Hamburg. Das Angebot in der Innenstadt wächst ständig. Wie sich die Europa Passage auf den Konkurrenzdruck einstellt.

Das Angebot an Einzelhandelsflächen in der Innenstadt und der HafenCity wird immer größer. In den Stadthöfen in der ehemaligen Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt sind vor Kurzem bis zu 40 neue Geschäfte entstanden – viele davon sind noch nicht vermietet. Im Frühjahr kommen rund 10.000 Quadratmeter am Alten Wall gegenüber vom Rathaus dazu. Wie hier der Vermietungsstand ist, kommuniziert der Bauherr Art-Invest nicht.

Ein Einkaufszentrum mit völlig neuen Dimensionen entsteht bis Ende 2022 im Überseequartier in der HafenCity. Dort realisiert der französische Projektentwickler Unibail-Rodamco ein Quartier mit bis zu 200 Geschäften auf 80.500 Quadratmetern Verkaufsfläche. Dieses wird das aktuell größte Shoppingcenter der Innenstadt. Es wird die Europa Passage am Ballindamm mit 120 Geschäften und rund 35.000 Quadratmetern Verkaufsfläche, die heute vor zwölf Jahren eröffnet wurde, deutlich übertrumpfen.

Politik beobachtet die Entwicklung genau

Jörg Harengerd, seit knapp einem Jahr Centermanager der Europa Passage, sieht diese Entwicklung kritisch: „Natürlich fragt man sich, welche Geschäfte dort überhaupt noch eröffnen sollen“, sagt er. „Denn eigentlich ist Hamburg schon sehr gut versorgt mit Einzelhandelsflächen.“

Vor allem das neue Einkaufsviertel von Unibail-Rodamco in der HafenCity verfolgt Harengerd aufmerksam. „Das ist ein spannendes Vorhaben. Aber das kann nur funktionieren, wenn dort Marken einziehen, die in Hamburg noch gar nicht vertreten sind“, sagt der Branchenexperte.

Auch die Politik beobachtet die Entwicklung im Einzelhandel genau. Dem Abendblatt sagte SPD-Fraktionschef und Stadtentwicklungsexperte Dirk Kienscherf: „Wenn es immer mehr Flächen gibt, dann werden die Quadratmeterpreise in der Innenstadt sinken. Das ist ein positiver Effekt, wenn man bedenkt, dass in Spitzenlangen zurzeit deutlich mehr als 200 Euro pro Quadratmeter verlangt werden.“ Kienscherf ist überzeugt davon, dass „es noch zahlreiche Marken gibt, die Interesse am Standort Hamburg haben und die von der wachsenden Anzahl an Flächen profitieren.

Zunehmender Konkurrenzdruck

Dass „seine“ Bestandsmieter in das Überseequartier ziehen, davor hat Jörg Harengerd keine Angst. „Die Europa Passage ist seit mehr als einem Jahrzehnt am Markt und hat sich einen Namen gemacht. Das wissen natürlich auch die Mieter zu schätzen.“

Centermanager Harengerd lässt die Zahlen sprechen: „Wir haben rund 52.000 Besucher pro Tag. Damit sind wir führend in Hamburg. Aber darauf dürfen wir uns nicht ausruhen.“ Denn natürlich ziehe eine neue Shoppingmall, wie die geplante in der HafenCity, auch Kunden ab. Deshalb setzt Harengerd zunehmend auf Entertainment und nennt als Beispiel ein Projekt für das kommende Jahr: „Wir planen 2019 Hamburgs größtes Kletterevent für Schulen und Profis“, sagt er. Auch jeder Besucher soll die geplante 15 Meter hohe Kletterwand im Einkaufszentrum nutzen können.

Der Chef der Europa Passage sitzt im Büro des Centermanagements und wirkt trotz des zunehmenden Konkurrenzdrucks zufrieden. „Es sind alle Flächen vermietet, und es gibt noch zahlreiche Interessenten, die auch gerne in der Europa Passage vertreten sein wollen“, sagt Harengerd.

Veränderungen in der Europa Passage

Aber auch in der Europa Passage gibt es immer wieder Veränderungen. Im „Food Sky“ etwa gibt es 15 Gastronomieanbieter und rund 400 Sitzplätze, die auch nachmittags noch gut ausgelastet sind. Vor einem Jahr wurde die rund 3000 Quadratmeter große Fläche eröffnet. „Die Gäste sind begeistert von dem großen Angebot und die Gas­tro­nomen von der Auslastung“, sagt Harengerd.

Zuvor waren dort, wo jetzt Pizza, Burger, Buritos und asiatische Spezialitäten angeboten werden, Ladenflächen. Einige davon standen leer, deshalb musste ein neues Konzept her. Die Gastronomie zog aus dem Untergeschoss in die Beletage der Passage. „Das war die richtige Entscheidung. Denn auf dem Weg zum Food Sky kommen die Gäste durch das ganze Haus und entdecken dabei die Geschäfte auf den anderen Etagen“, sagt Harengerd.

Harengerd kennt sich aus

Der 47-Jährige hat vor seinem Wechsel in die Europa Passage in Doha, der Hauptstadt des Emirats Katar am Persischen Golf, gearbeitet. Dort war Harengerd als Geschäftsführer für ein Joint Venture zwischen der Hamburger ECE und der Aamal-Gruppe tätig. Damit war er auch verantwortlich für das City Center Doha – eines der größten Einkaufszentren des Landes.

Mit Shoppingcentern kennt sich der gelernte Einzelhandelskaufmann seit Jahrzehnten aus. Für ECE war er zum Beispiel von 2001 bis 2004 für das Billstedt-Center verantwortlich und leitete von 2007 bis 2010 das AEZ in Poppenbüttel.