Hamburg. Welterbestatus von Kontorhausviertel und Speicherstadt nicht gefährdet. Denkmalverein und Linke üben Kritik.
Der Abriss des denkmalgeschützten City-Hofs hat nach Ansicht des Welterbezentrums der Unesco keine negativen Auswirkungen auf die dahinterliegende Weltkulturerbestätte Kontorhausviertel mit Chilehaus und Speicherstadt. Das hat das Auswärtige Amt der Stadt Hamburg am Dienstag mitgeteilt. Damit kann die Entwicklung des Quartiers am Klosterwall jetzt fortgesetzt werden.
Wie berichtet, will die Stadt den City-Hof verkaufen. Er soll abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden. Der Plan hatte bei Denkmalschützern harsche Kritik ausgelöst – nicht nur, weil die Stadt in diesem Fall nicht ihrer Pflicht zum vorbildlichen Umgang mit Denkmälern nachkommt, sondern auch, weil der Neubau angeblich Sichtachsen auf das welterbegeschützte Kontorhausviertel verstellen würde.
Abriss des City-Hofs gefährdet Welterbestatus nicht
Im August 2018 waren zwei Expertinnen von Icomos International – ein die Unesco beratendes Gremium – in Hamburg. Sie hatten sich vor Ort einen Eindruck verschafft, sich von Abrissgegnern und -befürwortern berichten lassen und von der Stadt eine Fülle von Dokumente erhalten. Dennoch hat Icomos über den Besuch bislang nur einen Entwurf, noch keinen fertigen Bericht erstellt.
„In Kenntnis dieses Entwurfs und auf der Grundlage aller zur Verfügung gestellten Informationen hat das Welterbezentrum nun mitgeteilt, dass das Welterbekomitee im Sommer 2019 nicht mit den Planungen befasst wird“, heißt es aus der Kulturbehörde. „Das bedeutet, dass der Abriss des City-Hofes aus der Sicht des Welterbezentrums der Unesco nicht den Welterbestatus der Speicherstadt und des Kontorhausviertels gefährdet.“ Hätten die Icomos-Expertinnen den Abriss des City-Hofs als Beeinträchtigung des Welterbes angesehen, wäre das Thema auf die Tagesordnung der nächsten Unesco-Sitzung im kommenden Sommer gekommen.
Kultursenator Carsten Brosda sagte: „Es ist gut, dass wir nun die Gewissheit haben, dass auch das Welterbezentrum der Unesco durch die Planungen am Klosterwall keine negativen Auswirkungen auf das Welterbe sieht.“ Und auch Dorothee Stapelfeldt, Senatorin der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen, ist zufrieden: „Mit der Entscheidung des Welterbezentrums können wir nun zügig die Entwicklung an dieser sensiblen Stelle der Innenstadt fortsetzen.“
Kritik vom Denkmalverein und von den Linken
Scharfe Kritik kommt vom Denkmalverein: „Die Vorab-Auskunft des Welterbezentrums begründet sich bislang nur auf einen nicht freigegebenen Entwurf von Icomos und zeigt lediglich, dass hier mit allen Mitteln ein Denkmal abgerissen werden soll“, sagt die Vorsitzende Kristina Sassenscheidt, die mit . Icomos im Kontakt gestanden hatte. "Geplant war ein gemeinsames Statement von Icomos, Welterbezentrum, Auswärtigem Amt und der Stadt Hamburg nach einem Treffen in Paris, das für den 23. November angesetzt war.“ Das sei offenbar von Icomos abgesagt worden, nachdem der Denkmalverein die Icomos-Vertreterinnen davon informiert hatte, dass die Stadt einen seit Anfang Oktober im Entwurf vorliegenden Icomos-Report verschwiegen habe, den sie und das Auswärtiges Amt noch in Richtung Abrisszustimmung zu verändern versuchten. „Welterbezentrum, Auswärtiges Amt und Hamburg sind nun offenbar ohne Rücksprache mit Icomos mit Infos aus dem noch nicht freigegebene Entwurf an die Öffentlichkeit gegangen, um Fakten zu schaffen.“
Auch Heike Sudmann, stadtentwicklungspolitische Sprecherin der Linken, ist empört. „Anscheinend haben der Senat und das Auswärtige Amt viel Druck gemacht, um eine Entscheidung der Unesco herbeizuführen“, vermutet sie. „Weshalb sonst reicht lediglich ein Entwurf für eine abschließende Entscheidung des Welterbezentrums?“ Zur langen Liste der „Fouls“ des Senats in Sachen City-Hof passe, dass er noch am 16. November in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage behauptet habe, keine weiteren Informationen zu haben. „Heute stellt sich aber heraus, dass der Welterbekoordinator, ein Mitarbeiter der Kulturbehörde Hamburg, am 6. November in Paris mit der Unesco über das weitere Verfahren gesprochen hat.“ Trotzdem gebe es noch Hoffnung für den Erhalt des City-Hofs, so Sudmann. Da die Firma August Prien noch nicht Eigentümerin des Grundstücks sei, könne ihr Abrissantrag nicht genehmigt werden. Der Senat wiederum könne den Abriss jetzt nicht beantragen, da er den Neubau nicht realisiere. Eine entsprechende Senatsanfrage sei gestellt.
Initiative City-Hof: Geplanter Neubau würde Welterbestätte schaden
Wörtlich lautet die Mitteilung des Auswärtigen Amtes: „Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass in Kenntnis des Entwurfs des Berichts zur Beratungsmission, der anerkennt, dass der City-Hof nicht zum OUV (dem außergewöhnlichen universellen Wert, die Red.) der Welterbestätte beiträgt, das Welterbezentrum der Auffassung ist, dass die Planungen keine negativen Auswirkungen auf den außergewöhnlichen universellen Wert der Stätte selbst haben.“
Marco Alexander Hosemann von der Initiative City-Hof ist überzeugt, dass die Unesco damit nur grünes Licht für den Abriss gegeben hat: „Über die Frage, ob der Abriss des denkmalgeschützten City-Hofs negative Auswirkungen auf den außergewöhnlichen universellen Wert von Hamburgs Welterbe hätte, lässt sich streiten. Über die Frage, ob die geplante Neubebauung am Klosterwall der Welterbestätte schaden würde, dagegen nicht.“ Es sei offensichtlich, dass diese den Blick auf das Kontorhausviertel aus Richtung Osten nahezu vollständig verstellen und damit die visuelle Erlebbarkeit des Welterbes massiv stören würde.
Enno Isermann, Sprecher der Kulturbehörde, räumt ein: „Wir werden bei den weiteren Planungen zum Neubau mit der Unesco im Gespräch bleiben.“