Hamburg. Mehr als 30 Prozent von ihnen werden sich ihre Wohnung bald nicht mehr leisten können, fürchtet der Mieterverein zu Hamburg.

Der Mieterverein zu Hamburg fordert den Senat auf, sich über den Bundesrat für einen wirksameren Mieterschutz einzusetzen. „Insbesondere erwarten wir, dass Gesetzesinitiativen angestrengt werden, die den starken Anstieg der Mieten bei Neuabschluss und im Bestand nachhaltig begrenzen“, sagte Vorsitzende Siegmund Chychla bei einer Pressekonferenz am Dienstag in Hamburg.

50 Prozent der neuen Immobilien sollten Sozialwohnungen und preisgedämpfte Wohnungen sein. Der Mieterverein plädiert zudem dafür, dass die Stadt ihre Grundstücke „vornehmlich im Wege des Erbbaurechts“ vergeben soll, nicht mehr durch einen Verkauf. Die Aufwertung von Quartieren dürfte nicht zur Verdrängung alteingesessener Mieter führen. Chychla: "Wir rechnen damit, dass sich angesichts der Mietsteigerungen etwa 30 Prozent der Mieter ihre Mietwohnung in den nächsten Jahren nicht mehr werden leisten können. Denn rund ein Drittel der Mieter hat ein Haushalts-Nettoeinkommen von nur 1500 Euro."

Lukas Siebenkotten (l.) und Franz-Georg Rips (M.) vom Deutschen Mieterbund sowie Siegmund Chychla vom Mieterverein zu Hamburg bei der Pressekonferenz am Dienstag.
Lukas Siebenkotten (l.) und Franz-Georg Rips (M.) vom Deutschen Mieterbund sowie Siegmund Chychla vom Mieterverein zu Hamburg bei der Pressekonferenz am Dienstag. © HA | Peter Wenig

Chychla nannte mehrere Beispiele, wo Verdrängung geschehe. So habe eine Rentnerin, Mieterin einer 42 Quadratmeter großen Wohnung in Harvestehude, im März 2018 das Angebot des neuen Eigentümers abgelehnt, gegen Zahlung von 20.000 Euro auszuziehen. Chychla: „Daraufhin erhielt unser Mitglied im Oktober die Ankündigung einer sehr umfangreichen und teuren Modernisierung mit der Aufforderung, das Für und Wider des Verbleibs in Ihrer Wohnung abzuwägen.“ Die Miete der 70-jährigen, die seit 30 Jahren dort lebt, solle um mehr als 436 Prozent auf 1400 Euro steigen.

Bei der Pressekonferenz forderte Mieterbund-Präsident Franz-Georg Rips die Bundesregierung auf, jedes Jahr den Bau von 100.000 Sozialwohnungen zu fördern: „Dazu ist eine Aufstockung der Finanzmittel durch den Bund erforderlich, und die Länder müssen mindestens in gleicher Höhe Haushaltsmittel für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung stellen. Nicht zuletzt dafür werden sie von 2020 an einen höheren Anteil an der Umsatzsteuer erhalten.“

Mieterbund gegen Baukindergeld

Rips sprach sich gegen das Baukindergeld aus, mit dem die Bundesregierung Familien beim Erwerb von Immobilien unterstützt: „Das Baukindergeld ist wohnungspolitisch unsinnig. Es führt in ländlichen Regionen zu Mitnahmeeffekten, reizt in Städten allenfalls den Kauf von Eigentumswohnungen an und erhöht damit die Gefahr, dass zusätzlich Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umgewandelt werden. Neue und vor allem bezahlbare Wohnungen werden dadurch nicht entstehen.“

Die für das Baukindergeld prognostizierten Ausgaben von drei bis vier Milliarden Euro seien besser im sozialen Wohnungsbau aufgehoben. Der Mieterbund plädiert zudem für eine schärfere Mietpreisbremse: „Es gibt zu viele Ausnahmen.“