Hamburg. Der Verkehrssenator setzt darauf, dass der Anti-Stau-Plan mit 24 Maßnahmen in den nächsten Monaten wirkt. Opposition ist skeptisch.

Wirtschafts- und Verkehrssenator Michael Westhagemann (parteilos) hofft, dass die Maßnahmen des Senats zur besseren Baustellenkoordinierung innerhalb eines halben Jahres für einen flüssigeren Verkehrsfluss sorgen. Sein Ziel sei es, dass die Neuregelungen „bis Mai“ so weit greifen, dass eine spürbare Verbesserung eintritt, sagte Westhagemann am Dienstag, nachdem der Senat das Maßnahmenpaket auch offiziell beschlossen hatte.

Wie berichtet, haben sich die Verkehrsbehörde sowie die für die Polizei zuständige Innen- und die für Bezirke zuständige Finanzbehörde auf 24 Maßnahmen geeinigt. Im Zentrum steht die Stärkung der Koordinierungsstelle KOST, die zum Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG) gehört, der wiederum Westhagemanns Behörde untersteht. Anders als bisher soll die KOST künftig über sämtliche verkehrsrelevanten Maßnahmen informiert werden, also nicht nur Arbeiten auf Autobahnen und Landesstraßen, sondern auch solche von Netz- und Leitungsunternehmen oder solche, die von den Bezirken oder der Polizei veranlasst sind, etwa kleinere Sanierungsmaßnahmen oder Sperrungen für Volksfeste.

Die Entscheidungen der KOST, wann wo welche Baustelle eingerichtet werden darf, soll zudem deutlich verbindlicher sein als bisher. Findet das keine Akzeptanz, greift ein „striktes Eskalationsprinzip“: Dann entscheiden die Staatsräte aus den beteiligten Behörden. Wenn das auch nicht helfe, gebe es ja auch noch einen Senator, sagte Westhagemann selbstbewusst. Er machte sehr deutlich, wie unzufrieden er mit dem bisherigen Zustand war.

Nach seinem Amtsantritt vor sechs Wochen habe er sich mit Blick auf die vielen Baustellen und die daraus häufig resultierenden Staus gefragt: „Wer koordiniert das eigentlich?“ Die Erkenntnis sei gewesen: „Alle haben sich weggeduckt.“ Den einen Verantwortlichen habe er nicht gefunden. Verkehrs-Staatsrat Andreas Rieckhof wollte das aber nicht als Kritik an seiner Person verstehen: „Der Senatsbeschluss ist für uns wie Weihnachten“, sagte er. Endlich bekomme die KOST die Durchschlagskraft, die sie benötige, um wirklich koordinierend eingreifen zu können.

Gemischte Reaktionen über Maßnahmen

Neben der Stärkung der Koordinierungsstelle setzt der Senat auf viel kleinere Maßnahmen: Dazu zählen etwa eine stärkere Präsenz der Polizei an stauanfälligen Strecken, härteres Vorgehen gegen Zweite-Reihe-Parker, der Abbau von Tagesbaustellen, falls sich zu lange Staus aufbauen, bessere Informationen für die Öffentlichkeit und der Versuch, mehr Baufirmen zu Schichtarbeit zu bewegen – was nicht einfach werde, wie Westhagemann einräumte.

Das Maßnahmenpaket sorgte für unterschiedliche Reaktionen. „24 Punkte voller Selbstverständlichkeiten oder fragwürdigen Ankündigungen werden nicht reichen, um konsequent die Stauursachen zu bekämpfen“, sagte Dennis Thering (CDU). „Jahrelang hat Rot-Grün das Stauchaos in Hamburg ignoriert und negiert. Jetzt plötzlich kurz vor der Bezirksversammlungswahl entsteht hektische Betriebsamkeit.“ Er schätze, dass die Umsetzung 60 neue Stellen bedeute, was „des Guten zu viel“ sei: „Wer koordiniert dann eigentlich zukünftig die vielen Koordinatoren?“

Ewald Aukes (FDP) sagte: „Der Masterplan ist ein neuer Aufguss alter Ideen und wird das Chaos auf Hamburgs Straßen nicht in den Griff bekommen. Die Vorschläge bleiben in vielem unspezifisch und sind auch nicht gänzlich umsetzbar.“

Wegen Verkehr geht Produktivität in Betrieben verloren

Die Fraktionen von SPD und Grünen lobten die Maßnahmen hingegen. Auch Finanz- und Bezirkssenator An­dreas Dressel (SPD) zeigte sich zufrieden: „Es ist gut, dass die Bezirke jetzt in die Koordination eng einbezogen werden und dafür auch die nötigen Ressourcen erhalten. Eine optimale Koordination kann nur nachhaltig funktionieren, wenn alle Beteiligten an Bord sind – das stellen wir jetzt sicher.“

Der Verband „Die Familienunternehmer“ und der Unternehmensverband Nord forderten in einer gemeinsamen Mitteilung, dass der Masterplan des Senats „so schnell wie möglich“ umgesetzt werde. Der Landesvorsitzende der Familienunternehmer, Andreas Fischer-Appelt, verwies auf eine Umfrage, nach der 91 Prozent aller Unternehmer wegen der aktuellen Verkehrssituation oft oder sehr oft die Abläufe innerhalb des Betriebs umstellen müssen. In 32 Prozent der Betriebe gehen mehr als zehn Prozent der Produktivität durch die Verkehrsbedingungen verloren.