Hamburg. Das fordert Veranstalter Frank Klingner im Exklusiv-Interview. Der Unternehmer will an der Kiez-Strecke festhalten.
Muss der Umzug immer auf dem Kiez stattfinden? Sind auch Alternativrouten denkbar? Die Politiker im Bezirk Mitte diskutieren wieder über den Schlagermove auf St. Pauli. Und auch Veranstalter Frank Klingner wird immer wieder mit der Kritik der Anwohner konfrontiert. Doch der Unternehmer, der sich nicht fotografieren lässt, hält an dem Event fest.
In diesem Jahr wird der 23. Schlagermove gefeiert. Wann wurde die Idee geboren?
Frank Klingner: Das war im Frühsommer 1997 beim Bad Taste Club in der Astoria Dance Hall auf St. Pauli. Mit Freunden entwickelten wir nach ein paar Bier den Plan, einen Schlagermove zu organisieren. Acht Wochen später war es so weit, und wir starteten mit 14 Trucks auf dem Kiez. Aufgrund der großen medialen Aufmerksamkeit kamen schon zum ersten Schlagermove rund 50.000 Menschen, die friedlich feierten. Bis 1999 war er übrigens noch als politische Demonstration angemeldet.
Inzwischen kommen zum Schlagermove bis zu einer halben Million Menschen. Was hat sich dadurch verändert?
Klingner: Wir konnten den Charakter der Veranstaltung immer bewahren. Wir lassen das Kulturgut Deutscher Schlager für einen Tag hochleben. Es ist eine Bewegung von Menschen, die Spaß haben wollen. Beim Schlagermove sind alle gleich, da tanzt dann auch mal der Millionär mit dem Obdachlosen. Natürlich hat sich der organisatorische Aufwand völlig verändert. Beim Schlagermove haben wir etwa 1000 Leute im Einsatz.
Seit ein paar Jahren gibt es Kritik. Es geht um Lärm, Müll und Wildpinkler.
Klingner. Der Kritik müssen wir uns als Veranstalter stellen, und wir nehmen unsere Verantwortung gegenüber den Anwohnern auf St. Pauli sehr ernst. Wir haben viele Maßnahmen ergriffen, die wir immer weiter optimieren. Das heißt: Die Zahl der mobilen Toiletten wurde, zusätzlich zu den WC-Containern und den Mobilzaun-Urinalen , deutlich auf inzwischen rund 530 erhöht. Außerdem wurde der Lärmpegel reduziert. Auch die Zahl der privaten Sicherheitskräfte wurde auf mehr als 600 ausgebaut. Direkt nach dem letzten Musiktruck beginnt die umfassende Reinigung, und bis zum Dienstag gibt es noch punktuelle Nachreinigungen, damit auch wirklich alles sauber hinterlassen wird. Wir haben auch Pläne für eine weitere umfassende Qualitätsoffensive.
Warum wurde diese bislang nicht umgesetzt?
Klingner: Dafür fehlt uns das Geld. Der Schlagermove ist und war nie als kommerzielle Veranstaltung angelegt, das ist bis heute so. In manchen Jahren machen wir Verlust, im letzten Jahr hatten wir mal einen kleinen Überschuss im vierstelligen Bereich. Wir bräuchten für eine solche Qualitätsoffensive eine finanzielle Unterstützung der Stadt. Wir reden da von etwa 50.000 Euro. Dann könnten wir zum Beispiel noch deutlich mehr Sicherheitspersonal beauftragen, das auch in den Wohnstraßen rund um die Reeperbahn patrouilliert.
Gibt es denn von der Stadt bereits Zuschüsse für den Schlagermove?
Klingner: Nein. Dabei ist das Event ein Reiseanlass, sogar für Gäste aus dem europäischen Ausland. Die Hotels sind ausgebucht, alleine dadurch werden schätzungsweise mehr als 250.000 Euro für die Kultur- und Tourismustaxe der Stadt eingenommen. Hinzu kommen der fiskalische Nutzen für die Stadt und die hohe zusätzliche wirtschaftliche Wertschöpfung. Wir bekommen bislang keinen Cent.
Auf Wunsch der Politik mussten Sie Alternativrouten für den Schlagermove prüfen. Was ist das Ergebnis?
Klingner: Der Schlagermove und der Kiez sind eine Symbiose. Deshalb wollen wir auch an unserer Strecke über die Reeperbahn und den Hafenrand festhalten. Wir haben Alternativen wie die Alster geprüft, aber das ist nicht umsetzbar.
Wie nehmen Sie die Kritik wahr?
Klingner: Ich würde mir mehr Wertschätzung für die Veranstaltung wünschen. Der Schlagermove ist ein großes Volksfest und dauert nur ein paar Stunden. Auf dem Kiez ist eigentlich das ganze Jahr Party, aber wir werden anders wahrgenommen, weil wir als Veranstalter greifbar sind.
Der Schlagermove hat anders als andere Großveranstaltungen keinen Titelsponsor. Warum nicht?
Klingner: Da sind wir wieder beim Thema Kommerzialisierung. Das wollen wir nicht. Natürlich könnten wir uns einen Sponsor suchen, der den Schlagermove präsentiert, und dafür viel Geld kassieren. Aber das würde den Grundgedanken kaputt machen. Wir haben immer sechs Sponsorentrucks, aber bei uns haben auch kleine Vereine oder Schlagerfans die Möglichkeit, mit einem eigenen Truck mitzufahren.
Gibt es Angebote, mit dem Schlagermove in eine andere Stadt zu expandieren?
Klingner: Es gibt durchaus Städte, zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen, die Interesse am Schlagermove haben und auch Geld dafür in die Hand nehmen würden. Aber wir bleiben Hamburg treu, auch wenn wir immer neue Herausforderungen bewältigen müssen.