Hamburg. Die beiden Männer hatten dabei geholfen, mit Rauschgift präparierte Türen in ein Lagerhaus zu verfrachten.
Augen zu und durch! Als die beiden Männer an jenem Wintertag kräftig mit anpackten, als sie halfen, Dutzende Türen von einem Container in ein Lagerhaus zu verfrachten, da versuchten sie sich einzureden, dass sie lediglich einen gut bezahlten Möbelpackerjob im Freundeskreis verrichteten. Am besten keine Fragen stellen, dann würde schon alles irgendwie gut gehen. Es war diese Vermeidungshaltung, die sie für eine passable Strategie hielten, auch wenn der Zweifel an ihnen nagte und das Gewissen immer lauter Warnungen ausrief. Als wenn Naivität vor Strafe schützen würde.
Gut achteinhalb Jahre nach diesem Januartag 2010 stehen die einstigen Türträger Ahmed B. und Christoph O. (alle Namen geändert) vor dem Landgericht, zwei 39-Jährige, die ihre Vergangenheit eingeholt hat und die jetzt betreten dreinblicken. „Ich kenne den Unterschied zwischen richtig und falsch“, betont der eine. „Es tut mir alles sehr leid“, beteuert der andere. Denn tatsächlich, so wirft es die Anklage den beiden Männern vor, haben die Hamburger zu einem veritablen Kokain-Schmuggel Beihilfe geleistet.
Hohlräume in den Rahmen der Türen
In die Rahmen der Türen waren Hohlräume geschnitten worden, in denen insgesamt 32 Kilogramm der Droge verborgen waren, aufgeteilt in handliche Päckchen von je etwa 320 Gramm. Es war Stoff von bester Qualität, der pro Kilo etwa 40.000 Euro auf dem Schwarzmarkt wert ist. Die mit dem Rauschgift präparierten Türen waren von Ecuador aus in Containern und per Schiff nach Hamburg geliefert worden, wo Mittelsmänner die Möbel in Empfang nahmen. Für das Ausladen der Türen suchten sie im Freundeskreis kräftige Helfer, denen sie einen guten Lohn fürs Anpacken zusagten. Und Ahmed B. und Christoph O. sagten zu.
Er habe tatsächlich beim Schleppen der Türen geholfen, sagt Christoph O. nun im Prozess. „Mir war klar, dass in ihnen Kokain verborgen war. Ich war aber in den Verkauf der Drogen nicht eingebunden. Ich sollte nur mit anpacken. Ich hatte nur an den 1000 Euro Lohn Interesse, die man mir fürs Ausladen versprochen hatte.“ Über das Rauschgift habe er „nichts Genaues wissen“ wollen. Und Ahmed B. bezeichnet seinen Beitrag als „Fehltritt. Ich habe mich in meinen Freunden getäuscht“, sagt der 39-Jährige.
Freundschaft ist längst erloschen
Er habe sich eigentlich nicht vorstellen können, dass diese so eine Tat begehen. „Ich hielt es zwar für möglich, dass es sich um Kokain handelte, aber ich habe es nicht gewusst.“ Es sei ihm allerdings schon verdächtig vorgekommen, dass einer seiner Kumpel an jenem Tag ausnahmsweise kein Handy dabeihatte – er, der sonst fast mit dem Mobiltelefon verwachsen zu sein schien. „Ich habe mitgemacht, weil ich blöd war.“
Die Freundschaft der beiden Männer zu ihren ehemaligen Kumpels ist längst erloschen. Und so hatten sie auch nichts mit vier weiteren ähnlichen Verbrechen zu tun, an denen ihre früheren Freunde noch fleißig beteiligt waren: Seit 2009 hatten diese Kontakte zu Großdealern, die Kokain im großen Stil von Ecuador nach Deutschland lieferten. Die Importeure wussten, was es mit der Ware auf sich hatte und in etwa, um welche Mengen es ging, und stellten für den Empfang der Schmuggelware ihre Namen zur Verfügung. Zwar wurden alle Container in Hamburg geröntgt, aber dem Zoll war nicht aufgefallen, dass es auf den Bildern dunklere Schatten gab, die eigentlich eine genauere Inspektion erforderlich gemacht hätte. Erst Fall fünf flog in Ecuador im Jahr 2012 auf. Dabei wurden 186 Kilogramm entdeckt und sichergestellt.
Hinweise auf weitere Kokainlieferungen
Die Polizei des südamerikanischen Staates informierte daraufhin das Bundeskriminalamt, das vier weitere Lieferungen mit identischen Namen auf den Empfängerlisten ermittelte und überprüfte. Die Röntgenbilder dieser Lieferungen waren gespeichert und wurden erneut ausgewertet: Damit gab es Hinweise für weitere Kokainlieferungen. Die Zwischenhändler, Männer im Alter zwischen 36 und 42 Jahren, wurden mittlerweile von einer anderen Kammer zu Freiheitsstrafen zwischen zwei Jahren und knapp sechs Jahren verurteilt. Die wegen Beihilfe zum Drogenhandel angeklagten Ahmed B. und Christoph O. mussten länger auf ihren Prozess warten: Nachdem gegen sie 2014 Anklage erhoben worden war, hatte die zuständige Kammer wegen erheblicher Belastung insbesondere mit vordringlichen Haftsachen erst jetzt den Prozess terminieren können.
Schließlich verhängt das Gericht gegen beide Männer Bewährungsstrafen von sechs Monaten. Bei Ahmed B., der zwei Monate in Untersuchungshaft gesessen hatte – die „schlimmste Zeit meines Lebens“, wie er sagte – gelten zwei Monate als vollstreckt, bei dem Mitangeklagten ein Monat. „In der Justiz sind die Kapazitäten schon seit Jahren eng. Das hat zu großen Rückständen in allen Kammern geführt“, betont der Vorsitzende Richter. Im Fall der beiden 39-Jährigen gebe es eine „überlange Verfahrensdauer“, die mildernd beim Strafmaß berücksichtig werden müsse.
Gefährliche Droge
„Es lastet über einem, dass es jederzeit losgehen kann. Das ist auch hinderlich für die Lebensplanung.“ Es sei offensichtlich, dass die Angeklagten beim Verladen der Türen davon ausgingen, dass sie es mit Drogen zu tun hatten. „Sie haben aus Solidarität zu Ihren Kumpels mitgemacht.“ Die Haupttat habe ein „ganz erhebliches Kaliber, es handelt sich um eine gefährliche Droge. Aber der Tatbeitrag der Angeklagten war gering.“