Hamburg. Nachdem eine Baustelle im Hamburger Süden ein Chaos verursacht hat, trafen sich Politiker und beteiligte Firmen. Das ist das Ergebnis.
Die gute Nachricht vorneweg: Die Gleisarbeiten auf der Strecke nach Harburg sind beendet – die S-Bahnen sollen nach Angaben der Bahn von heute an wieder planmäßig fahren. Damit geht die zweieinhalb Wochen dauernde Extrembelastung für alle Fahrgäste nach und aus dem Hamburger Süden mit überfüllten Metronomen, zu wenigen Ersatzbussen und massivem Gedränge am Hauptbahnhof zu Ende.
Laut den beteiligten Verkehrsunternehmen gibt es aber eine weitere gute Nachricht für alle Kunden: Ein solches Chaos soll sich nicht wiederholen. Dafür haben sich die beteiligten Unternehmen auf mehrere Maßnahmen geeinigt, die in Zukunft anders und damit besser umgesetzt werden sollen. Das ist das Ergebnis des runden Tisches, den SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf wie berichtet zusammen mit Verkehrsstaatsrat Andreas Rieckhof (ebenfalls SPD) anberaumt hatte – und an dem nun Vertreter von S-Bahn, Deutsche Bahn, HVV und Metronom teilgenommen haben.
Zeitliche und räumliche Überlagerung vermeiden
So soll künftig eine „zeitliche und räumliche Überlagerung mehrerer Baumaßnahmen“ vermieden werden. Das heißt, wenn auf einer S-Bahn-Linie gebaut wird, dürfen nicht auch auf der entsprechenden Regionalbahnlinie Arbeiten stattfinden. Vielmehr „muss gewährleistet sein, dass die Regionalzüge aus den verschiedenen Richtungen ohne Probleme den Hauptbahnhof erreichen können“, heißt es in der gemeinsamen, vom HVV herausgegebenen Mitteilung.
Zudem soll der Schienenersatzverkehr „leistungsfähiger gestaltet“ werden. „Hierzu müssen abhängig von der jeweiligen Situation ausreichend Busse und Fahrer bereitstehen“, sagt HVV-Sprecher Rainer Vohl. „Vor allem aber muss die Strecke frei sein, die Ersatzbusse dürfen nicht in einer Straßenbaustelle landen oder große Umwege fahren müssen.“
Auch sollen die Fahrgäste künftig besser informiert werden, indem mehr Sicherheits- und Servicepersonal vor Ort für Auskünfte bereitsteht und den Betroffenen den Weg zum alternativen Verkehrsmittel zeigt. Gleichzeitig sollen die „Verkehrsströme“ durch die digitale Fahrplanauskunft noch stärker gelenkt werden. „Das heißt, dass Hinweise und Alternativen online und in der App noch deutlicher und ganz aktuell angezeigt werden“, so Vohl.
Kienscherf zog ein positives Fazit
Alle Akteure seien sich einig, „dass die Situation vor Ort für viele Fahrgäste zeitweise unzumutbar war und sich so nicht wiederholen darf“, heißt es weiter in der gemeinsamen Erklärung. Zwar würden auch künftig „umfangreiche Baumaßnahmen“ im Schienennetz und auf den Bahnhöfen, auch am Hauptbahnhof, erforderlich sein – doch dabei werde man die genannten Punkte sicherstellen.
SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf zog gegenüber dem Abendblatt ein positives Fazit: „Es ist gut, dass die Beteiligten eingesehen haben, dass man große Fehler gemacht hat. Und dass die Probleme jetzt dazu führen, in Zukunft mit mehr Sorgfalt und Sensibilität an solche Vorhaben heranzugehen.“
Kienscherf bedankte sich bei den Beteiligten für die schnelle, konstruktive Abstimmung. Es sei wichtig, dass sich die jeweils betroffenen Verkehrsunternehmen nun im Vorfeld auch kurzfristig noch einmal abstimmen und gemeinsam mögliche Probleme besprechen wollten. Auch wenn zu Beginn des Treffens einige Beteiligte durchaus etwas angefasst gewesen seien, weil man sie zum Gespräch gebeten hatte. Daraufhin habe er die Teilnehmer gefragt, wer die Situation während der Störungen persönlich miterlebt habe, so Kienscherf – das sei bei keinem der Fall gewesen. „Also habe ich meine Erlebnisse auf der Strecke geschildert“, sagt Kienscherf. Danach habe es mehr Verständnis für die Dringlichkeit des Treffens gegeben.
Ein weiterer Schwachpunkt: der Busbahnhof in Harburg
Staatsrat Rieckhof zeigte sich nach dem Treffen ebenfalls optimistisch: „Wir sind zuversichtlich, dass der HVV, die Deutsche Bahn, die S-Bahn Hamburg und der Metronom in einer gemeinsamen Anstrengung den Herausforderungen gerecht werden“, sagte er.
Der Fahrgastverband Pro Bahn ist von dem Maßnahmenkatalog hingegen nicht überzeugt. „Das sind alles Selbstverständlichkeiten“, sagte Sprecher Karl-Peter Naumann dem Abendblatt. Skeptisch sei er dennoch, ob man es vermeiden könne, parallel zu bauen, und es schaffe, den Schienenersatzverkehr mit Straßenarbeiten abzustimmen. „Hier muss die Schiene wirklich Vorrang bekommen, und die Verkehrsbehörde muss sich auch daran halten.“
Ähnlich sieht es die Linksfraktion: „Wieso braucht es für eine Selbstverständlichkeit wie die Koordination des Ersatzverkehrs bei lange geplanten Baumaßnahmen erst einen Gesprächskreis mit der SPD?“, so die verkehrspolitische Sprecherin Heike Sudmann. Das „unprofessionelle“ Handeln von Bahn und HVV dürfe sich nicht wiederholen.
„Die Chaos-Tage im Bahnverkehr in Hamburg finden mit den hohlen Pressephrasen von SPD und HVV ihren vorläufigen Tiefpunkt“, befand auch Dennis Thering, verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. Eine ehrliche Fehleranalyse und substanzielle Veränderungen fehlten komplett. Zudem irritiere, dass an dem Gespräch keine Fahrgastvertreter teilgenommen hätten.
Farid Müller, parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen-Fraktion, begrüßte die Maßnahmen zwar, nannte aber zugleich einen weiteren Schwachpunkt: den „völlig überlasteten“ ZOB in Harburg. Hier werde man sich für eine Lösung einsetzen. Schließlich habe die Bahn für kommendes Jahr bereits weitere Sanierungsmaßnahmen angekündigt, etwa an der Station Harburg Rathaus.