnhafte Störung. Der Angeklagte sei demnach voll schuldfähig. Dem folgte die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer. Am kommenden Montag sind in dem Prozess die Schlussvorträge der Nebenklage-Vertreter geplant.