Hamburg. Viele Kiez-Anwohner haben sich mit dem lauten „Move“ einmal im Jahr arrangiert. Aber der Müll und die Wildpinkler sind ein Ärgernis.

Was ist schon normal auf St. Pauli? Vor allem am Wochenende mutiert der Stadtteil zur riesigen Partyzone. Überall in den Kneipen, Clubs und Bars wird gefeiert, und Junggesellenabschiede aus ganz Europa nehmen die Reeperbahn in Beschlag.

Und dann gibt es – Hossa! – einmal im Jahr den Schlagermove. Doch wie lange noch?

Hamburgs größte Party ist angezählt. Der Cityausschuss der Bezirksversammlung Mitte hat am 22. Januar diskutiert, ob die Veranstaltung den Stadtteil und seine Bewohner nicht zu stark beeinträchtigt. Vermüllung und Wildpinkler sind das große Problem, über das sich manche Anwohner seit Jahren beschweren.

Schlagermove wird wohl kommen

Die Bezirksversammlung soll noch im Februar die Genehmigung für die Sondernutzung der Gehwege für den Schlagermove am 13. Juli erteilen. Auch wenn es viele Diskussionen gab, wird die Politik der Veranstaltung nach Abendblatt-Informationen auch dieses Jahr wieder zustimmen. Für die Sperrung der Straßen ist die Polizei verantwortlich, und die Genehmigung für die Nutzung des Heiligengeistfeldes muss die Wirtschaftsbehörde erteilen.

Ein Kritiker ist Mittes Grünen-Fraktionschef Michael Osterburg: „Die rege Beteiligung an der öffentlichen Anhörung im letzten Cityausschuss hat gezeigt, dass es gut war, die Durchführung des Schlagermoves noch einmal intensiv zu diskutieren“, sagt er. In den letzten Jahren seien die Auflagen immer weiter erhöht worden, um die Belastung der Bevölkerung in den betroffenen Wohngebieten in Grenzen zu halten, so Osterburg.

Doch wie ist die Stimmung auf St. Pauli selbst? „Diese Diskussion ist völliger Quatsch!“ sagt Gerd Reese. „Das ist die friedlichste Veranstaltung im Jahr, und mehr Müll als an jedem anderen Wochenende bleibt auch nicht liegen. Die machen das ja sauber ...“ Reese spricht aus Erfahrung. Seit 74 Jahren lebt er auf St. Pauli und hat „hier schon alles erlebt“. Da ist dieses Event „einmal im Jahr überhaupt kein Problem“.

Schlimm sind die Wildpinkler

Etwas kritischer sieht es Harald Nowakowski. Der Rentner nimmt den Müll und die unerlaubten Pinkler als „schon sichtbar schlimm“ wahr. Auch die Dixi-Klos seien oft viel zu schnell verdreckt, sodass „da ja auch keiner raufgehen will“. Nowakowski schlägt vor, mehr Reinigungskräfte einzusetzen oder andere Toilettentypen an die Strecke zu stellen.

Und wer soll das bezahlen? Der Veranstalter macht aus Nowakowskis Sicht schon „alles, was in seiner Macht steht“. Aber die Stadt „soll sich doch einfach mal daran beteiligen. Die nehmen doch auch jede Menge dadurch ein!“ Die Veranstaltung als solche sei „eine Bereicherung“, findet Nowakowski.

Doch die Meinungen sind geteilt. „Wir nehmen es in Kauf ...“, sagt Pegah Petrovic, die einen Kinderwagen über den Hamburger Berg schiebt. „Man weiß ja, worauf man sich hier einlässt.“ Es sei nervig, aber die ganze Veranstaltung abzusagen, sei auch keine Lösung.

Anwohnerin Natascha Schlüter ist da rigoroser. „Unser Haus ist ein beliebter Pinkel-Spot, und besoffen werden die Leute auch immer früher. Das ist eine Belastung, die nicht sein muss.“

Wichtige Einnahmequelle

Für die Gastronomen auf dem Kiez aber ist der Schlagermove eine sichere Einnahmequelle: „Wieso wird über ihn so viel diskutiert?“, fragt Regina, Kellnerin der Pilsbörse an der Friedrichstraße. „Das ist für uns Gastronomen jedes Jahr ein Segen – das umsatzstärkste Wochenende! Das brauchen wir hier“, sagt sie. Über andere Veranstaltungen diskutiere man auch nicht. „Ansonsten“, sagt Regina, die selber auch auf dem Kiez wohnt, „müssten wir ja auch Silvester abschaffen ...“

Unterstützung für die große Schlagerparty kommt auch von Hamburg- Tourismus-Chef Michael Otremba: „Großveranstaltungen wie der Schlagermove sind wichtig für Hamburg, denn sie tragen dazu bei, unsere Stadt bunt, abwechslungsreich und lebenswert zu machen. Seit Jahren hat der Schlagermove ein begeistertes Publikum. Die Nachfrage seitens der Hamburger und unseren Gästen ist also nach wie vor hoch.“ Otremba gibt auch zu bedenken: „Darüber hinaus bringen die Gäste natürlich signifikante wirtschaftliche Mehrwerte in die Stadt.“