Hamburg. Behörde will Eigentümerin mit einer Maßnahme zum Schutz des inneren Stahlgerüsts zwingen. Dachfenster stehen seit zehn Jahren offen.

Die Schilleroper auf St. Pauli verfällt seit Jahren zusehends – nun gibt es wieder Hoffnung für die zahlreichen Unterstützer eines Erhalts des alten Zirkusbaus. Nachdem die Eigentümerin die denkmalgeschützte Stahlkonstruktion immer weiter verwittern ließ, greift die für Denkmalschutz zuständigen Kulturbehörde jetzt ein.

Die Verwaltung fordert die Frau – die anonym bleiben möchte – auf, die markante Stahlkonstruktion zu schützen. „Es wird zeitnah einen Ortstermin mit der Eigentümerin geben, bei dem festgelegt wird, welche Maßnahmen zum Schutz notwendig sind“, sagte die Sprecherin der Kulturbehörde Anja Bornhöft dem Abendblatt.

Sollte die Eigentümerin die Metallkonstruktion dann noch immer nicht vor Witterung und damit vor dem weiterem Verfall schützen, werde die Behörde selbst Vorkehrungen zum Schutz anordnen. Die entstehenden Kosten werden der Eigentümerin in Rechnung gestellt. Diese sogenannte Ersatzvornahme ist in Hamburg bisher nur in einer Hand voll Fällen vorgekommen.

Dachfenster der Schilleroper stehen seit zehn Jahren offen

Für die Vorsitzende des Hamburger Denkmalvereins kommt dieser Schritt viel zu spät. „Die Oberlichter des Gebäudes stehen bereits seit mehr als zehn Jahren offen“, sagt Kristina Sassenscheidt. Durch diese Dachfenster dringen Regen und Schnee ein, da sie nicht mal provisorisch abgedeckt sind. Dadurch ist die denkmalgeschützte Metallkonstruktion dem Wetter preisgegeben.

„Es hat eine ganz schlechte Symbolwirkung, wenn ein denkmalgeschütztes Gebäude vor aller Augen verfällt“, sagt Sassenscheidt. Laut Denkmalschutzgesetz haben Eigentümer die Pflicht den Niedergang ihres Denkmals zu verhindern. Das versäume die Eigentümerin. „Dass die Oberlichter offenstehen ist im Stadtteil weithin sichtbar“, so Sassenscheidt weiter.

Der Verfall ist sichtbar
Der Verfall ist sichtbar © Andreas Laible

Für die Öffentlichkeit sei es schwer nachzuvollziehen, warum hier nichts unternommen wurde. Umso mehr freue sie sich, dass nun endlich etwas passiert. Ein Gutachten belege, dass die Metallkonstruktion erhaltensfähig sei. Sassenscheidt geht davon aus, dass eine Sanierung wirtschaftlich zumutbar ist, da die Anbauten nicht denkmalgeschützt sind und zur Refinanzierung durch Neubauten ersetzt werden können.

Eigentümerin zeigte sich wenig kooperativ

Das stadtteilprägende Gebäude hat als letzter erhaltener fester Zirkusbau aus dem 19. Jahrhundert in Deutschland eine hohe geschichtliche Bedeutung. Das 1891 errichtete Zirkusgebäude steht für die Vergnügungskultur der damaligen Zeit. Der dort beheimatete Circus Busch hatte in heute nicht mehr existenten Nebengebäuden Elefantenställe und Artistenwohnungen untergebracht.

Später wurde die Schilleroper als Theater und als Opernhaus genutzt. Seit 2006 steht das Gebäude leer und verfällt. 2012 stellte die Verwaltung die runde Stahlkonstruktion unter Denkmalschutz. Dennoch weigerte sich die Eigentümerin – bislang erfolgreich – sie zu schützen, versuchte 2017 gar ihre Schilleroper aus dem Denkmalschutz zu befreien. Bisher erfolglos. Anschließend hat die Eigentümerin ein Konzept für einen Neubau vorgelegt, bei dem „Geist und Charakteristik“ des Gebäudes erhalten werden sollten, die Originalsubstanz aber abgebrochen werden soll. Auch damit ist die Eigentümerin gescheitert.

„Der Vorschlag für den Neubau hatte nichts mehr mit der Schilleroper gemein“, sagt Linken-Stadtentwicklungspolitikerin Heike Sudmann und fasst das aktuelle Einschreiten der Kulturbehörde knapp zusammen: „Zu wenig, zu spät.“ Ihre Fraktion habe bereits im Sommer vergangenen Jahres einen Antrag gestellt, sofort etwas zu unternehmen. Der Eigentümerin weitere Fristen einzuräumen sei nicht zielführend, da sie den Behörden durch ihr Verhalten bereits mehrfach gezeigt habe, dass sie die Schilleroper nicht schützen wolle. „Ich verstehe nicht, warum nicht mehr Druck aufgebaut wird“, sagt Sudmann.

Etwa 12.000 Denkmäler in Hamburg

In Hamburg gibt es rund 12.000 Denkmäler. „Probleme beim Erhalt von Denkmälern in Privatbesitz sind seltene Einzelfälle“, sagt Kulturbehördensprecherin Bornhöft. Oft seien es stolze Besitzer, die sich sehr für den Erhalt ihres Kulturguts einsetzen. Um über Möglichkeiten zum Schutz zu beraten stehe das Denkmalschutzamt oft in engem Kontakt mit den Eigentümern, die teilweise auch mit finanzieller Unterstützung der Stadt rechnen könnten.

„Da es sich um Privatbesitz handelt, gibt es aber für ein eventuelles Eingreifen enge rechtliche Grenzen“, sagt Bornhöft. Es müsse eine akute Gefahr für die Substanz des Gebäudes bestehen. Und selbst dann müsse zunächst alles unternommen werden, um gemeinsam mit dem Eigentümer eine Lösung zu finden. Das sei bei der Schilleroper schwierig gewesen, da die Besitzerin einen Termin kurzfristig absagte und sich auch sonst wenig kooperativ gezeigt habe. Dadurch sei viel Zeit vergangen.

Und auch falls sie sich weiterhin weigern sollte, die Stahlkonstruktion zu schützen, wird es wohl noch eine Weile dauern, bis die Fristen verstreichen und die Behörde wirklich aktiv werden kann. „Der Prozess kann sich über den Winter hinziehen“, sagt Bornhöft, und fügt hinzu: „Das wird die Schilleroper aber noch überstehen.“