Hamburg. Die Präsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft über politisches Engagement von Frauen damals und heute.

100 Jahre nach Einführung des Frauenwahlrechts sind Frauen auf allen Ebenen in den Hamburger Parteien und Parlamenten aktiv. Allerdings sind sie nach wie deutlich unterrepräsentiert. Wie das Abendblatt berichtet, stellen sie nur ein Drittel der Senatsmitglieder, 38 Prozent der Abgeordneten in der Bürgerschaft und 41 Prozent in den Bezirksversammlungen. Und in den Parteien sieht es noch schlechter aus: FDP und AfD kommen nur auf einen Frauenanteil von 18 Prozent, CDU und Grüne immerhin auf 38 Prozent. SPD (34) und Linke (32) liegen dazwischen.

Dennoch bekleiden Frauen mittlerweile häufig Spitzenpositionen in der Politik – von der Zweiten Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) bis zu den Landesvorsitzenden von SPD (Melanie Leonhard) und FDP (Katja Suding). Zu ihnen zählt auch Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD), die seit 2011 die höchste Repräsentantin des Parlaments ist. Das sagte sie auf die Fragen des Abendblatts:

Frauen sind in den vergangenen 100 Jahren nach Einführung des Frauenwahlrechts ein gutes Stück vorangekommen. Wo stehen wir heute?

Es hat von der ersten gewählten Bürgerschaft im Jahr 1859 noch 60 Jahre gedauert, bis das Frauenwahlrecht eingeführt wurde. Es waren dann noch einmal 100 Jahre, bis der Frauenanteil in der Bürgerschaft bei 38 Prozent lag. Von den 50 Prozent sind wir also noch weit entfernt. Nicht nur in den Parlamenten. Das gilt auch für den Frauenanteil in öffentlichen Ämtern oder Führungspositionen in Unternehmen.

Welche Rolle spielt die Arbeitsbelastung in der Bürgerschaft für das Engagement der Frauen?

Die Dreifach-Belastung Job, Mandat, Familie trifft ja Männer und Frauen gleichermaßen. Unsere Hamburger Sitzungszeiten am Abend sind allerdings besonders familienunfreundlich, das gilt übrigens auch für die Bezirksversammlungen. Und das macht es für Mütter eher nochmal schwieriger.

Gibt es ein gemeinsames Bestreben über Fraktionsgrenzen hinweg in der Bürgerschaft, den Frauenanteil zu erhöhen?

Bislang noch nicht. Es ist auch gut, dass der Bundestag und einige Landtage der Debatte Schwung geben. Und es gibt ja durchaus noch mehr Themen, die endlich zu bewegen wären: beispielsweise die Abschaffung des Ehegatten-Splittings.

Hatten Sie persönlich das Gefühl, dass es Frauen in der Politik schwerer haben als Männer?

Ich bin jedenfalls sehr froh, dass es in meiner Partei die Quote gibt und wir nicht noch Zeit damit verbringen müssen, ständig zu rechtfertigen, dass wir dazugehören.