Hamburg/Berlin. Melanie Leonhard kündigt im Abendblatt außerdem eine überraschende Strategie für den Bürgerschaftswahlkampf 2020 an.

Die Hamburger SPD-Landesvorsitzende Melanie Leonhard hat deutliche Kritik an der Bundes-SPD geübt. Die Sozialdemokraten seien in dem Zwiespalt gefangen, dass die Außenwirkung der Partei trotz inhaltlicher Erfolge nicht gut sei, sagte die 41-jährige Sozialsenatorin der Hansestadt dem Abendblatt.

"Selbstkritisch müssen wir sagen, dass wir als Partei im Bund selbst zum Teil dazu beigetragen und unsere größten innerparteilichen Debatten ausgerechnet dann geführt haben, als wir wesentliche inhaltliche Erfolge errungen haben", so Leonhard. Die Aufgabe von Parteichefin Andrea Nahles und Generalsekretär Lars Klingbeil sei es, das, was die SPD für die Bürger erreicht hätten, auch nach außen darzustellen. Und gleichzeitig den innerparteilichen Erneuerungsprozess so voranzubringen, dass die Bürger nicht das Gefühl hätten, dies sei ein Selbstzweck.

"SPD kann sich auch in Bundesregierung erneuern"

"Man kann in der Bundesregierung sein, und man kann sich inhaltlich erneuern – man sollte sich aber nicht mit beiden Prozessen gegenseitig behindern. In diese Falle sind wir getappt, und da müssen wir wieder raus."

Analysen hätten gezeigt, dass die Wähler nicht ausreichend wüssten, wofür die SPD inhaltlich stehe. Beispielsweise wollten die Wähler eine klare Positionierung, wo die SPD im Dieselskandal stehe. "Da gibt es eine große Empörung darüber, wie sich die deutsche Automobilindustrie verhält. Die Bundes-SPD hat in dieser Sache bisher keine plausible Antwort gefunden", so Leonhard. Sie wünscht sich zudem, dass mit den Sozialdemokraten im Bund – wie mit den Grünen – ein positives Lebensgefühl verbunden werde. Wenn es gelinge, deutlich zu machen, dass die SPD-Minister im Wesentlichen die Bundesregierung inhaltlich trügen, werde es für ihre Partei auch wieder mehr Zuspruch geben, ist sich Leonhard sicher. Im Vordergrund müsse stehen, "den Menschen für die konkreten Probleme Lösungen anzubieten, die ihr Leben verbessern". Das gelte auch für Hamburg.

SPD geht ohne Koalitionsaussage in den Hamburger Wahlkampf

Überraschend kündigte Leonhard gegenüber dem Abendblatt an, dass die SPD, die seit 2015 mit den Grünen regiert, ohne Koalitionsaussage in die Bürgerschaftswahl Anfang 2020 gehen will. Die Partei ziehe nicht in den Wahlkampf, um wieder eine Koalition zu bilden, sagte sie. "Ich möchte ein starkes Mandat für die SPD haben", so Leonhard. Der frühere SPD-Landesvorsitzende und ehemalige Bürgermeister Olaf Scholz hatte vor der Wahl 2015 klar erklärt, die SPD werde als erstes mit den Grünen über eine Koalition reden, falls es nicht für eine SPD-Alleinregierung reiche.