Wer Bäume sucht, die mit Trockenheit gut leben können, wird bei Colorado-Tannen fündig. Die gibt es sogar im Mini-Format für kleine Gärten.
Natürlich ist die Welt, in der wir leben, längst eine, in welcher Leistung eher skeptisch gesehen wird und Wettbewerb zunehmend verpönt ist. Deswegen konnte es sich Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller auch wohl leisten, in seiner Neujahrsansprache kein Wort über unseren Lieblingsflughafen zu verlieren. Der sollte, mittlerweile eine weltweite Lachnummer, eigentlich 2011 fertig sein. Reichlich Beifall erntete der SPD-Politiker für seine Forderung nach einem möglichst bedingungslosen Grundeinkommen für alle. Mehr jedenfalls als seine Parteichefin Andrea Nahles für ihre Feststellung „Die SPD steht für ein Recht auf Arbeit – nicht für ein bezahltes Nichtstun.“
Wettbewerb ist so verdächtig, dass ernsthaft über die Abschaffung der Bundesjugendspiele debattiert wird. Dass die einen Ehrenurkunden bekommen, den anderen nur die Teilnahme bescheinigt wird, finden Skeptiker diskriminierend – auch wenn im Sport die Verlierer nicht mehr so genannt werden, sondern immer häufiger „Zweiter Sieger“ heißen. Weil Sieger im Sport sowieso gedopt, gekauft oder überzüchtet sind – oder die Work-Life-Balance nicht mehr stimmt, wie es heutzutage heißt?
Rekordsucht? Gibt es nur noch beim Wetter und beim DAX. Ein Hitzehammer nach dem anderen. „Heißzeit“ wurde das Wort des Jahres. Dass es kaum Regen gab, wurde bei den Gute-Laune-Jublern in Radio und TV lange nicht wahrgenommen. Erst als das Getreide auf den Feldern verdorrte. Da kam sogar Mitleid mit den Landwirten auf, die sonst an allem schuld sind – am Bienensterben sowieso, an Nitrat im Trinkwasser und an Glyphosat im Bier. Ich kenne Leute, die fahren nach Polen, um sich dort einzudecken – seit der Unkrautvernichter zwar noch nicht verboten, aber vorsorglich aus den Regalen der Gartencenter verbannt worden ist. Auf den Märkten im Grenzgebiet wird mit großen Schildern („Hier gibt es Glyphosat“) für das Mittel geworben, das im Verdacht steht, krebserregend zu sein.
Atemlos von der Verkündung immer neuer Sonnenschein-Rekorde blicken wir am Jahreswechsel zwar nicht auf den heißesten Sommer, aber immerhin auf das wärmste Jahr seit Beginn der regelmäßigen Wetteraufzeichnungen im Jahr 1881 zurück. 2018 war, auch in unserem kleinen Mühlenpark im Wendland, mit gut 410 statt der gewohnten 650 Liter Regen pro Quadratmeter nicht das trockenste Jahr. Den Superlativ schafften nur die Monate zwischen März und Oktober. Auch seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Wer nach den Wetter-Anomalien der letzten 30 Jahre jetzt noch den Klimawandel leugnet, glaubt wohl auch, dass die Erde eine Scheibe ist.
Die Wissenschaft weiß das längst, die Gartenzeitschriften, die sonst gern eine heile Welt propagieren, reagieren auch – wie jüngst mein Lieblingsfachblatt „Kraut & Rüben“, das dem Thema eine Titelgeschichte widmete: „Mein Garten im Wandel“. Das Magazin für „biologisches Gärtnern“ bietet neben Tipps zur Bodenverbesserung und für die besten Pflanzstandorte auch Vorschläge für Gehölze, die gerne auf dem Trockenen stehen. Da tauchen, zu meiner Freude, alte Bekannte wie Flieder und Maulbeerbaum auf, auch Bäume für kleinere Gärten, der Feuerahorn (Acer ginnala) und die weidenblättrige Birne (Pyrus salicifolia). Die Hängeform „Pendula“ ist mein Favorit. Im Herbst zieren den Baum, den ich wegen seiner Herkunft gerne „Russenbirne“ nenne, kleine Zierfrüchte, Futter für die Vögel. Die Frühlings- und die Sommer-Tamarisken erleben mit ihren feinen, graugrünen Blättern hoffentlich ein Comeback.
Für Freunde von immergrünen Koniferen hätte ich noch einen Tipp: die Griechische und die Türkische Tanne. Abies cephalonica und A. bornmülleriana lieben geradezu trockene Sommer und regenreiche Winter. Die aus den Rocky Mountains stammende Colorado-Tanne wird bei uns bis zu 20 Meter hoch und sechs Meter breit. Nix für kleine Gärten. Doch längst gibt es auch schmale und weniger hohe Säulenformen. Für ganz kleine Gärten gibt es Abies concolor auch als „Compacta“, die nur drei bis vier Meter hoch wird. Für Steingärten eignen sich Züchtungen, die dann „Dwarf“ heißen. Das ist ein Begriff aus dem englischen Gärtnerwesen und heißt so viel wie Wichtel, Zwerg oder Gnom.
Meine Frau Anke behauptet gern, ich hätte den Klimawandel schon bei der Anlage unseres Mühlenparks vor gut 20 Jahren in meine Pflanzpläne für Stauden und Gehölze eingepreist. Lieb von ihr, stimmt aber nicht. Ich war nur zu faul zum Gießen – und war dem Rat eines klugen Gärtnermeisters gefolgt. „Mit 70 wird die Gießkanne doppelt so schwer.“ Stimmt.
Bis zum nächsten Wochenende. Herzlichst Ihr Karl Günther Barth