Hamburg. Vorgestellt wurde es als „Interimsgebäude“. Jetzt stellt sich heraus: Die Flugsteige sollen „zunächst 15 Jahre“ lang genutzt werden.
Mehr als 500 Millionen Euro will der Flughafen Hamburg in den nächsten Jahren investieren, um mehr Platz und mehr Komfort für Passagiere zu schaffen. Im Zuge dieses Programms soll auf dem Vorfeld zusätzlich zu den beiden bestehenden Terminals ein weiteres Terminal mit Flugsteigen errichtet werden, zu dem die Passagiere per Bus befördert werden. Im Jahr 2020 soll es fertig sein, die Kosten werden mit 30 Millionen Euro angegeben.
Ursprünglich hatte es geheißen, dass es sich dabei lediglich um ein „Interimsgebäude“ handle. Nun teilte der Senat in einer Antwort auf eine Schriftliche Kleine Anfrage (SKA) mit: „Die Nutzungsdauer ist zunächst mit 15 Jahren veranschlagt.“ Auf Abendblatt-Anfrage bestätigte eine Airport-Sprecherin die Nutzungsdauer.
Kommentar zu neuen Plänen am Hamburger Flughafen
Hamburger Flughafen: FDP überrascht über Nutzungsdauer
FDP-Fraktionschef Michael Kruse, der die Anfrage stellte, zeigte sich überrascht über die Antwort des Senats: „Die Nutzungsdauer des sogenannten Interimsterminals wirft Fragen auf. Mit 15 Jahren ist sie reichlich lang dimensioniert“, sagte Kruse. Von einer „Salamitaktik“ sprach Martin Mosel, Sprecher der Bürgerinitiative für Fluglärmschutz: „Man baut den Flughafen Stück für Stück auf ein Maß aus, das der innerstädtischen Lage nicht angemessen ist. Der Flughafen soll mit offenen Karten spielen.“
Auch CDU und Linke schlagen in diese Kerbe. „15 Jahre sind für ein Übergangsterminal viel zu lang“, sagte der CDU-Verkehrsexperte Dennis Thering. Der Flughafen habe bei der Vorstellung der Pläne einen anderen Eindruck erweckt. „Das ist eine Irreführung der Bevölkerung“, sagte Thering. Irritiert zeigt sich auch die Bürgerschaftsfraktion Die Linke. „Das geht bezüglich des Zeitrahmens völlig an dem vorbei, was uns vorgestellt wurde“, sagte Stephan Jersch, Fachsprecher für Wirtschaft. „Das ist kein Ersatz für den vorübergehenden Abbau von Flugsteigen, sondern eine Kapazitätsausweitung“, so Jersch.
Andere Darstellung des Flughafens
Eine Sprecherin von Hamburg Airport widersprach dem. Sie sagte, dass das „Interimsgebäude“ nicht den Flughafen erweitere. „Es wird für Bauphasen, in denen Gates wegfallen, gebraucht“, so die Sprecherin. Es soll ein „modernes sowie hell und offen gestaltetes Interimsgebäude“ sein, das im Laufe des nächsten Jahres zwischen den bestehenden Flugzeugpositionen auf dem Vorfeld des Hamburger Flughafens entstehen wird.
Den Begriff „Terminal“ vermeidet der Flughafen. Es handele sich um ein „sehr funktionales Gebäude“, das nur zum Boarding dienen solle, so die Sprecherin. Zwar sei dort auch ein Café vorgesehen. Die Shopping- und Gastronomiebereiche für die Fluggäste befänden sich aber weiter in den bestehenden Terminals, die Passagiere würden erst kurz vor dem Abflug mit Shuttlebussen, die alle drei bis fünf Minuten verkehren sollen, in das Gebäude gebracht.
Neuer Abfahrtsbereich
Dafür schaffe man eigens einen neuen Abfahrtsbereich. Wie eine vom Flughafen jetzt vorgelegte Visualisierung zeigt, können mindestens acht Jets an dem „Interimsgebäude“ parken. Fluggastbrücken gibt es dort nicht, die Passagiere müssen einige Meter über das Vorfeld gehen.
Gebaut wird das neue Gebäude, weil im Rahmen des „Terminal-Entwicklungsplans“ weitere Flugzeugstellplätze und Gates an der Rückseite der Pier Süd entstehen sollen. Auch hier haben die Arbeiten bereits begonnen: „Derzeit läuft der Rückbau der früheren Frachtanlagen, um Platz für zusätzliche Vorfeldflächen zu schaffen“, so Niemeyer. „Für den Umbau der Pier befinden wir uns noch in den Planungen.“ Inklusive eines neuen Shopping-Bereichs am nördlichen Ende der Pier kostet die Umgestaltung dieses Bereichs nach Angaben von Eggenschwiler aus dem Jahr 2017 etwa 160 Millionen Euro.
Zusätzliche Shops und Gastronomieflächen
Vorgesehen sei außerdem, dass die „Airport Plaza“, das Gebäude zwischen den beiden Terminals, eine Erweiterung auf das Vorfeld hinaus erhält. Dort soll bis 2026 ein neuer „Wartebereich mit großem Marktplatz“ mit zusätzlichen Shops und Gastronomieflächen entstehen, wie aus einer von Eggenschwiler damals vorgelegten Präsentation hervorgeht. Der Neubau, dessen Kosten auf ebenfalls rund 160 Millionen Euro veranschlagt werden, soll drei Etagen haben. Zu dem Investitionspaket gehört auch der Ersatz der inzwischen 25 Jahre alten Gepäckanlage. Für die komplett neue Anlage wird ein Betrag von rund 190 Millionen Euro veranschlagt.
Zu enge Räumlichkeiten im Airport
Wie an anderen deutschen Flughäfen war man in Fuhlsbüttel nach etlichen Wachstumsjahren zeitweise an Kapazitätsgrenzen gestoßen, was zu langen Wartezeiten an Gepäckbändern und vor Sicherheitskontrollen führte. Über solche Probleme sowie über Engpässe in der Flugsicherung hatte man kürzlich auf dem Luftfahrtgipfel in Hamburg diskutiert. „Es ist etwas eng geworden“, räumte die Airport-Sprecherin ein. „Das hat dazu geführt, dass die Abläufe zeitweise etwas holprig waren.“
Doch man habe gehandelt: „Wir haben im Bereich der Sicherheitskontrollen für 500.000 Euro ein wenig genutztes Treppenhaus abgebaut, um mehr Raum zu schaffen. Voraussichtlich 2019 sollen neue, effizientere Geräte für die Kontrollen eingesetzt werden.“ Durch den Umzug von Eurowings von Terminal 2 nach Terminal 1 sei eine „ausgeglichenere Auslastung“ erreicht worden.
Den Wachstumsschub, den andere deutsche Flughäfen in diesem Jahr erleben, hatte man in Fuhlsbüttel bereits 2017 verzeichnet, als die Passagierzahl um 8,6 Prozent auf ein Rekordniveau von 17,6 Millionen stieg. In den ersten neun Monaten 2018 beförderte der Airport laut Monatsbericht September 13,056 Millionen Menschen, das waren 2,8 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Als Gründe dafür gelten vor allem die Pleite von Air Berlin und die Schließung der EasyJet-Basis.
Mehr Nachtflüge in Hamburg
Die Zahl der Flugbewegungen ging um 3,9 Prozent auf 118.060 zurück. Zwar gab es bei den verspäteten Flügen nach 23 Uhr im September im Monatsvergleich zum Vorjahr einen leichten Rückgang um 18 auf 125 Maschinen. Aufs Jahr gesehen zeigt der Trend aber weiterhin nach oben. Zwischen 23 und 24 Uhr starteten und landeten in den ersten neun Monaten rund 20 Prozent mehr Maschinen. Nach Angaben des Airports waren es 1001 Flugzeuge, die Bürgerinitiative für Fluglärmschutz (BAW) zählte noch 13 Starts und Landungen mehr. Nach Angaben von BAW-Sprecher Martin Mosel waren die Lufthansa und ihre Billigflug-Tochter Eurowings mit 439 Starts und Landungen dabei.