Hamburg. Der Spross einer bekannten Gartenbau-Familie, hat als erste deutsche Baummaklerin ihr Glück gefunden.
Sie sieht erholt aus an diesem Morgen Ende August. Dabei liegt der Urlaub mit der Familie schon einige Wochen zurück. Entspannt lehnt Katharina von Ehren sich zurück und berichtet von den wunderschönen englischen Gärten, die sie in diesem Sommer besucht hat. „Es ist beeindruckend, was dort geschaffen wurde, wie die Gärten und Parks erhalten und gepflegt werden“, sagt sie. Vor 20 Jahren habe sie eine ihrer ersten Reisen mit ihrem Mann nach Südengland unternommen. „Und nun haben wir den Kindern – mit dem Besuch des großartigen Parks Stourhead – den englischen Landschaftspark nahegebracht und in Cornwall fantastische subtropische Gärten besucht.“
Diese Anlagen erzählten viel über die Geschichte Englands. „Pflanzen, die aus Südamerika oder Australien und Asien im 18. Jahrhundert mitgebracht wurden, sind jetzt zu über 200 Jahre alten Baumriesen herangewachsen.“ Gärten zu besuchen sei die beste Erholung die man sich vorstellen könne. Und ja, auch die Kinder hätten Gefallen an den Bäumen und Pflanzen gefunden. „Sie sind es ja alle gewohnt, dass sie mit mir an keinem Garten oder Park vorbeikommen.“
Liebe zu Bäumen früh entdeckt
Katharina von Ehren verbindet nahezu jede Reise mit solchen Wanderungen. Die freundliche Frau mit den zurückgesteckten Haaren hat ihre Liebe zu Bäumen und Pflanzen sehr früh entdeckt, schließlich entstammt sie einer der großen deutschen Baumschul-Familien. Wurde auf dem Gelände des Familienbetriebs groß. Und kann sich ein Leben ohne Grün nicht mehr vorstellen. Muss sie auch nicht, denn von Ehren hat die Liebe längst zum Beruf gemacht. Als Deutschlands erste Tree Brokerin vermittelt sie privaten, geschäftlichen oder hin und wieder auch öffentlichen Kunden Bäume und Pflanzen aller Art.
Angefangen hat alles im familieneigenen Betrieb. Als Kind verbrachte sie unendlich viel Zeit in der Baumschule ihres Vaters, die der in vierter Generation zusammen mit seinem Bruder leitete. Nach dem Abitur entschied sich die junge Frau, eine Lehre als Baumschulgärtnerin zu beginnen. Was in der eher konservativen Branche nicht selbstverständlich war. „Ich habe einen jüngeren Bruder. Von Anfang an war klar, dass er den Familienbetrieb übernehmen würde“, sagt von Ehren. Das sei aber für sie absolut kein Grund gewesen, nicht auch in der Branche ihren Weg zu gehen. Genau wie ihre ältere Schwester, die heute Gärten und Parks plant und anlegt.
Besonderer Bezug zu den Pflanzen
Den ersten Teil ihrer Ausbildung absolvierte Katharina von Ehren in einer der ältesten Baumschulen im Ammerland, den zweiten in Berlin. Harte Jahre waren das, sagt sie. Aber auch besonders lehrreiche. Im Rückblick weiß sie heute nicht mehr, ob sie vielleicht hin und wieder auch deshalb besonders viel arbeiten musste, weil sie die Tochter von Lorenz von Ehren war. Oder wurde man damals einfach als Lehrling per se hart rangenommen? „Ich erinnere mich noch gut daran, dass ich jeden Sonntagmorgen aufstehen musste, wenn alle anderen in meinem Alter gerade ins Bett gingen“, sagt sie. Mit der U-Bahn ging es dann raus aus der Stadt zur Arbeit. „Umtopfen, ausbuddeln, einpflanzen. Das war zum Teil wirklich schwerste körperliche Arbeit.“
Bis heute profitierte sie genau davon. „Ich habe einen besonderen Bezug zu den Pflanzen. Weil ich wirklich weiß, wie sich die unterschiedlichen Gattungen und Arten entwickeln.“ Welche Pflanze wächst extrem langsam, welche schnell? Welche braucht mehr Sonne, welche viel Wasser? Und immer wichtiger: Welche kommen ohne viel Pflanzenschutzmittel aus?
Praxissemester in den USA
Der Lehre schloss sich ein Gartenbaustudium in Berlin an. Das dazugehörige Praxissemester führte von Ehren in die USA. „Ich durfte dort in einer der weltgrößten Baumschulen in Oregon arbeiten. Später in einem Familienbetrieb in Princeton an der Ostküste.“ Dort lernte die Hamburgerin auch den Beruf des Baummaklers kennen, der schon in den 90er-Jahren in Amerika verbreitet war.
„Eine dieser Baummaklerinnen, mit der wir in der Baumschule Kontakt hatten, fragte mich eines Tages, ob ich nicht mal ein Praktikum bei ihr machen wolle.“ Wollte sie. Aus dem Praktikum wurde ein Jobangebot und schnell die erste richtige Anstellung. „Ich bin nur noch kurz nach Deutschland zurück, um meinen Abschluss zu machen, und bin dann für zwei Jahre in die USA gegangen.“ Das Thema der Diplomarbeit übrigens passenderweise: „Gehölzvermittlung als besondere Handelsform im Baumschulmarkt“.
Auf der Suche nach schön gewachsenen Pflanzen
Für Katharina von Ehren sind die Jahre in den USA bis heute die vielleicht spannendsten ihres beruflichen Lebens. „Ich bin durch das ganze Land gefahren auf der Suche nach den passenden Bäumen. Habe so viele Menschen kennen- und vor allem viel über die Arbeit als Baummakler gelernt.“ Eigentlich habe es also keinen Grund gegeben, diese tolle Anstellung aufzugeben und nach Hamburg zurückzukommen. Aber: „Irgendwann entwickelt man dort drüben eine echte Europa-Sehnsucht“, sagt von Ehren. Und nicht nur dass, auch ihr damaliger Freund habe doch eine gewisse Anziehungskraft besessen und dafür gesorgt, dass sie 1997 in die Hansestadt zurückkehrte.
Katharina von Ehren entschied sich für den vielleicht vorerst naheliegenden beruflichen Schritt: die Arbeit im Familienunternehmen. Hier verantwortete sie zuerst den Vertrieb und das Norddeutschland-Geschäft. 2007 stieg sie mit in die Geschäftsführung ein. Über die insgesamt 14 Jahre mag sie heute nicht gern sprechen. Einsilbig werden ihre Antworten, wenn es um den Ausstieg vor rund acht Jahren geht. „Mein Vater hat alle seine Anteile verkauft“, sagt von Ehren. Und weiter: „Mein Familienzweig ist mittlerweile dort raus.“ Wie freundschaftlich diese Trennung war, bekommt man aus der Unternehmerin nicht heraus. Nur ihr Bruder leite nach wie vor das Gartencenter in Marmstorf und arbeite deshalb natürlich auch eng mit der Baumschule zusammen. Sie habe keine Berührungspunkte zur Firma mehr.
Passgenaue Pflanzung
Wenn die 51-Jährige von ihrem Schritt in die Selbstständigkeit berichtet und ihrer aktuellen Aufgabe, dem Handel mit außergewöhnlichen Pflanzen, beginnen ihre Augen sofort wieder zu leuchten. „Es ist so spannend und erfüllend, wenn man durch die Baumschulen fahren und einfach toll gewachsene Bäume entdecken kann“, sagt sie. Letztlich ist sie heute zusammen mit ihrer Geschäftspartnerin Maike Rohde Händlerin. „Wir besorgen je nach Kundenwunsch die passenden Pflanzen.“
Dazu komme die Organisation des Transports bis hin zur Überwachung der passgenauen Pflanzung. „Wir werden beauftragt, weil wir eine Idee haben, welche Pflanzen am Markt verfügbar sind. Wir haben den Überblick über mehrere Hundert Baumschulen und können unsere Kunden so in der standortgerechten Pflanzen-Verwendung beraten.“ Deshalb reise sie viel durch Europa, immer auf der Suche nach besonders schön gewachsenen Pflanzen und Pflanzenneuheiten.
Mutter von drei Kindern
Ganz nebenbei ist die sympathische Frau Mutter von drei Kindern. 19 Jahre alt ist ihre älteste Tochter. Sie hat gerade mithilfe eines Stipendiums begonnen, in den USA Medizinmanagement zu studieren. „Während ihres sozialen Jahres hat sie mit großem Interesse im Botanischen Garten in Nicaragua gearbeitet. Aber in dem Bereich eine Ausbildung beginnen wollte sie doch nicht.“ Das sei in Ordnung, sagt von Ehren und lacht.
Die beiden jüngeren Kinder, ein Sohn und eine Tochter, sind 16 und 14 Jahre alt und gehen noch auf das Gymnasium Blankenese. Die Betreuung der Kinder hat sich von Ehren schon immer mit ihrem Mann geteilt. „Mein Mann ist mit einer Digitalagentur selbstständig, und so können wir uns immer wunderbar absprechen.“
Pflanzenvielfalt in den Städten nimmt zu
Und dann kommt die Unternehmerin noch auf ein Thema zu sprechen, das ihr extrem wichtig ist: die Natur, wie sollte es auch anders sein. „Wenn ich durch Hamburg gehe, erstaunt mich oftmals der Zustand unserer Außenanlagen.“ Zu wenig werde das Grün hier gepflegt. „Dabei ist es so extrem wichtig. Es macht eine Stadt nicht nur attraktiv und lebenswert. Es ist mittlerweile wirklich zunehmend wichtig für die Umwelt, je stärker die Landwirtschaft von Monokulturen geprägt ist.“
Zum Glück finde gerade ein Umdenken statt, die Pflanzenvielfalt in den Städten nehme endlich wieder zu. „Aber wir müssen noch viel, viel mehr unser Grün achten, es pflegen und weiterentwickeln. Denn was wäre unser Leben schon ohne unsere Bäume?“
Nächste Woche: Jörn Nürnberg, Wirt der Kiezkneipe Zum Goldenen Handschuh