Hamburg. Bis Ende September zählte die Polizei 2640 Unfälle, 171 Schwerverletzte und zwei Tote. CDU fordert Kontrollen und neue Richtlinien.
Es ist wohl die Kehrseite des guten Sommers 2018 und des neuen Radfahrrekords in Hamburg: Die Zahl der Unfälle mit Beteiligung von Fahrradfahrern ist in den ersten neun Monaten dieses Jahres deutlich gegenüber demselben Zeitraum im Jahr 2017 angestiegen. Die Polizei zählte auf Straßen und Radwegen in den ersten drei Quartalen 2640 Unfälle mit Radfahrerbeteiligung, 178 mehr als in den ersten neun Monaten des Jahres 2017. Das entspricht hamburgweit einem Anstieg von Unfällen um 7,2 Prozent.
Prozentual am stärksten stieg die Zahl der Radfahrunfälle in den Bezirken Harburg (+18,8 Prozent) und Wandsbek (+13,3 Prozent). Auch Altona lag mit einer Zunahme von 9,7 Prozent noch über dem Durchschnitt. In absoluten Zahlen gab es die meisten Unfälle mit Radfahrerbeteiligung in Hamburg-Nord (528), gefolgt von Mitte (508).
Autofahrer sind Hauptverursacher
Hauptverursacher der Unfälle waren hamburgweit Autofahrer (1219 Fälle) sowie die Radfahrer selbst (1111). Die meisten Unfälle wurden dabei durch Fehler beim Abbiegen verursacht (517 Fälle), gefolgt von Missachten der Vorfahrt (301) und Unachtsamkeiten beim Ein- oder Ausfahren, etwa bei Hauseinfahrten (242 Fälle).
Diese Zahlen veröffentlichte der Senat jetzt in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage des CDU-Verkehrspolitikers Dennis Thering, die dem Abendblatt vorliegt. Darin listet die Polizei auch auf, in welchen Stadtteilen sie die meisten Fahrradunfälle zwischen Januar und September 2018 registrierte. An der Spitze steht Winterhude mit 121 Unfällen, gefolgt von Eimsbüttel (97), Rahlstedt (78), Neustadt (77), Altona-Altstadt (72) und Bahrenfeld (72).
Zahl der verletzten Fahrradfahrer steigt
Angesichts der insgesamt gestiegenen Unfallzahlen ging auch die Zahl der Verletzten nach oben. Insgesamt verunglückten in den ersten drei Quartalen 2018 in Hamburg 1985 Radfahrer, das sind 151 oder 8,2 Prozent mehr als im Vorjahreszeitrum. 1812 davon wurden leicht und 171 schwer verletzt. Zwei Fahrradfahrer kamen bis Ende September ums Leben – genauso viele wie zwischen Januar und September 2017.
Der Senat verweist in seiner Antwort darauf, dass die Zahlen vorläufig seien und dass valide Vergleiche im Grunde nur bei ganzjähriger Betrachtung möglich seien. Zudem sei das Wetter im zweiten und dritten Quartal 2018 „ungewöhnlich trocken und warm“ gewesen. Dass der Supersommer 2018 zu deutlich mehr Radverkehr in Hamburg führte, hatten kürzlich die Ergebnisse der Radverkehrszählung, der sogenannte Fahrradpegel, ergeben. Dabei werden in jedem Jahr zwischen April und Oktober an 38 Messstellen in der Stadt an jeweils einem Tag die Radfahrer gezählt. In diesem Jahr wurden dabei rund 20 Prozent mehr Radler registriert als 2017. Seit 2011 ist die Zahl der gezählten Radler bereits um 50 Prozent gestiegen, seit 2000 um 80 Prozent.
„Unfallstatistiken nicht präzise genug“
Aus Sicht der CDU sind die aktuellen Unfallstatistiken nicht präzise genug, um die Lage genau abzubilden und für mehr Verkehrssicherheit zu sorgen. Deswegen fordert sie in einem aktuellen Antrag zu den jetzt anstehenden Haushaltsberatungen, der Senat müsse das Ziel der „Verkehrssicherheit durch aussagekräftige Kennzahlen im Haushalt sichtbar machen“ – und macht detaillierte Vorschläge zu Änderungen der Systematik.
„Die Zahl der Verkehrsunfälle mit Fahrradfahrern und die dabei verletzten Personen sind auf Rekordniveau und ein Alarmsignal für den rot-grünen Senat“, sagte CDU-Verkehrspolitiker Dennis Thering. „Bis heute fehlt ein Konzept zur Steigerung der Verkehrssicherheit. Die Erhöhung der Verkehrssicherheit bleibt für die CDU die wichtigste Aufgabe in der Verkehrspolitik. Leider war das in den letzten Jahren nicht immer der Fall“, so der CDU-Politiker. Die von SPD und Grünen favorisierte „Verlegung von ungeschützten Radwegen auf Hauptverkehrsstraßen“ lehne die CDU weiterhin ab. „Wir setzen uns je nach Situation und Platzverhältnissen für gut ausgebaute und sichere Hochbordradwege neben der Straße oder gesicherte Radstreifen ein.“
Auch Grüne unzufrieden mit den aktuellen Zahlen
Auch Grünen-Verkehrspolitiker Martin Bill zeigte sich unzufrieden mit den Zahlen. „7,2 Prozent mehr Unfälle dürfen wir nicht einfach hinnehmen. Ziel unserer Verkehrspolitik ist es, den Straßenverkehr sicherer zu machen, daran werden wir weiter arbeiten“, so Bill. „Angesichts einer 20-prozentigen Steigerung des Radverkehrs im Vergleich zu 2017 und sagenhafter 80 Prozent seit der Jahrtausendwende war aber leider rein statistisch zu erwarten, dass es auch mehr Unfälle geben wird.“ Aus den Zahlen könne man nicht herauslesen, dass Radverkehrsanlagen auf der Fahrbahn gefährlicher seien als auf dem Radweg. Sowohl die Zahl der Unfälle auf der Fahrbahn als auch auf Radwegen sei gestiegen, so Bill. „Genaue Erkenntnisse wird der Jahresvergleich bringen. Diesen sollten wir abwarten, bevor wir voreilige Schlüsse ziehen.“