Hamburg. Etatberatungen der Bürgerschaft: Rot-Grün streitet mit der Opposition über Kriminalität und innere Sicherheit.

Die innere Sicherheit ist traditionell eine der Hauptkampf­zonen der Rathauspolitik. Dabei geht es zwischen Regierungslager und Opposition stets auch um die Deutungshoheit. Und die hängt maßgeblich von den Zahlen der Kriminalitätsstatistik und deren Interpretation ab, wie die Debatte über den Etat der Behörde für Inneres und Sport zeigte.

„Die Bilanz des rot-grünen Senats ist alles andere als gut. In Hamburg passieren die zweitmeisten Straftaten pro 100.000 Einwohner. In keiner anderen Großstadt ist die Gefahr so groß, Opfer einer Straftat zu werden wie in Hamburg und Berlin“, sagte CDU-Innenpolitiker Dennis Gladiator. „Hamburg hat die zweitschlechteste Aufklärungsquote. Die Polizei steht vor riesigen Herausforderungen.“ Eine Pensionierungswelle rolle an, mehr als eine Million Überstunden hätten die Beamten geleistet, und mehrere Hundert Stellen seien unbesetzt. „Die Polizei ist nicht zukunftsfähig aufgestellt. Für Selbstzufriedenheit des Senats besteht kein Anlass“, sagte Gladiator, der der Polizei für ihre hervorragende Arbeit unter schwierigen Umständen ausdrücklich dankte.

„Hamburg ist sicherer geworden – im Gegensatz zu dem, was Herr Gladiator erzählt hat“, konterte Grünen-Fraktionschef Anjes Tjarks den oppositionellen Angriff. Ein Rückgang der Kriminalität sei besonders bei den Delikten zu verzeichnen, die die persönliche Sicherheit der Menschen unmittelbar beträfen: Raube oder Einbrüche, bei denen die Zahl der Straftaten um 36 Prozent gegenüber 2015 gesunken sei.

Kritik von der AfD

„Die Gesamtzahl der Straftaten ist so niedrig wie seit 1980 nicht mehr. Wir haben die Sicherheit erhöht, und darauf sind wir stolz“, sagte Tjarks, der die CDU dazu aufforderte, „mit dem Märchen: hier die gute Polizei, da der böse Senat“ aufzuhören. „Das ist so durchschaubar wie nur was.“ Im Übrigen sei die Polizei Teil des Senats.

Das rief den AfD-Innenpolitiker Dirk Nockemann auf den Plan, der sich direkt an Tjarks wandte. „Ich dachte bislang, dass Sie wenigstens einen Hauch von Ahnung von innerer Sicherheit haben. Aber nachdem Sie behauptet haben, die Polizei sei Teil des Senats, haben Sie eigentlich für das nächste Jahr im Innenausschuss nichts mehr zu suchen“, sagte Nockemann. Nicht einmal die Personenschützer des Bürgermeisters seien Teil des Senats.

Auch Nockemann präsentierte seine Interpretation der Kriminalitätsstatistik. „Wie kann man sagen, Hamburg sei eine sichere Stadt?“, fragte der AfD-Politiker. In Hamburg seien 224.000 Straftaten im Jahr 2017 verübt worden, in München nur 97.000. „Selbst wenn man einrechnet, dass München etwas kleiner ist als Hamburg, ist die Kriminalitätsbelastung doppelt so hoch wie in München“, so Nockemann. Das zeige sich besonders bei den Gewaltdelikten, bei denen in Hamburg 7831 Straftaten, in München dagegen nur 3666 Straftaten gezählt wurden. Die Aufklärungsquote liege in München bei 80 Prozent, in Hamburg bei 67 Prozent.

1,5 Milliarden Euro für Inneres und Sport

„Ziehen Sie doch um!“, rief eine SPD-Abgeordnete. „Ich ziehe nicht um. Ich will erreichen, dass Hamburg so sicher wie München wird. Das kann ich nur, wenn ich hierbleibe“, gab Nockemann zurück. Aus seiner Sicht versagt die Politik bei der Gewährleistung der inneren Sicherheit. „In Hamburg lohnt sich das Verbrechen“, gab Nockemann schließlich eine populistische Parole wider, die schon Ronald Schill, dessen Mitstreiter Nockemann früher war, einst gern verwendete.

„Wir setzen den Kurs der nachhaltigen Stärkung der inneren Sicherheit konsequent fort“, sagte dagegen Innensenator Andy Grote (SPD). Der Haushalt der Behörde für Inneres und Sport belaufe sich für die Jahre 2019 und 2020 auf jeweils rund 1,5 Milliarden Euro. „Das ist eine Steigerung um 19 bzw. 23 Prozent gegenüber 2018. Mehr ist noch nie in die Sicherheit unserer Stadt investiert worden“, sagte der Senator. Dabei stehe der Personalaufbau bei Polizei, Feuerwehr und Verfassungsschutz im Mittelpunkt. Die Polizei bilde so viele Nachwuchskräfte aus wie nie zuvor. „Das sind zehnmal so viele wie 2005, als die CDU regierte“, so Grote. Bis 2021 solle die Zahl der Polizisten um 300 erhöht werden – trotz der hohen Pensionierungszahlen. Nie habe es mehr Polizeibeamte gegeben.

„Es ist ein zentraler Erfolg, dass wir in den letzten drei Jahren einen Rückgang der Kriminalität verzeichnen konnten. Ich fordere Sie auf, damit aufzuhören, die Erfolge, auf die die Polizei zu Recht stolz ist, durch unsinnige Vergleiche mit Flächenländern kleinzureden“, sagte Grote in Richtung der CDU.