Washington. Hamburgs Wissenschaftssenatorin will die Zusammenarbeit mit US-Universitäten stärken – eine Reise mit Überraschungen.

Es begann schon zu dämmern, als Hamburgs Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) die berühmte Adresse 1600 Pennsylvania Avenue in Washington erreichte. Doch die untergehende Sonne ließ das Weiße Haus noch einmal intensiv leuchten. Fast schon tropische Wärme hatte die Hamburger Wissenschafts­delegation nach ihrem achtstündigen Flug in die US-Hauptstadt begrüßt. Den Spaziergang vom Hotel zum Weißen Haus aber wollte keiner verpassen. In Washington zu sein, ohne dem Weißen Haus einen Besuch abzustatten? Geht gar nicht. Vor der Absperrung demonstrierte eine kleine, aber lautstarke Gruppe gegen die Politik des US-Präsidenten. Sie hielt den Schriftzug „Lügner“ in Leuchtbuchstaben in die Höhe, rief in Sprechchören „Dump Trump“, also etwa: „Entsorgt Trump.“

Der neue Wissenschaftsberater des Präsidenten, offiziell Chef des „Office of Science and Technology Policy“ im Weißen Haus, hatte zwar keine Zeit für die Delegation aus Hamburg – und auch sein Stellvertreter war verhindert. Dennoch waren Trump und seine Politik bei Fegebanks Gesprächen am Dienstag in Washington allgegenwärtig. Der Delegation geht es bei ihrer einwöchigen Reise in die USA unter anderem darum, Chancen für eine stärkere Zusammenarbeit zwischen Hamburger und amerikanischen Universitäten und Forschungseinrichtungen auszuloten.

Ideologischer Kampf gegen die Forschung

Die amerikanische Wissenschaft aber steht in Zeiten der Präsidentschaft von Donald Trump unter Druck – angesichts von dessen Kürzungswünschen und einem gesellschaftlichen Klima, in dem viele Wissenschaft mit Skepsis betrachten. Der ideologische Kampf gegen die Forschung und ihre auf Fakten beruhenden Erkenntnisse, der sich bereits zu Beginn der Amtszeit Trump abzeichnete, setze sich fort, schreibt der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) in seiner Bildungs­systemanalyse 2018. Wissenschaftlicher Sachverstand werde vom Weißen Haus praktisch kaum noch abgefragt.

Trump hat sich bisher mit seinen Kürzungsplänen nicht durchgesetzt. Viele Forschungsetats stiegen durch einen überparteilichen Beschluss des US-Kongresses erheblich, weil die Ausgabenobergrenze vorübergehend aufgehoben wurde, wie die Delegation erfuhr. Einige Bundesstaaten haben ihre Budgets aber gekürzt. Viele private Universitäten müssen mit geringeren Kapitalerträgen aus ihrem Stiftungsvermögen kämpfen. Vielleicht auch deshalb konzentrieren amerikanische Universitäten ihre Kooperationen.

Prozesse sind komplizierter, seitdem Trump regiert

Deutsche Partner müssten klar zeigen, was sie mit der Zusammenarbeit erreichen wollen – und was diese den amerikanischen Hochschulen bringt. Katharina Fegebank, schwanger mit Zwillingen, absolvierte am Dienstag ein straffes Programm. In der deutschen Botschaft traf sie nicht nur den Gesandten Boris Ruge, sondern überraschend auch auf Steffen Burkhardt, Professor an der Hochschule für Angewandte Wissenschaft (HAW), der gerade für einige Zeit in der amerikanische. Hauptstadt bei der renommierten „Washington Post“ war.

Auch bei seinem großen, datenbasierten Forschungsprojekt, an dem er seit eineinhalb Jahren arbeitet, geht es um Trump: Burkhardt wertet alle Tweets des US- Präsidenten sowohl von seinem privaten als auch offiziellen Twitterkonto aus, um zu ergründen, wie Trump dieses soziale Netzwerk für sich nutzt und sich Regierungskommunikation in seiner Administration verändert.

Technologische Neuerungen im Energiebereich

Viel zu lernen gab es für die Hamburger Delegation bei der Advanced Research Projects Agency – Energy (ARPA-E) der Energiebehörde. Sie versucht, sogenannte Sprunginnovationen zu fördern, also bahnbrechende technologische Neuerungen im Energiebereich zu entwickeln und zum Durchbruch zu verhelfen, die normalerweise wegen der langen Entwicklungsphasen und der hohen Gefahr des Scheiterns nicht verfolgt würden. Dabei geht es um Technologie wie das Auto, das die Pferdekutsche ablöste, oder den MP3-Player, der das Musikgeschäft von Grund auf veränderte.

Das sei auch für Deutschland interessant, betonte Fegebank, weil man hier Ähnliches plane. Die Agentur kann auf große Erfolge verweisen: Sie hat seit 2009 insgesamt 1,8 Milliarden Dollar in 660 Projekte investiert; aus 71 Projekten wurden neue Firmen; 245 Patente entstanden. Vor allem die Spitzen der Technischen Universität Hamburg (TUHH), Prof. Ed Brinksma, und der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW), Prof. Micha Teuscher, fanden das Thema hochspannend: Sie hatten viele Fragen.

Ansprechpartner fehlten

Dann ging es zur American Association for the Advancement of Science (AAAS), der größten Wissenschafts­gesellschaft in den USA, die auch die „Science“ herausgibt. Tom Wang, Chef für Internationales, berichtete von den komplizierter und unberechenbarer werdenden Prozessen, einfach weil viele Stellen in der Trump-Administration noch nicht besetzt seien und Ansprechpartner fehlten.

Am Nachmittag fuhr die Delegation – vorbei an Kongress, dem Obelisken des Washington Memorials und der Mall – zur National Science Foundation (NSF), die mit einem Jahresetat von 7,5 Milliarden Euro maßgeblich die Grundlagenforschung in den USA fördert. 223 Nobelpreisträger haben im Laufe ihrer Karriere Projektförderung durch die NSF erhalten.