Hamburg. Zu marode, sagt der Eigentümer. Behörde aber spricht von einem sanierungsfähigen Zustand und “wichtigen Denkmal“.

Der Streit um die Schilleroper an der Lerchenstraße geht in die nächste Runde: Die Eigentümer des Zirkusbaus aus dem 19. Jahrhundert wollen das historische Gebäude auf St. Pauli abreißen lassen, obwohl es seit 2012 unter Denkmalschutz steht. Nachdem diese Planung im April nur durch eine Kleine Anfrage der Linken ans Licht gekommen war, hat sich die Schilleroper GmbH, eine Art Immobilienverwaltung, jetzt erstmals öffentlich zu ihren Plänen geäußert.

Laut Geschäftsführer Andreas Masan sei das von einer Stahlkonstruktion gehaltene runde Gebäude zu marode, um erhalten oder in einen Neubau integriert zu werden. Das habe ein Gutachten von Fachleuten aus Bayern ergeben, sagte er dem NDR. „Der ehemalige Zirkusbau wurde ohne besondere Tragreserven und mit konstruktiven Fehlern errichtet.“ Zudem gäbe in ganz Deutschland keine Facharbeiter, die ihn wieder herstellen könnten.

Kulturbehörde widerspricht Eigentümer

Enno Isermann, Sprecher der Kulturbehörde, bestreitet das. „Das Denkmalschutzamt hat die Stahlkonstruktion zuletzt 2007 durch Professor Werner Lorenz von der BTU Cottbus umfangreich begutachten lassen. Dabei hat sich gezeigt, dass diese in einem guten beziehungsweise sanierungsfähigen Zustand ist. Darüber hinaus gibt es vielfältige Erfahrungen im Umgang mit Konstruktionen aus dieser Zeit.“

Das neue Gutachten werde derzeit im Denkmalschutzamt ausgewertet. Schnell aufgeben wird die Behörde nicht. „Die Schilleroper ist für uns ein sehr wichtiges Denkmal“, so Isermann. Ziel sei nach wie vor, zusammen mit dem Eigentümer einen Weg zu finden, dieses „außergewöhnliche Denkmal“ zu erhalten und in ein denkmalpflegerisch sinnvolles und wirtschaftliches Nutzungskonzept für das Grundstück zu integrieren.

Abriss der Schilleroper wäre „unverzeihlich“

Auch Wissenschaftlerin Anke Rees von der TU-Harburg, die der Schilleroper eine Forschungsarbeit gewidmet hat, ist anderer Auffassung als Investor und Gutachter. „Eine genietete Stahlkonstruktion aus dem 19. Jahrhundert zu sanieren ist nicht einfach. Doch es gibt selbstverständlich Experten, die sich mit solchen Bauten auskennen – wir haben in Hamburg zahlreiche genietete Stahlkonstruktionen aus dieser Zeit, unter anderem die Fischauktionshalle und den Hauptbahnhof, die saniert wurden und regelmäßig gewartet werden.“

Einen Abriss der Schilleroper fände sie „unverzeihlich“. „Sie ist das letzte Zirkusgebäude in unserem Land, das in Stahlskelettbauweise im 19. Jahrhundert errichtet wurde“. In ganz Europa existierten nach aktuellem Wissensstand außer der Schilleroper nur noch zwei solcher Veranstaltungsgebäude: in Lissabon und in Kopenhagen, wo sie saniert worden sind und genutzt werden.

Eigentümer wird offiziell nicht genannt

Laut Schilleroper-Geschäftsführer Masan sei es ein Anliegen der Eigentümer, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Im Gespräch ist ein Rundbau, der an den alten Zirkus erinnern soll, sowie ein weiterer Neubau für Gewerbe und Wohnungen.

Wer die Eigentümer sind, wird offiziell nicht gesagt. Tatsächlich gibt es im Hintergrund ein unübersichtliches Geflecht aus ehemaligen und aktuellen Firmen und Geschäftsführern, die mittelbar und unmittelbar mit der Schilleroper zu tun haben.

Wer mit der Schilleroper zu tun hat

Laut Handelsregister hat die Gesellschafterversammlung der „Schilleroper Objekt GmbH“ im Juli 2014 die Erhöhung des Stammkapitals von 25.000 Euro auf eine Million Euro beschlossen sowie den Firmensitz von Pullach an die Elbe (Kajen 6-8) verlegt. Der neue Geschäftsführer Walter Kießling war neben Hens-Ulrich und Claas Kießling einer der drei Geschäftsführer der Immobilienfirma Wenzel Dr. in der Stresemannallee 102.

Dort behauptet man aber, mit der Schilleroper nichts mehr zu tun zu haben. Tatsächlich steht mit Andreas Masan aber zumindest ein ehemaliger Geschäftsführer von Wentzel Dr. an der Spitze der Schilleroper Object GmbH. Masan erreicht man übrigens auch über die MMM Kajen Verwaltungs KG, die jetzt im Detjen-Haus am Kajen 6-8 sitzt.