Hamburg . Der für den Jahresstart vorgesehene Schritt verschiebe sich um Monate, kündigte Hamburgs Umweltsenator an. Kritik von der Opposition.

Hamburgs Umweltsenator Jens Kerstan hat eine Verzögerung beim Rückkauf des Fernwärmenetzes angekündigt. Der für den Jahresstart vorgesehene Schritt verschiebe sich um Monate, kündigte der Grünenpolitiker am Mittwoch im Radiosender NDR 90,3 an. Grund für die Verzögerung sei, dass der Energiekonzern Vattenfall bei der EU-Kommission klären lässt, ob der Rückkauf eine verbotene staatliche Beihilfe ist.

Die Umweltbehörde stehe deswegen in Kontakt mit der EU-Kommission, so Kerstan. „Die haben uns jetzt signalisiert, dass sie das im Januar noch nicht entscheiden wollen, sondern dass sich das noch etwas verzögern wird. Ich bin aber relativ zuversichtlich, dass sie das bis März entschieden haben werden.“

Kerstan will die Geschäftsführung austauschen

Der Senator ist von Vattenfall enttäuscht: „Wir haben einen Vertrag geschlossen, an den sich beide Seiten halten wollen. Dann zur EU-Kommission zu gehen und zu fragen, ob das eigentlich rechtmäßig sei, ist schon eine merkwürdige Idee.“

Sobald die Wärmegesellschaft der Stadt gehört, will Kerstan die Geschäftsführung austauschen. „Vattenfall ist ein Konzern, der der Atom- und Kohlepolitik verhaftet ist und mit der neuen Welt, die wir da bauen wollen, wenig zu tun hatte.“

CDU: Verzögerungen ein Scheitern mit Ansage

Mit massiver Kritik reagierte die CDU-Bürgerschaftsfraktion auf die Äußerungen von Kerstan. „Es war klar: Wenn es nicht so läuft, wie die Grünen es der Öffentlichkeit vorgegaukelt haben, muss natürlich ein anderer Schuldiger gefunden werden", sagte Stephan Gamm, energiepolitscher Sprecher der CDU-Fraktion. "Wir haben bereits, wie der bisherige Eigentümer selbst, deutlich auf die Beihilfe-Problematik und den unhaltbaren Zeitplan des Umweltsenators hingewiesen."

Die jetzt entstehenden Verzögerungen seien ein Scheitern mit Ansage. Gamm weist darauf hin, dass es als Vertreter der Käuferseite die Pflicht gewesen wäre, bereits im Vorwege bei der EU prüfen zu lassen, ob es sich bei einem Rückkauf des Fernwärmenetzes um eine unerlaubte Beihilfe handeln könnte. "Nun die Schuld wieder bei anderen zu suchen, wird nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Netzrückkauf mit dem rot-grünen Zeitplan nie und nimmer klappen konnte", sagte der CDU-Mann Gamm. "Senator Kerstan will in diesem Fall nur von seinem eigenen Versagen und unprofessionellen Agieren ablenken.“

FDP: Umweltbehörde ist überfordert

Auch die FDP lässt kein gute Haar an Hamburgs Umweltsenator. „Das neue Jahr ist keine zehn Tage alt, da fällt dem Umweltsenator der Fernwärmenetzrückkauf bereits auf die Füße", sagte der Vorsitzende der FDP-Bürgerschaftsfraktion, Michael Kruse. Es sei zu jedem Zeitpunkt klar gewesen, dass die EU-Kommission den Rückkauf des Fernwärmenetzes intensiv prüfen werde. "Diese Prüfung jetzt zum Anlass für Verzögerungen und die spätere Umsetzung des Kerstan-Konzepts zu machen, ist lächerlich", kritisierte Kruse. "Senator Kerstan lenkt hier lediglich von eigenen Fehlern ab. Das ist peinlich, und es lässt nichts Gutes ahnen für den weiteren Netzrückkauf." Der FDP-Politiker wirft der grünen Umweltbehörde vor, mit einem so komplexen Projekt überfordert zu sein.

Nach einem Volksentscheid von 2013 will Hamburg die Fernwärmegesellschaft für den vereinbarten Mindestkaufpreis von 950 Millionen Euro von dem Versorger ganz übernehmen. Hamburg hält bereits 25,1 Prozent am Fernwärme-Unternehmen.

Linke: Vattenfall hat sich disqualifiziert

Die Linkenfraktion ist verärgert darüber, dass Vattenfall nun erneut den Rückkauf des Fernwärmenetzes durch die Freie und Hansestadt verzögere. „Egal wohin man schaut, immer versucht Vattenfall trotz gültiger Verträge, Schlupflöcher zu finden", sagte der Linken-Umweltexperte Stephan Jersch. "Das Geschäftsgebaren dieses Kohlekonzerns lässt keine vertrauensvolle Zusammenarbeit zu.“ In den Augen der Linkenfraktion hat sich Vattenfall als Energielieferant in und für Hamburg disqualifiziert. Jersch: „Die Stadt muss jetzt konsequent alle Geschäftsbeziehungen zu Vattenfall überprüfen und sich da, wo es möglich ist, für Alternativen entscheiden.“

Finanzsenator: Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit

Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) versicherte am Mittwoch, dass alle Beteiligten auf Käufer- und Verkäuferseite "weiterhin konstruktiv und mit Hochdruck" an der vollständigen Übernahme des Fernwärmenetzes durch die Stadt Hamburg arbeiteten. "Auch die beihilferechtlichen Klärungen gehen voran", sagte Dressel. "Dass die EU-Kommission hierfür ein hohes Maß an Rechtssicherheit erreichen will, ist zu begrüßen – hier geht Gründlichkeit vor Schnelligkeit."

Der Finanzsenator sieht keinen Unterschied darin, ob die Betriebsübernahme einige Wochen früher oder später erfolgt. "Denn an den wirklich eilbedürftigen technischen Fragen des Kohleausstiegs und des neuen Kraftwerkskonzepts wird ohnehin parallel gearbeitet", argumentierte der SPD-Politiker. So wie beim Strom- und Gasnetz werde der Volksentscheid über den Rückkauf der Energienetze auch in punkto Fernwärme konsequent und wie versprochen umgesetzt.