Hamburg. Angeblich ist bei uns wegen vieler Findlinge das Ausbaggern zu teuer. Komisch: Beim Buddeln von Pflanzlöchern stoße ich nie darauf.

Die Eiszeit soll schuld sein, dass unser Dorf und damit auch unsere kleine Mühle im Wendland erst einmal kein schnelles Internet bekommen. Auch zwei Nachbardörfer nicht, obwohl ein sogenannter Einspeisepunkt für das neue Netz nur wenige Kilometer entfernt ist. Weil mächtige Gletscher aus Skandinavien vor gut 300.000 Jahren so viele Findlinge im Erdreich hinterlassen haben, kommt angeblich das Ausbaggern der Trasse bis zu uns zu teuer. Backbone heißt im IT-Deutsch so ein Einspeisepunkt, an dem jetzt der symbolische erste Spatenstich für das lang ersehnte Glasfasernetz stattfand. Es soll den Landkreis Lüchow-Dannenberg digital mit der großen weiten Welt verbinden.

Bürger waren zu diesem Ereignis nicht eingeladen. Dafür die üblichen Verdächtigen: Bürgermeister aus dem Kreis, der Landrat, Vertreter des Netzbetreibers und der an der Verlegung beteiligten Firmen etwa. Meine Nachbarin Andrea und ich hatten uns quasi als Vertreter der abgehängten Dörfer selber eingeladen. Wollten endlich wissen, warum unsere drei Dörfer und etliche andere im Landkreis erst mal kein schnelles Internet bekommen. Weil vielleicht bei uns zu wenige Leute wohnen, sich ein Anschluss für den Netzbetreiber nicht lohnt? Einladungen zu Info-Treffen hatte es bislang nur für die gegeben, die einen Anschluss kriegen sollten. Nicht die, die in die Röhre gucken.

Kein Geld, hieß es jetzt, Lüchow-Dannenberg müsse einen Eigenanteil finanzieren und sei so klamm, dass es nicht wie der Nachbar-Kreis Uelzen alle Bürger auf einmal anschließen könne. Aber es gebe bald neue Zuschüsse von Bund und Land, die würden großzügig und unbürokratisch zugeteilt, tröstete man uns. Ganz eventuell könne man womöglich noch in diesem Jahr mit ersten Planungen beginnen. Einen Termin aber, ob wir dann in drei oder vier Jahren mit einem Anschluss rechnen könnten, wollte keiner nennen.

Meine Frau fand die Aktion ganz toll

Richtig glücklich machten uns diese Antworten nicht. Nachbarin Andrea griff sich später noch zwei Spaten und hielt sie über Kreuz in die Luft. Das ist eigentlich das Zeichen des Widerstands gegen das Atomlager Gorleben. In dem Fall sollte das wohl bedeuten: Ewig lassen wir uns nicht vertrösten!

Meine Frau Anke fand die Aktion natürlich ganz toll. Das mit den Findlingen in der Erde hat sie nicht so ganz verstanden. In unserem kleinen Mühlenpark haben wir schon Wasserrohre verlegt und die Zuleitungen für unseren Gasanschluss. Auch beim Ausheben von Pflanzlöchern sind wir noch nie auf Findlinge gestoßen. Schon gar nicht, wenn ich wie im Moment Pflanzlöcher für verschiedene Arten und Sorten von Wollziest buddele.

Stachys byzantina zum Beispiel ist eine ausdauernd krautige Pflanze, die ursprünglich wohl aus Kleinasien und dem Kaukasus kam und im 18. Jahrhundert zunächst nur in herrschaftlichen Gärten zu Hause war. Später wurde der Wollziest ein Klassiker im Bauerngarten, sehr beliebt bei Kindern. Die silbrig-grünen Blätter fühlen sich etwas flauschig an, was von den feinen Härchen kommt – und die den Wollziest, auch bekannt als Esels- oder Hasenohr, in Zeiten des Klimawandels mit heißen und trockenen Sommern zu einer Pflanze mit Zukunftspotenzial macht.

Haare dienen als Verdunstungsschutz

Die Haare dienen einmal als Verdunstungsschutz und sind gleichzeitig eine Lichtbremse. Kommt weniger Licht an die für die Photosynthese notwendigen Organe in Blättern, wird auch weniger Wasser verbraucht für die Umwandlung von Licht und Kohlendioxid in Zucker und Sauerstoff. Weil Wollziest und seine Sorten sich auch noch in trockenen, nährstoffarmen Böden besonders wohlfühlen, heißt das für uns Gärtner: kein Gießen, kein Düngen, keine Arbeit.

Karl Günther Barth
Karl Günther Barth © HA | Klaus Bodig

Selbst in diesem Jahrhundertsommer habe ich an unserem Mühlenweg, der von morgens bis zum frühen Nachmittag in voller Sonne steht, nur im Spätsommer zweimal die kleinen Wollziest-Horste gegossen. Obwohl bei uns in diesem Jahr bislang nur etwa 320 Liter Regen gefallen sind – weniger als die Hälfte des langjährigen Mittels.

Jetzt pflanze ich noch mehrere Dreiergruppen von Lavendel-Ziest mit feinen Blättern – der Sorte Cotton Balls mit kugeligen, silbrig-weißen Blütenständen und der kleinblättrigen Züchtung Silky Fleece, die nur etwa fünf Zentimeter hohe Kissen bildet.

Wollziest ist ein Magnet für Bienen und Hummeln, wenn er im Juni und Juli je nach Sorte rosa oder purpurne Blüten an bis zu 40 bis 60 Zentimeter hohen Stielen bildet. Stachys kann dichte Teppiche bilden, die man aber leicht mit dem Spaten abstechen kann. Die Hungerkünstler mit ihren 20 bis 30 Zentimeter hohen Blättern kommen auch gut in Kübeln und Pflanzschalen zurecht.

Bis zum nächsten Wochenende, herzlichst Ihr Karl Günther Barth