Hamburg. Parteien in Hamburg sollen verpflichtet werden, abwechselnd Frauen und Männer zu nominieren. In Frankreich gibt es das bereits.
Die Hamburger Grünen wollen den unterdurchschnittlichen Frauenanteil in Parlamenten per Gesetz anheben. In einem Antrag, der am 5. Februar von der Partei beschlossen werden soll, fordert die Landesvorsitzende Anna Gallina die Einführung eines Parité-Gesetzes für Hamburg: Es soll alle Parteien verpflichten, die Kandidatenlisten abwechselnd mit Männern und Frauen zu besetzen, sodass beide Geschlechter gleich stark vertreten sind (Parité ist das französische Wort für Gleichheit).
In Frankreich gibt es so ein Gesetz bereits seit 2001, auch die Grünen in ganz Deutschland verfahren seit Jahren so.
„Über 52 Prozent der Wahlberechtigten in Hamburg sind Frauen, aber nur 38 Prozent der Abgeordneten“, sagte Anna Gallina. „Wer mehr als die Hälfte der Bevölkerung repräsentiert, braucht auch in den Parlamenten mindestens die Hälfte der Macht. Das schaffen wir nicht mit schönen Worten sondern nur mit einer harten Quote.“
Sie sei überzeugt: „Die paritätische Wählbarkeit von Frauen ist die Voraussetzung für eine gerechte Vertretung und Durchsetzung der politischen Belange und Interessen aller Bürgerinnen und Bürger. Deshalb fordere ich ein Parité-Gesetz.“
Frauen stellen 38 Prozent der Abgeordneten in der Bürgerschaft
Wie das Abendblatt kürzlich berichtete, sind Frauen auch 100 Jahre nach Einführung des Frauenwahlrechts in Parlamenten weiter deutlich unterrepräsentiert. In der Bürgerschaft stellen sie etwa 38 Prozent der Abgeordneten, in den sieben Bezirksversammlungen im Durchschnitt 41 Prozent. Ähnlich sieht es bei den Parteimitgliedern aus: Hier schwankt der Frauenanteil zwischen 18 Prozent (FDP und AfD) und 38 Prozent (Grüne und CDU). Die SPD kommt auf 34 Prozent weibliche Mitglieder, die Linkspartei auf 32 Prozent.
Diese Ausgangswerte führen allerdings zu höchst unterschiedlichen Ergebnisse: So schaffen es die Grünen dank ihrer Quote, aus 38 Prozent Frauenanteil in der Partei einen 50-Prozent-Anteil in der Bürgerschaft zu machen: Dort sind sieben von 14 Abgeordneten Frauen. Umgekehrt die CDU, die keine Quote hat: Sie hat zwar den gleichen Frauenanteil (38 Prozent), aber in ihrer Bürgerschaftsfraktion stellen die Frauen nur zehn Prozent der Abgeordneten (zwei von 20).
„Die Wählerinnen und Wähler können nur die Personen wählen, die ihnen von den Parteien vorgegeben werden“, sagt Gallina. „Ein Parité-Gesetz setzt hier an: Die Parteien müssten auf ihren Wahllisten verbindlich per Reißverschlussverfahren abwechselnd eine Frau und einen Mann platzieren, so wie wir Grüne es aufgrund unseres Frauenstatuts auch handhaben. Das führt effektiv zu einem höheren Frauenanteil in den Parlamenten.“
Zehn EU-Länder haben vergleichbare Regelungen
Die Landesvorsitzende, die selbst in der Bürgerschaft sitzt, betonte, dass es nicht um einen Schnellschuss vor der nächsten Bürgerschaftswahl in einem Jahr gehe: „Wir wollen uns in der kommenden Legislatur mit den verfassungsrechtlichen Voraussetzungen dafür auseinandersetzen und ausloten, welche Maßnahmen mit und ohne Grundgesetzänderung möglich und erfolgversprechend sind, um wirksame Instrumente für eine gleichberechtigte und damit angemessene Beteiligung von Frauen zu installieren.“
Unter Juristen ist es zwar umstritten, ob der Gleichberechtigungsgedanke schwerer wiegt als das Recht der Parteien, ihre eigenen Kandidaten zu bestimmen. Dass eine gesetzliche Regelung möglich ist, zeigen allerdings einige Beispiele: Vergleichbare Regelungen wie in Frankreich gebe es mittlerweile in neun weiteren EU-Ländern, heißt es in Gallinas Antrag. Dies seien Luxemburg, Kroatien, Irland, Belgien, Polen, Portugal, Slowenien, Spanien und Griechenland.
Dort hätten die Gesetze zu einem höheren Anteil an Parlamentarierinnen beigetragen. Auch die deutschen Bundesländer Brandenburg, Berlin und Thüringen würden an solchen Gesetzen arbeiten, sagte Gallina. „Es ist höchste Zeit, dass wir auch in Hamburg Butter bei die Fische geben und ein Parité-Gesetz einführen. Ohne gleichberechtigte Parlamente gibt es keine gleichberechtigte Gesetzgebung und keine gleichberechtigte Gesellschaft.“