Hamburg. Eine Online-Petition strebt „Wiener Modell“ mit Jahreskarten zu 365 Euro an. HVV warnt vor Millionenverlust – und erhöht die Preise.
Ein Euro pro Tag, mehr sollte der öffentliche Nahverkehr in Hamburg nicht kosten. Das ist die Forderung der Initiative „HVV-Umsonst“. Per Online-Petition, die bereits knapp 6000 Menschen unterstützen, wirbt die Initiative für ihre Idee. Demnach sollte in Hamburg das sogenannte „Wiener Modell“ angestrebt werden. In der österreichischen Hauptstadt kostet das Jahresticket für die dortige „Kernzone“ 365 Euro.
Anlässlich der Hamburger Verkehrsausschusssitzung am Freitagabend verleiht die Initiative ihrem Verlangen nochmals Nachdruck. Denn der Fachausschuss der Bürgerschaft empfiehlt aller Voraussicht nach die vom HVV geforderte Preiserhöhung um 2,1 Prozent im Verkehrsverbund zum 1. Januar 2019.
HVV-Preiserhöhung „zukunftsfremd und unsozial“
Die neuerliche Erhöhung sei laut Initiative nicht nur „zukunftsfremd und unsozial“, sie liege auch abermals über der Inflationsrate. Damit habe sich die Anpassung der Preise während der vergangenen zehn Jahre zehn Prozent über dem Inflationsniveau eingepegelt. Das bestreiten HVV und Wirtschaftsbehörde, die aktuelle Inflationsrate liegt laut Verbraucherpreisindex bei 2,5 Prozent.
Dennoch versäume es Hamburg einmal mehr, so die Initiative, „ein echtes Zeichen für eine zukunftsfähige Verkehrspolitik zu setzen“. Vor dem Hintergrund des „Bundesländerindex Mobilität“, bei dem Hamburg erst vor Tagen den vorletzten Platz belegte, torpediere die Preiserhöhung zum Winterfahrplan die angekündigte Verkehrsoffensive, moniert Hinrich Eberhardt, Sprecher der Initiative.
Teure Tickets träfen Pendler, Senioren und Kinder
Insbesondere, dass bei den Tarifen für Pendler, Senioren und Kinder an der Preisschraube gedreht werde, sei das falsche Signal. „Es macht den Eindruck, als seien dem Senat die Luftverschmutzung, der Klimawandel und die durch unsoziale Preise deutlich eingeschränkte Mobilität vieler Hamburger egal“, so Eberhardt.
HVV-Sprecher Rainer Vohl erwidert, Personen mit geringem Einkommen, die Anspruch auf Transferleistungen haben, erhalten von der Stadt einen Sozialkartenrabatt auf Zeitkarten. Dieser liege momentan bei 21,10 Euro und wird zum 1.1.2019 auf 21,70 Euro angehoben.
„Wiener Modell“ kostet 365 Euro im Jahr
Der HVV begründet die Preisanpassung im Januar mit steigenden Betriebskosten und geplanten Angebotsausweitungen bei gleichbleibenden städtischen Zuschüssen. Hamburg sei laut Initiative bundesweit die Stadt, die den öffentlichen Nahverkehr am wenigsten bezuschusst. Aktuell seien es 27 Prozent des Umsatzes, 2011 waren es noch 32 Prozent.
Wir fordern den Senat auf, dem „Wiener Modell“ zu folgen und ein Jahresticket für einen Euro am Tag einzuführen, heißt es aus der Initiative. Die Hamburger seien es leid, jedes Jahr aufs Neue tiefer in die Tasche greifen zu müssen. Das Angeregte Ein-Euro-Jahresticket könne mit Hilfe des Job-Tickets als steuerfreie Sachleistung sogar vom Arbeitgeber übernommen werden. Bei Schülern, Studenten und finanziell Benachteiligten soll die Stadt die Kosten für das Ticket komplett übernehmen, so die Initiative.
HVV: Ein-Euro-Tickets kosten Steuerzahler 550 Millionen Euro
Zu finanzieren sei das, wie die Stadt Wien zeige, durch einen Anstieg der Abo-Zahlen. Der Ausbau des ÖPNV könne mit City-Maut oder flächendeckender Parkraumbewirtschaftung finanziert werden. „Es darf nicht sein, dass das Abstellen privater Autos kostenlos ist, gleichzeitig aber die effiziente und umweltschonende Nutzung des ÖPNV immer teurer wird“ so Jens Deye, Initiator der Online-Petition.
HVV-Sprecher Vohl hält davon nichts: „Man kann jeden Euro nur einmal ausgeben. Entweder für ein qualitativ hochwertiges Angebot, das ständig erweitert und in die Zukunft entwickelt wird oder für einen ÖPNV nahezu zum Nulltarif.“
Die möglichen Defizite der Verkehrsunternehmen, die durch Zuschüsse auszugleichen sind, würden ansteigen, so Vohl. Der vorliegende Vorschlag bedeute, dass die öffentlichen Haushalte zusätzliche Fahrgeldausfälle im HVV-Gebiet in Höhe von 550 Millionen Euro pro Jahr auszugleichen hätten.
Die Online-Petition ist unter change.org zu finden.