Hamburg. Der Unternehmer betreibt zahlreiche Filmtheater. Sein Erfolgsrezept lautet Kundenbindung. Ein Porträt.
Der erste Kontakt ist etwas wunderlich: Hans Peter Jansen muss kurz das Gespräch unterbrechen, das Telefon beiseitelegen und Karten verkaufen. Ja, der Chef von sechs Kinos in Hamburg und Umgebung steht selbst hinterm Verkaufstresen – und das richtig gern, wie er sagt. Wer Jansen genauer kennenlernt, kauft ihm das auch ab. Denn der Unternehmer lebt für das Kino. Nur ganz schwer kann er es ertragen, wenn ein Film nicht im richtigen Format gezeigt wird oder das falsche Objektiv genommen wird. Deshalb hat er auch schon den Chef eines Kinos herbeizitieren lassen, das er privat besuchte.
Wie Jansen zum Kino kam? Das ist eine längere Liebesgeschichte. Der Hamburger lernte erst Elektrotechnik und studierte dann Betriebswirtschaft. Ende der 70er-Jahre stieg er mit zwei Freunden ins Kinogeschäft ein. Zusammen übernahmen sie mehr nebenbei den Betrieb eines Programmkinos in Eidelstedt. Nach einem Jahr war nur noch Jansen übrig. Doch das Kinofieber hatte ihn gepackt. Als 1992 sein Kino in einem Eidelstedter Altbau geschlossen wurde, übernahm er das Fama-Kino in Lurup, das 2011 für den Bau neuer Wohnungen weichen musste. 1997 folgte das Elbe-Kino, 1999 das Kino in Blankenese. Seither erweitert Jansen sein kleines Kino-Imperium etwa alle drei Jahre um einen weiteren Standort. Insgesamt sieben Kinos, darunter auch in Volksdorf, auf St. Pauli, in Bargteheide, Plön und auf Fehmarn, sind es mittlerweile.
Er kennt seine Kunden
War es 1997 noch so, dass er als potenzieller Pächter ein Konzept mit seiner Philosophie vorlegen musste, kommen heute die Leute zu ihm. Denn Jansen hat sich den Ruf erarbeitet, auch schlecht laufende Stadtteilkinos wieder in Schwung zu bringen. Das Geheimnis seines Erfolges? „Als Betreiber vor Ort kenne ich meine Kunden. Ich bin direkt am Publikum, höre positives und kritisches Feedback. Ich brauche keine Besucherstatistiken“, erklärt er. Deshalb legt Jansen auch so viel Wert darauf, noch selbst an der Kasse zu stehen. Zudem bereitet es ihm Freude.
„Da kann man Sozialstudien betreiben“, sagt er. So hat er festgestellt, dass es vor allem Frauen sind, die gern in seine Kinos gehen. „Sie werden zu 80 Prozent von Frauen frequentiert“, berichtet er. Der Mann ab 40 interessiere sich eben mehr für Sport und Karriere, weniger für Kultur. Frauen kämen gern in Gruppen oder mit den Kindern. Was Jansen noch auffällt an der Ticketausgabe: „Die Alten, sehr Alten und Uralten haben das Kino für sich entdeckt.“ Sogar 90 bis 100-Jährige würden den Weg auf sich nehmen, um in ihrem Stadtteilkino einen Film zu sehen.
Pachtvertrag über weitere 15 Jahre
Natürlich gebe es zwischen den verschiedenen Kinos Unterschiede. Beim Elbe-Kino handle es sich um ein dankbares und etwas älteres Publikum, in Blankenese seien die Besucher durchaus jünger. Beide Häuser verzeichnen pro Jahr etwa 40.000 Besucher – laut Jansen eine gute, schwarze Zahl. Deshalb hat er für das Osdorfer Filmtheater zuletzt auch einen Pachtvertrag über weitere 15 Jahre geschlossen und es 2017 umfangreich renovieren lassen. Dabei ist Jansen bereits 71 Jahre alt. Ans Aufhören denkt er nicht. Vielmehr treibt ihn um, dass er nach seiner typischen Dreijahreslinie eigentlich bald wieder dran ist mit der Übernahme eines weiteren Kinos.
Möglicherweise ist Jansen auch deshalb so entspannt, weil er mit seinen zwei Kindern bereits die Nachfolge gesichert hat. Beide bringen sich in den Betrieb ein. Sein Sohn hat unter anderem schon die Leitung und Gestaltung des Programms des Studio Kinos auf dem Kiez übernommen. Das läuft gut, wie Jansen stolz erzählt.
„Kinos in dieser Form wird es immer geben“
Sorgen um die Zukunft der kleinen Kinos macht er sich überhaupt nicht: „Kinos in dieser Form wird es immer geben.“ Die kleinen Kinos seien auch gar nicht so klein, wie man vielleicht vermute. „Sie sind für die Zukunft sogar besser aufgestellt als die großen Kinofabriken, wenn man es denn richtig macht.“ Was er unter richtig versteht? Neben dem direkten Draht zum Publikum müsse es darum gehen, jedem Kino durch das Programm ein eigenes Gesicht zu geben. Dabei ist Jansen wichtig, dass er hinter dem, was gezeigt wird, auch stehen kann. Verfilmung von amerikanischen Erotik-Bestsellern wie Fifty Shades of Grey kommen ihm nicht auf die Leinwand.
Aber das Wichtigste ist für ihn: das Kinderkino. Hier würde zum einen die Basis für zukünftige Zuschauer gelegt, zum anderen zeigten Eltern viel Vertrauen, wenn sie ihre Kinder in die Obhut anderer geben. „Den ersten Film allein ohne Eltern zu schauen, ist doch ein ganz besonderer Moment“, sagt Jansen, der sich immer noch jedes Mal freut, wenn er das miterleben kann. Aufgeregte Kinder, besorgte Eltern, die fragen, wie lange der Film denn dauere, um die Kindern wieder abholen zu können. „Bei uns können die Eltern sicher sein, dass wir mit aufpassen, und wir kennen die Filme, die wir zeigen, ganz genau.“
Während der Pubertät würden die Jugendlichen dann flügge, die dörflichen Kinos ihnen zu piefig. Dann geht es in die Stadt, auch wohnlich. „Doch man muss nur warten“, sagt Jansen gelassen, „irgendwann kommen sie wieder zurück.“