Hamburg. Bei der Bürgerschaftsdebatte attackiert die CDU die rot-grüne Koalition und Hamburgs Wirtschaftssenator.
Es gibt nicht viele Abgeordnete in der Bürgerschaft, die einer Debatte mit wenigen Sätzen neues Leben einhauchen oder sie sogar erst richtig in Fahrt bringen können. André Trepoll hat diese Gabe. Rund eine Dreiviertelstunde lang schaute sich der CDU-Fraktionschef am Mittwoch an, wie die von seiner Fraktion angemeldete Aktuelle Stunde zum Thema „Warum schaut Rot-Grün nur tatenlos zu, wie unser Hafen den Anschluss verliert?“ so dahinplätscherte.
Die Opposition aus CDU, FDP, Linke und AfD kritisierte pflichtgemäß die immer noch nicht gestartete Elbvertiefung, den Rückgang an Ladung, den Verlust an Marktanteilen an Rotterdam, Antwerpen und sogar Bremen (!), die unklare Zukunft von Steinwerder und das Kompetenzgerangel zwischen den Behörden. SPD und Grüne antworteten routiniert: Ja, die Lage sei nicht einfach, aber für viele Faktoren wie den Einbruch des Handels mit Russland und den US-Protektionismus könne man ja nichts, außerdem werde die Elbvertiefung nun ja bald kommen, ebenso wie die Hafenautobahn A 26, die breitere A 7 und Verbesserungen bei der Einfuhr-Umsatzsteuer. Botschaft: Alles im Griff, alles wird gut.
Verbaler Rundumschlag
Weder Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) noch Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) sahen die Notwendigkeit, in die Debatte einzugreifen. Doch als Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD) das Thema mangels weiterer Wortmeldungen schon abhaken wollte, meldete sich Trepoll plötzlich. „Mich wundert, dass der Senat bei einem so wichtigen Thema nicht das Wort ergreift“, echauffierte sich der Oppositionsführer: „Deshalb muss ich das jetzt tun.“ Die Ironie in diesem Satz kam zwar nicht überall gut an, aber die Aufmerksamkeit im Hohen Haus war dem CDU-Fraktionschef sofort gewiss.
Und die nutzte er zu einem verbalen Rundumschlag, der im Prinzip die Eröffnung des Wahlkampfs war. „Die maritime Krise ist bei Ihnen gar nicht angekommen“, warf Trepoll dem Senat vor, zählte alle Probleme erneut auf und sagte dann einen Satz, den er in den kommenden Monaten vermutlich noch oft wiederholen wird: „Das ist die schlechteste Landesregierung für den Hamburger Hafen seit Kriegsende.“
Debatte ging von vorne los
Dazu muss man wissen: Es war der damalige SPD-Spitzenkandidat Olaf Scholz, der Ende 2009 Schwarz-Grün vorwarf, dies sei „der wirtschaftsfeindlichste Senat seit 60 Jahren“. Mit dieser Botschaft und dem späteren Coup, ausgerechnet den damaligen Handelskammer-Präses Horch – den zuvor schon CDU-Bürgermeister Christoph Ahlhaus in sein Kabinett holen wollte – als künftigen Wirtschaftssenator zu präsentieren, hatte er große Teile der Unternehmerschaft für sich gewonnen. Das galt als wichtiger Faktor für seinen Erdrutschsieg Anfang 2011.
Dass Trepoll den Spieß nun mit fast identischer Wortwahl umdrehte, dürfte ein Indiz dafür sein, dass die CDU die unbefriedigende Lage in Hamburgs wichtigster Branche zum Wahlkampfthema machen will. Einen Erfolg konnte Trepoll sofort verbuchen: Nachdem er den Senat in Anlehnung an ein altes Henning-Voscherau-Zitat ermahnt hatte, „mit der Zukunft der Stadt spielt man nicht“, ging die Debatte noch einmal von vorne los.
Jetzt äußerte sich auch Horch
„Das ist eines Noch-Oppositionsführers unwürdig“, sagte Hansjörg Schmidt (SPD) in Anspielung auf Trepolls Verzicht auf die Spitzenkandidatur der CDU, die stattdessen die ehemalige niedersächsische Sozialministerin Aygül Özkan übernehmen soll. Es sei doch ein CDU-Senat gewesen, der das HSH-Nordbank-Debakel verantwortet und „mit der Zukunft der Stadt gespielt“ habe, so Schmidt.
Auch Horch äußerte sich nun doch. Er wolle „nicht nur Container zählen“, sondern „den Hafen der Zukunft entwickeln“. Dazu gehöre mehr Wertschöpfung, etwa durch die Ansiedlung des Kranherstellers Liebherr, aber auch eine externe Terminalbeteiligung. „Das ist überall auf der Welt üblich“, so Horch. Auch Grünen-Fraktionschef Anjes Tjarks unterstützte eine mögliche Beteiligung der französischen Reederei CMA CGM an einem HHLA-Terminal. Voraussetzung sei aber, dass die Stadt Eigentümerin der Flächen bleibe.
„Der Hamburger Hafen steht am Scheideweg, weil der Senat viele wichtige Entscheidungen ausgesessen hat“, kritisierte FDP-Fraktionschef Michael Kruse. Rot-Grün gängele den Hafen mit immer neuen Auflagen, statt ihn zu stärken. Jörn Kruse (AfD) kritisierte eine „verfehlte Verkehrspolitik“, die dazu führe, dass Spediteure Hamburg wegen ständiger Staus bereits meiden würden. Norbert Hackbusch (Linke) vermisste einen klaren Kurs, forderte einen neuen Hafenentwicklungsplan und fragte: „Wie kann man als Senat nur so hilflos auftreten?“