Hamburg. Mieten oder kaufen? Ein Hamburger Immobilien-Start-up und der Makler Engel & Völkers bieten eine Alternative an.

Eine junge Hamburger Firma geht bei Vermietung und Verkauf von Wohnungen in der Hansestadt neue Wege. Das Modell heißt Wohnraum-Leasing, das einen späteren Kauf der Wohnung oder des Hauses möglich macht. „Leasen statt mieten“, heißt es in einem Newsletter des Großmaklers Engel & Völkers, der von einem neuen Kapitel in der Geschichte der Immobilienvermarktung spricht. Der Makler kooperiert dazu mit dem Hamburger Unternehmen OWNR, das das Wohnleasing entwickelt hat. Auf der Internetseite von OWNR sind rund 4000 Immobilien in der Hansestadt verfügbar.

Angesichts der hohen Nachfrage nach Mietwohnungen will Unternehmensgründer Nils Kohle nun Verkaufsobjekte mit dem neuen Modell in den Mietmarkt einbringen. Erst vor einem Jahr gründete er zusammen mit Roland Wenidoppler und einigen privaten Investoren OWNR. Andere Firmen dieser Art gibt es noch nicht, aber Kohle ist überzeugt: „Der Wettbewerb wird kommen.“ Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen.

Wie funktioniert Wohnraum-Leasing?

Sobald der Leasingvertrag vom Mieter unterschrieben ist, wird die Immobilie von OWNR gekauft und renoviert. „Wir bauen eine neue Küche ein und renovieren auch das Bad mit neuen Sanitär­objekten und Armaturen“, sagt Kohle. Bei der Ausstattung kann zwischen drei möglichen Ausführungen Top-Standard, Premium und Design gewählt werden. Das Ausstattungsniveau hat Einfluss auf die Höhe der Leasingrate. Die Laufzeiten der Verträge liegen zwischen 18 und 48 Monaten. Danach können die Bewohner den Leasingvertrag verlängern, ausziehen oder die Immobilie zu einem vorher vereinbarten Preis erwerben. Kohle verspricht beim Kauf günstige Konditionen von Partnerbanken. „Im Normalfall ist zum Kauf etwa 30 Prozent weniger Eigenkapital erforderlich“, sagt Kohle. Da das Geschäftsmodell gerade erst gestartet ist, liegen noch keine Erfahrungen zum Kauf vor.

Wie hoch sind die monatlichen Leasingraten­?

Das Unternehmen spricht von einem Preisniveau, das sich an der Höhe der ortsüblichen Miete orientiert. „Die Mieten liegen deutlich über dem Mietenspiegel“, widerspricht Siegmund Chychla, Geschäftsführer des Mietervereins zu Hamburg. Allerdings lassen sich zu Mietspiegelpreisen – etwa in Ottensen – gegenwärtig keine Wohnungen anmieten. Die meisten Angebote in den Internetportalen liegen bei Quadratmeterpreisen zwischen 16 und 22 Euro (kalt). Bei den Offerten von OWNR ist lediglich eine Spanne der künftigen Leasingrate angegeben. Bei einer Dreizimmerwohnung mit 78 Quadratmetern in Ottensen liegt diese Spanne zwischen 1502 und 1740 Euro, was im günstigsten Fall einer Kaltmiete von 19,25 Euro pro Quadratmeter entsprechen würde.

Günstiger ist eine Zweizimmerwohnung in Barmbek-Süd mit 55 Quadratmetern. Die Leasingrate dafür liegt zwischen 653 und 758 Euro. „Auf Basis von künstlicher Intelligenz bewerten wir alle Objekte und schätzen automatisch den Aufwand für die Renovierung“, sagt Kohle. Deshalb könne zunächst nur eine Spanne angeboten werden. Die genaue Kalkulation erfolgt erst bei Ankauf und Abschluss des Leasingvertrags. „Wenn nicht eine besonders hochwertige Ausstattung gewünscht wird, überschreiten wir die angegebene Höchstgrenze nicht“, sagt Kohle. Auch die Bonität des Leasingnehmers, der mögliche Wettbewerb beim Kauf der Wohnung und viele andere Faktoren spielen für die Höhe der Leasingrate eine Rolle.

Gibt es eine bestimmte Zielgruppe?

„Hauptsächlich sehen wir die Gruppe der Mitte 20- bis Ende 30-Jährigen, die nach Studium oder Ausbildung zwar gutes Geld verdienen, aber noch keine Ersparnisse für den Eigentumserwerb haben“, sagt Kohle. Er hat aber inzwischen auch ganz andere Zielgruppen kennengelernt. Ältere Menschen, die eine neue Immobilie suchen, diese aber nicht mehr von der Bank finanziert bekommen und die bisherige Immobilie erst noch verkaufen müssen. „Ich sehe noch viele Möglichkeiten für unser Geschäftsmodell“, sagt Kohle.

Wie läuft der mögliche Kauf der Immobilie ab?

Nach Ablauf der vereinbarten Leasingzeit kann die Kaufoption genutzt werden. Der Kaufpreis steht von Anfang an fest. Bei der Wohnung in Ottensen sind das 590.000 Euro. Das sind knapp 7600 Euro pro Quadratmeter – das ist deutlich mehr als der Durchschnittspreis von 5512 Euro für diesen Stadtteil nach dem LBS-Immobilienatlas. Die Wohnung in Barmbek-Süd soll 229.000 Euro kosten. Mit 4163 Euro je Quadratmeter ist sie etwa acht Prozent günstiger als der Durchschnittspreis für diesen Stadtteil. „Der spätere Kaufpreis ist der aktuelle Wert zuzüglich einer jährlichen Wertsteigerung von 1,95 Prozent“, sagt Kohle. „Wir müssen auch beim Verkauf noch etwas Geld verdienen.“ Anders als bei einem Mietkauf werden die Leasingraten weder ganz noch teilweise auf den Kaufpreis angerechnet.

Was unterscheidet den Leasingvertrag vom Mietvertrag?

„Es ist eine Kombination aus beiden“, sagt Kohle. Zu 80 Prozent sei es ein Mietvertrag und zu 20 Prozent ein Leasingvertrag. Der Mieter muss keine Kaution stellen und beim Auszug auch nicht renovieren. Der Mieterverein zu Hamburg sieht die Gefahr, dass mit den Leasingverträgen das Mietrecht ausgehebelt werden soll. „Wir befürchten, dass damit die Mietpreisbremse umgangen werden soll“, sagt Chychla. Dem widerspricht OWNR. „Wir halten uns an alle rechtlichen Grundlagen“, sagt Kohle.

Woher hat OWNR das Kapital für den Kauf der Wohnungen?

Gegenwärtig kommt es noch von privaten Investoren. Künftig sollen in Luxemburg Anleihen aufgelegt werden, die zur Refinanzierung dienen, so wie das andere Leasinggesellschaften auch praktizieren.

Wird Wohnraum-Leasing zu einem Trend?
Engel & Völkers sieht vor allem die Flexibilität des OWNR-Modells als Vorteil. „Alle Immobilien, die bei Engel & Völkers Market Center Hamburg Elbe zum Verkauf stehen, sind potenzielle Leasingobjekte“, sagt eine Sprecherin des Unternehmens. „Immobilien-Leasing wird am Markt intensiv diskutiert“, sagt Lars Seidel, Geschäftsführer von Grossmann & Berger. Er sieht als einen Vorteil, dass man das Objekt bereits gut kennt, bevor sich Mieter zum Kauf entschließen. „Wir glauben, dass die Nachfrage hierfür da ist, und prüfen diese Angebotsform auch für unser Haus“, sagt Seidel. OWNR will expandieren und im ersten Quartal kommenden Jahres sein Geschäftsmodell auch in Berlin und London anbieten.