Hamburg. Oder bewährt sie sich als Krisenmanagerin? Im Konflikt an der HafenCity Universität hat Katharina Fegebank (Grüne) lange gezögert.

Bitte ergänzen Sie den folgenden Satz: Sonnige Tage an einer jungen, prominent an der Elbe gelegenen Hochschule füllt man am besten mit …
a) Heiterkeit, Zuversicht und der motivierenden Kraft eines Wir-Gefühls.
b) Misstrauen, Kritik und Kränkungen.

Klarer Fall? Mitnichten: An der HafenCity Universität (HCU) dominiert gerade die zweite Variante in der Wahrnehmung vieler Studierender, wissenschaftlicher Mitarbeiter und Professoren. Die Hochschule für Baukunst und Metropolenentwicklung war 2006 von einem CDU-Senat mit großen Ambitionen aus der Taufe gehoben worden, als „Universität neuen Typs“ – eine Zuschreibung, die derzeit eine ganz neue Bedeutung bekommt.

„Symbolischer Hedonismus“

Dass Studierende in dieser Woche „symbolischen Hedonismus“ bei einer Wasserschlacht demonstriert haben nach dem Motto: „HCU geht baden“, war bedingt humorvoll gemeint. Weil sie sich von der Politik nicht genug gehört fühlen, kommen sie nun zur Politik und besuchen am kommenden Dienstag die Sitzung des Wissenschaftsausschusses im Rathaus.

Der Konflikt an der HCU war eskaliert, weil der überwiegend mit externen Vertretern besetzte Hochschulrat auf Vorschlag von Präsident Walter Pelka die Kanzlerin Stephanie Egerland für eine zweite Amtszeit gewählt hatte – und das, „obwohl weder der Präsident noch die Kanzlerin das Vertrauen der Hochschule genießen“, wie ein Protest-Bündnis aus Studierenden und HCU-Mitarbeitern erklärte. Das Präsidium agiere autoritär, repressiv, intransparent und sei für die „schwierigen Lern- und Arbeitsbedingungen“ an der HCU verantwortlich. Pelka hatte die Kritik im Namen des gesamten Präsidiums zurückgewiesen.

Fast eine Halbierung der Professuren

Dann versammelten sich 450 Menschen, unter ihnen etliche Professoren, zu einer Kundgebung gegen das Präsidium. Ein einmaliger Vorgang in der Geschichte der von Sparmaßnahmen stark gebeutelten HCU, die fast eine Halbierung der Zahl ihrer Professorenstellen erlebte – und laut Gründungsdrucksache eigentlich international glänzen sollte.

Den Glanz der Wissenschaft an anderen Orten in der Hansestadt hebt Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank gerne hervor. Die Grüne ist dabei um große Worte nicht verlegen, rühmt etwa gerne die internationale Forschungsanlage European XFEL, die Hamburg an die „Weltspitze“ der Röntgenlichtforschung heben werde.

Fegebanks Werben für die Wissenschaft hat trotz manch verfrühten Jubels sein Gutes. Charmant und erfrischend im Auftreten trägt die 41-Jährige dazu bei, dass die mitunter sperrige Wissenschaft nahbarer wird in Hamburg und die Stadt sich stärker als Universitätsstadt versteht.

Mehrere Forschungsneubauten

Seit ihrem Amtsantritt 2015 konnte Fegebank gleich mehrere Forschungsneubauten feiern, deren Ursprünge allerdings in der Regierungszeit von SPD- und CDU-Senaten liegen. Wahrscheinlich hat dieser Umstand in Kombination mit Fegebanks fröhlichem Auftreten ihr in der Bürgerschaft die Kritik eingetragen, eine „Schönwetter-Senatorin“ zu sein. „Sie greift viele Lorbeeren ab“, sagt ein Abgeordneter. „Konflikte kann sie nicht so gut aushalten.“

Im HCU-Konflikt tut Fegebank zunächst nichts, um diesen Vorwurf zu widerlegen. Schon seit Wochen muss sie wissen, dass es an der HafenCity Universität brodelt, denn Professoren hatten um ein Gespräch in der Wissenschaftsbehörde gebeten. Dieses Treffen mit einer HCU-Delegation findet dann am 30. April statt – doch Fegebank lässt sich von Staatsrätin Eva Gümbel (Grüne) vertreten. Der Linken-Abgeordnete Martin Dolzer fordert, die Senatorin müsse „ergebnisoffen vermitteln“. Fegebank ist noch nicht so weit.

Führungsstärke zeigt sich in Krisen

Ihre Zurückhaltung ist zwar insoweit nachvollziehbar, als politische Eingriffe in Uni-interne Angelegenheiten juristisch heikel sind. Das Gesetz garantiert Hochschulen das Selbstverwaltungsrecht. Fegebanks Behörde hat die Rechtsaufsicht über die HCU, kann aber nur rechtswidrige Beschlüsse beanstanden oder handeln, wenn die Hochschulorgane „handlungsunfähig“ sind. Doch kann, wer nimmermüde Hamburgs Zukunft als Wissenschaftsmetropole beschwört, es sich leisten, nicht mal zu vermitteln, wenn es Probleme gibt? Echte Führungsstärke zeigt sich in Krisen, heißt es. Fegebank zögert.

Derweil spitzt sich die Auseinandersetzung weiter zu: Acht von elf Mitgliedern des HCU-Hochschulsenats, dem Professoren, Studierende und Vertreter etwa der Verwaltung angehören, stimmen für die Abwahl des Präsidenten. Die nötige Dreiviertelmehrheit wird knapp verfehlt. Die Pressestelle der HCU überrascht mit der Interpretation, Pelka sei „vom Hochschulsenat im Amt bestätigt“ worden. Das finden 23 von 45 Professoren so empörend, dass sie spontan zusammenkommen und ein Gespräch mit Fegebank fordern. Die Pressemitteilung verschwindet von der HCU-Homepage, das Präsidium bietet zumindest den Studierenden einen „vertieften Dialog“ an.Von der Senatorin hören protestierende Studierende und Professoren immer noch nichts.

Erst spät entschloss sie sich zum Gespräch

Auch die wissenschaftspolitischen Sprecher von SPD, CDU, Grünen und FDP befinden sich noch in der Orientierungsphase, sind „im Austausch“ mit den Konfliktparteien. „Die Hochschulautonomie gilt nun mal im Guten wie im Schlechten“, sagt René Gögge von den Grünen. Abgeordnete, die Verständnis für das Präsidium oder das Protestbündnis äußern, möchten sich damit nicht zitieren lassen. Präsident Pelka habe halt sparen müssen, das gehe nicht konfliktfrei. Pelka habe Zug in die HCU gebracht, das seien die älteren Professoren nicht gewohnt. Pelka komme aus der Wirtschaft, ihm fehle das Feingefühl für das Hochschulmilieu, er kommuniziere ungeschickt. Statusbeschreibungen statt Ideen, wie es weiter- gehen könnte.

Carsten Ovens von der CDU will die Senatorin „stärker in die Pflicht nehmen“. Der Vorsitzende des Wissenschaftsausschusses, FDP-Politiker Daniel Oetzel, will sich „mit der Senatorin zusammensetzen“. Aus Fegebanks Behörde heißt es am Dienstag, ein zweites Gespräch mit der HCU-Delegation sei zwar geplant, es sei aber unklar, ob Fegebank übernehme. Derweil erneuert das HCU-Präsidium per E-Mail sein Gesprächsangebot an Vertreter der Studierenden. Diese antworten: „Wir haben kein Interesse mehr, unsere Ressourcen für ergebnislose Gespräche mit dem jetzigen Präsidium zu verschwenden.“

Treffen in der kommenden Woche

Nichts geht mehr außer hedonistischen Wasserschlachten. Oder doch? Fegebank erklärt nun, sie habe schon damals anlässlich des ersten Gesprächs mit der HCU-Delegation gedacht: „Mein Eindruck war, dass ich den nächsten Gesprächstermin am besten selbst mache.“ Am Mittwoch teilt ihre Behörde mit, man habe der Delegation Vorschläge für einen Termin mit der Senatorin übermittelt. Das Treffen soll nun kommende Woche stattfinden. Fegebank sagt: „Brücken zu bauen, Konflikte zu schlichten, darin habe ich als Wissenschaftssenatorin reichlich Übung.“

Na, dann …